Der Verschwörungstheoretiker Alex Jones im Gerichtssaal in Connecticut.

Foto: AP / Tyler Sizemore

Der amerikanische Verschwörungstheoretiker Alex Jones muss mindestens 965 Millionen Dollar (rund 994 Millionen Euro) Schadenersatz an zahlreiche Familien von Opfern des Amoklaufs in der Sandy-Hook-Grundschule im US-Bundesstaat Connecticut im Jahr 2012 zahlen. Grund dafür sind seine Behauptungen, die Familien seien Schauspieler, die die Tragödie vorgetäuscht hätten.

Das Urteil wurde nach dreiwöchiger Verhandlung vor einem Geschworenengericht in Waterbury, Connecticut, gefällt. Bereits im August wurde Jones von einer Jury in einem ähnlichen Fall verurteilt, der ebenfalls von Angehörigen des Sandy-Hook-Amoklaufs angezeigt wurde. Das Strafmaß betrug 49 Millionen Dollar.

Alex Jones ist als Radiomoderator und Unternehmer tätig und als Verschwörungstheoretiker und Vertreter rechter bis rechtsextremer politischer Ansichten bekannt. Seine Ansichten verbreitete er mitunter auch auf Russia Today. Ihm gehört die Website "Infowars", auf der er Schusswaffen, Kosmetikprodukte und unterschiedliche Medikamente anbietet. Er ist auf mehreren sozialen Netzwerken gesperrt.

Amoklauf als "Regierungsverschwörung"

Das Urteil aus Connecticut gilt sowohl für Jones als auch für seine Firma Free Speech Systems LLC (FSS), die Eigentümerin von Jones' Website "Infowars". FSS hat im Juli Konkurs angemeldet. Zu den Klägern in dem Verfahren in Connecticut gehörten mehr als ein Dutzend Angehörige von 20 Kindern und sechs Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im Dezember 2012 in der Sandy-Hook-Grundschule erschossen wurden. Auch ein FBI-Agent, der auf die Schießerei reagierte, war unter den Klägern. Die Geschworenen sprachen den Klägern auch die Anwaltskosten zu.

Jones behauptete jahrelang, dass das Massaker an der Sandy-Hook-Grundschule als Teil einer Regierungsverschwörung inszeniert worden sei, um den Amerikanern ihre Waffen wegzunehmen. In einer Live-Übertragung während der Verlesung des Urteils sprach Jones davon, in Berufung zu gehen." Wir kämpfen gegen Goliath", sagte Jones. Sein Anwalt gab bisher keine Stellungnahme ab.

Millionen an Einnahmen

Christopher Mattei, ein Anwalt der Familien, sagte außerhalb des Gerichtsgebäudes, das Urteil sei "ein Urteil für die Wahrheit und für unsere gemeinsame Menschlichkeit". Während der Schlussplädoyers sagte Mattei, Jones habe jahrelang mit Lügen über die Schießerei Geld verdient, die die Besucherzahlen auf seiner "Infowars"-Website in die Höhe trieben und den Absatz seiner Produkte förderten. Die Finanzen von "Infowars" sind nicht öffentlich, aber laut Zeugenaussagen im Prozess hat die Website zwischen 2016 und 2018 Einnahmen in Höhe von 165 Millionen Dollar erzielt.

Der Konkurs von FSS wird die Gesamtsumme des Geldes, das den Familien von Sandy Hook zur Verfügung steht, begrenzen, aber sie könnten andere Vermögenswerte von Jones einfordern, sollte ein Richter entscheiden, dass sein Unternehmen sie vorsätzlich geschädigt habe, so Brian Kabateck, ein Anwalt der Kläger, der nicht an dem Fall beteiligt war. Der Anwalt von Jones entgegnete in seinem Schlussplädoyer, dass die Kläger nur wenige Beweise für quantifizierbare Verluste vorgelegt hätten. (Reuters, red, 13.10.2022)