Da weder Gericht noch Disziplinarbehörde eine Entlassung beschlossen haben, behält das Bundesheer den Soldaten im Dienst.

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Wien – Dass ein Unteroffizier, der eine SS-Uniform getragen und den Hitlergruß gezeigt hat, laut einem Bericht des "Kurier" weiterhin im Bundesheer tätig sein darf, sorgt für Aufregung. Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigte sich "schockiert". Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) ortete zwar ein "unglaubliches Fehlverhalten". Ein Bundesheer-Sprecher betonte jedoch: "Weder das Gericht noch die dafür einzig zuständige Disziplinarbehörde haben eine Entlassung erwirkt."

Laut dem Zeitungsbericht wurde der Soldat vor einem Geschworenengericht zu zehn Monaten bedingt verurteilt, von der Disziplinarbehörde zu einer Geldstrafe in der Höhe von 4.968 Euro. In dem Urteil wegen Wiederbetätigung werden die Vergehen des Oberstabswachtmeisters von der Disziplinarkommission demnach so geschildert: Der Soldat habe im Internet unter anderem eine Uniform, Hakenkreuzabzeichen und Hakenkreuzfahnen bestellt und sich mit Aufnähern mit SS-Runen, Reichsadler und Hakenkreuz eine SS-Uniform gebastelt. Diese Uniform soll er mindestens fünfmal getragen haben, Fotos davon tauchten in sozialen Netzwerken auf.

Van der Bellen verurteilt "aufs Schärfste"

Auch den Hitlergruß soll der Heeresangehörige mehrfach gezeigt haben, etwa in der Kantine des Sportvereins, auf dem Fußballplatz oder vor Kameraden in der Kaserne. Außerdem soll er Knallkörper aus dem Heeresbestand mit nach Hause genommen haben. Vor der Behörde gestand er alle Vorwürfe, will aber alle Taten unter Alkoholeinfluss begangen haben.

Dass der Soldat weiterhin im Dienst bleibt, sorgte für harsche Kritik. Sogar Bundespräsident Van der Bellen – er ist Oberbefehlshaber des Heeres – meldete sich Donnerstagnachmittag auf Twitter zu dem Fall zu Wort: "Die NS-Wiederbetätigung eines Soldaten des Bundesheeres schockiert mich. Wer in der Exekutive arbeitet, trägt besondere Verantwortung", betonte das Staatsoberhaupt. "Jede Form der NS-Verherrlichung ist aufs Schärfste zu verurteilen und hat keinen Platz im Staatsdienst und in unserer Gesellschaft."

Für Entrüstung sorgt der Fall bei der SPÖ-Sprecherin für Erinnerungskultur, Sabine Schatz, und SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer. Sie stellten dazu parlamentarische Anfragen an Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne). "Dieser Fall des Unteroffiziers und der Umgang im Bundesheer mit NS-Wiederbetätigung müssen dringend aufgeklärt werden", meinte Schatz in einer Aussendung. "Wiederbetätigung muss ein Ausschlussgrund für Soldaten aus dem Bundesheer sein", forderte Laimer.

Soldat versetzt

Im Verteidigungsministerium wurde gegenüber dem "Kurier" betont, dass man Wiederbetätigung "nicht duldet, entschieden und unmissverständlich dagegen auftritt und alle möglichen rechtlichen Schritte dagegen unternimmt". Im konkreten Fall habe man Disziplinaranzeige erstattet und eine Dienstenthebung durchgeführt. Das Strafgericht hätte durch eine mehr als einjährige Freiheitsstrafe den Amtsverlust bewirken können, hieß es.

"Weder das Gericht noch die dafür einzig zuständige Disziplinarbehörde haben eine Entlassung erwirkt", erklärte Bundesheer-Sprecher Michael Bauer auf Twitter. Die Bundesdisziplinarbehörde sei die höchste Instanz für Beamte, und für das Bundesheer seien die Entscheidungen bindend: "Es gibt darüber keine Instanz mehr. Das Bundesheer hat diese Entscheidung zu akzeptieren." Der Soldat sei versetzt worden.

Tanner will Kommission einrichten

Ministerin Tanner kündigte am Donnerstagabend im Nationalrat an, als Reaktion nächste Woche eine Kommission zur Bekämpfung von "staatsfeindlichen Tendenzen" einrichten zu wollen. Diese solle gesetzliche Maßnahmen im Beamtendienstrecht und im Strafgesetz erarbeiten, um derartige Fälle künftig zu vermeiden. (APA, 13.10.2022)