Zeltstadt am Gelände des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen im Jahr 2015. Auch jetzt wieder sind andere Unterbringungskapazitäten erschöpft.

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Wien – Die Flucht- und Migrationsbewegung nach Österreich ist ungebrochen. Jeden Tag muss die Bundesbetreuungsagentur BBU derzeit unterm Strich um 100 Menschen mehr als am Tag davor unterbringen. Denn täglich kommen hunderte Menschen neu an, und nur eine geringe Zahl verlässt die Betreuung auf eigene Faust wieder, sagt BBU-Sprecher Thomas Fussenegger.

Zudem sei die Überstellung von bereits im Asylverfahren befindlichen Personen in die Bundesländer zu niedrig: "70 Prozent der Menschen in den BBU-Bundesquartieren müssten laut Bund-Länder-Quotenvereinbarung bereits in einem Länderquartier sein", sagt Fussenegger.

Platzsuche bis Freitagabend

Damit, so Fussenegger, seien die BBU-Quartierreserven aufgebraucht. Einzige Möglichkeit, um zu verhindern, dass Migranten zeitnah auf der Straße schlafen müssen, sei das Aufstellen von Zelten.

Errichtet werden könnten die ersten Zelte unter Umständen bereits übers Wochenende, vielleicht aber auch erst kommende Woche. "Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Reißleine zu ziehen", sagt der BBU-Sprecher. Er hoffe aber, dass diese Maßnahme nur temporär notwendig sein wird".

Wo die Zelte hinkommen könnten

Wo jedoch sollen die Zelte konkret hinkommen? Auf diese Frage gab es bei der BBU am Freitagvormittag keine Antwort. Aus Insiderkreisen war zu erfahren, dass die Zeltquartiere in Bundesländern stehen sollen, die – siehe oben – die Asylwerber-Unterbringungsquote nicht erfüllen. Konkret genannt wurden Tirol und Kärnten.

Bestätigung dafür gab es keine. Ein Sprecher von Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sagte, dass sich für die Zelte Grundstücke anbieten könnten, die zu den österreichweit 28 Bundesbetreuungseinrichtungen gehören. Dort sei die Infrastruktur – Strom, Heizung, Betreuung – einfacher zu bewerkstelligen als anderswo.

Massive Widerstände gegen Quartiere

Während der großen Fluchtbewegung 2015/16 kam es letztlich nur auf dem Gelände der Erstaufnahmestelle Traiskirchen zur Aufstellung von Zelten. Andernorts waren die Widerstände zu groß, so wie es auch bei anderen Quartierplänen in festen Gebäuden oder in Containern ist.

In den vergangenen Monaten soll die BBU über dutzende neue Unterbringungseinrichtungen verhandelt haben. Umgesetzt werden konnten aber nur ein Projekt in der Wiener Althanstraße, das Ende Oktober jedoch wieder schließen muss, und eines im steirischen Kindberg, das erst im kommenden Jänner eröffnet werden kann. (Irene Brickner, 14.10.2022)