Die Familie des Nebenerwerbslandwirt Emanuel Wanas hat 2001 mit der Sanierung des alten Bauernhauses begonnen, nun ist es fast fertig.

Wo Emanuel Wanas heute wohnt, sind schon viele seiner Vorfahren geboren worden – und gestorben.
Foto: Lisi Specht

Wir leben in einem Haus, das im 18. Jahrhundert gebaut wurde und schon seit vielen Generationen im Besitz meiner Familie ist. 2001 haben meine Eltern mit der Sanierung angefangen, und erst vor ein paar Wochen sind wir fertig geworden – wobei man bei so einem Haus eigentlich nie wirklich fertig ist. Mein erstes Geld, das ich mit 15 verdient habe, ist damals in den Umbau der alten Werkstatt geflossen. Seither haben wir nach und nach renoviert. Immer wenn wir wieder etwas zusammengespart hatten, haben wir einen weiteren Raum gemacht. Es war uns wichtig, dass das Haus immer bewohnbar bleibt.

Emanuel Wanas hat nicht nur menschliche, sondern auch tierische Mitbewohner.
Fotos: Lisi Specht

Der Hof war immer schon ein sogenannter Kleinhäuslerhof. So wurden Bauern genannt, die schon vor hundert Jahren nie nur von der Landwirtschaft leben konnten. Zum Hof gehören nur ein paar Hektar Wiesen. Mein Urgroßvater etwa war Fassbinder im Hauptberuf, ich bin Maschinenbauingenieur. Viele Jahre lang haben wir das Haus eher als Wochenendhaus genutzt, dann kam der radikale Wandel, wir wollten mehr Zeit hier verbringen. Ich wollte sowieso schon immer Landwirt werden, und deshalb arbeiten meine Eltern und ich nun daran, den Hof wieder zu dem zu machen, was er auch früher schon war – eine kleine Landwirtschaft. Wir haben Kaschmirziegen und Minischweine und bieten Tiergestützte Intervention, Wanderungen mit Ziegen und Animal-Assisted-Leadership-Trainings an.

Auf dem Kleinhäuslerhof in Karlstetten im Bezirk St. Pölten-Land leben Kaschmirziegen, Minischweine und Hunde .
Fotos: Lisi Specht

Meine Eltern wohnen auch auf dem Grundstück, und zwar in einem sogenannten altbäuerlichen Auszugshäusl, das sie 2012 gebaut haben und das quasi hinter dem alten Haus steht. Auf klassischen Streckhöfen wie unserem, die sehr schmal und lang sind, stehen alle Wohn- und Wirtschaftsgebäude traditionell hintereinander. Das Haus meiner Eltern hat 128, unseres nur 62 Quadratmeter. Das klingt heute wenig, ist aber eigentlich viel Platz, wenn man bedenkt, wie viele Menschen in dem alten Bauernhaus früher gleichzeitig gewohnt haben; jetzt sind meine Freundin und ich nur zu zweit. Damals gab es nicht einmal ein Bad, nur einen Zuber, in dem alle gebadet haben.

Wenn wir später mal eine Familie gründen und mehr Platz für Kinderzimmer brauchen – so haben wir das mit meinen Eltern vereinbart –, werden die Häuser getauscht. Wir haben auch ausgemacht, dass wir beide Häuser gemeinsam erhalten. Auf vielen Bauernhöfen wird generationenübergreifend zusammengearbeitet, und so machen wir es auch.

Emanuel Wanas ist ausgebildeter Maschinenbauingenieur, seine Leidenschaft ist aber die Landwirtschaft.
Fotos: Lisi Specht

In den vier Wänden, in denen ich wohne, sind schon unzählige meiner Vorfahren gestorben und auf die Welt gekommen. Mein Urgroßvater ist zum Beispiel in der Stubn gestanden, als draußen eine Granate explodiert ist und ein Splitter direkt über ihm ins Haus geschossen ist. Seither war er bis an sein Lebensende taub. Diesen und viele andere Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg, teilweise handtiefe Löcher, mussten wir bei der Sanierung ausbessern.

Ich habe am Haus fast alles selbst gemacht, anders wäre es auch nicht leistbar gewesen. Immer wieder waren für kleine Arbeiten Handwerker da, und die wollten dann immer gleich alles perfekt und gerade machen. Das würde aber das Zehnfache kosten, also hab ich gesagt, sie sollen beispielsweise die Dachrinnen einfach wieder so schief montieren, wie sie vorher schon waren.

Auch Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg hat Emanuel Wanas im Zuge der Sanierung ausgebessert.
Fotos: Lisi Specht

Jetzt ist zwar das Haus einigermaßen fertig, als Nächstes wollen wir aber einen größeren Stall für die Ziegen bauen. Mit der Landwirtschaft und dem alten Haus wird mir nie langweilig, abends setze ich mich auf den Traktor statt aufs Sofa. Ich finde das schön. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal ferngesehen habe.

Dass jahrelang so viel Zeit und Geld und harte Arbeit in das eigene Haus fließt und man noch dazu etwas von den Vorfahren mitbekommt – dieses Gefühl wäre mit Geld gar nicht bezahlbar. Und so erfülle ich mir meinen Wohntraum gerade selbst. (Bernadette Redl, 17.10.2022)