Gedanken aus dem politischen Jenseits im neuen Buch von Sebastian Kurz, hier Ende September wieder einmal im ÖVP-Untersuchungsausschuss des Nationalrats.

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Diese Woche musste das Land mit zwei erschütternden Bekenntnissen fertigwerden. In der leider bald nicht mehr amtlichen "Wiener Zeitung" gestand zuerst der wohl unverwüstlichste Baumeister Österreichs anlässlich seines 90sten Geburtstages mit rücksichtsloser Offenheit: "Ich bin mit mir zufrieden." Und in der Grazer "Kleinen Zeitung" legte der unverwüstlichste Präsident des Nationalrates Donnerstag ein ebenso umfassendes wie überraschendes Geständnis ab: "Ich bilde mir nicht ein, dass ich fehlerfrei bin." Was nicht ausschließt, ja geradezu nahelegt, dass auch er mit sich zufrieden ist.

Die erbsündliche Natur als Kurz-Protektor

Wer es sich leisten kann, so viel Kritik an seiner Vorsitzführung im U-Ausschuss mit dem Eingeständnis seiner erbsündlichen Natur als Kurz-Protektor wegzustecken, ist erhaben. Wird dort jemand frech gefragt, "Haben Sie Wahrnehmungen, ob es Korruption gibt?" , dann greift er sofort fehlerfrei ein. Wo kämen wir hin, wenn Wahrnehmungen zur Korruption über den Kreis des Wahrnehmenden hinaus bekannt würden. Die Frage ist einfach viel zu unbestimmt.

Fellners "Österreich" hatte nichts Besseres zu tun, als Unwahrheiten über einen verflossenen Bundeskanzler zu verbreiten. Ex-Kanzler Sebastian Kurz ist derzeit aktiv wie eh und je. Das zum Glück eben nicht! Hingegen treibt es Kurz in einer Weise herum, dass ein Elon Musk vor Neid erblassen müsste. Kurz gründet in Israel neues Cyber-Security-Unternehmen und soll damit Türöffner für EU-Märkte sein. Das hätte er als Bundeskanzler auch in Österreich gründen können, aber da hatte er keine Zeit.

Genau das, was er als Bundeskanzler nicht zutande gebracht hat

Kurz zuvor – oder kurz danach? – hat er laut "Kurier" erneut Einblick in sein privatwirtschaftliches Tun gegeben. Erneut deswegen, weil er wieder zuvor sich beim steirischen Start-up "Skin-Screener" engagiert hatte, nun aber mit seiner Investment-Gesellschaft "AS2K" bei der Pflegeplattform "Held-Yn" eingestiegen ist. "Held-Yn" will eine "innovative Plattform für häusliche Pflege" sein, also genau das, was er als Bundeskanzler zur Behebung der Pflegemisere in Österreich nicht zustande gebracht hat.

Jetzt aber will er sich auf das Thema Sicherheit für kritische Infrastruktur konzentrieren, wobei es konkret um die Abwehr von Cyber-Angriffen auf die Wasserversorgung, Energieversorgung oder den Gesundheitsbereich geht. Auch diese Aufgabe wäre es wert gewesen, dass sich ein Bundeskanzler ihrer unterwinde, aber privat geht das mit israelischen IT-Spezialisten viel besser. Laut einem Bericht des israelischen Mediums "Globes" hat Kurz folgerichtig mit einem Herr Shalev Hulio die Cybersecurityfirma Dream Security gegründet. Hulio ist laut STANDARD nicht unumstritten, womit er zu Kurz passt. Er war Chef der NSO-Group, die unter anderem die Spionagesoftware Pegasus entwickelt hat.

Wie skandalös links der ORF geworden ist

Offenbar zur Entspannung von so vielen Engagements hat Kurz nun auch noch ein Buch über sich – "Reden wir über Politik" –in Auftrag gegeben, wobei er sich nicht lumpen ließ: Keiner geringeren Stilistin als Conny Bischofberger von der "Kronen Zeitung" vertraute er die Formulierung seiner Gedanken an, eine Kombination von Inhalt und Form, die beim ORF-Moderator Armin Wolf auf schnöde Verachtung stieß, was wieder einmal beweist, wie skandalös links der ORF geworden ist.

Mit diesem Werk von Conny Bischofberger bekommt der Begriff "Ghostwriter" endlich einen tieferen Sinn, verleiht sie darin doch Gedanken aus dem politischen Jenseits, gewissermaßen de profundis, den ihnen angemessenen Ausdruck. Letzten Sonntag verschränkte sie sich mit Anton Zeilinger in spukhafter Nahwirkung zu einem Interview, in dessen Verlaufsie ihm ein Bekenntnis zu Gott abluchsen wollte, das dann an Eindeutigkeit leider etwas zu wünschen übrig ließ. Als Wissenschafter kann man nur Agnostiker sein, weil die Wissenschaft frei sein muss von Ansprüchen und Vorstellungen. Aber als Mensch – nicht jeder Wissenschafter muss auch Mensch sein — bin ich weder Agnostiker noch Atheist. Für "Krone"-Leser fügte er hinzu: Das ist kein Widerspruch.

Wallentins Spuk

Um einen Spuk dürfte es sich, wie "Heute" Dienstag enthüllte, beim Wahlkampfleiter Tassilo Wallentins gehandelt haben. Auf Anfrage von Journalisten hatte Wallentin gesagt: "Der Herr Bla-Bla" sei zuständig. Ich habe ihn, glaube ich, Svaricek oder so ähnlich genannt." DER STANDARD versuchte Mittwoch, Licht ins Dunkel zu bringen, scheiterte aber. Nie wird man erfahren, wie viel Dichand im Herrn Bla-Bla Svaricek gesteckt ist. (Günter Traxler, 15.10.2022)