Potentielle Planetenkiller wie jenen Impaktor, der vor 66 Millionen Jahren einen Großteil aller Arten auf der Erde inklusive der Nichtvogeldinosaurier ausgelöscht hat, wird die Menschheit in Zukunft möglicherweise von ihrem zerstörerischen Kurs auf unseren Planeten abbringen können. Das zeigte zuletzt die Nasa-Mission Dart (Double Asteroid Redirection Test), indem durch den Beschuss mit einer Sonde die Umlaufbahn des Asteroiden Dimorphos um seinen Kollegen Didymos um rund eine halbe Stunde reduziert wurde.

Dimorphos' Bahn wurde durch einen Treffer mit der Sonde Dart verändert.
Foto: EPA/NASA/JOHNS HOPKINS APL

Die schlechte Nachricht lautet: künftig wird ein menschliches Eingreifen vielleicht das globale, nicht aber das individuelle Risiko senken können, dass einem der Himmel auf den Kopf fällt – denn tagtäglich ist die Erde einem Beschuss aus dem All ausgesetzt.

Deswegen muss man aber noch lange nicht mit sorgenvollem nach oben gerichtetem Blick herumgehen: bis heute hat es noch keinen Nachweis dafür gegeben, dass ein Mensch durch einen Meteoriteneinschlag ums Leben gekommen ist. Der einzige dokumentierte Meteoritenfall, der nachweislich für ein höheres Lebewesen tödlich endete, ereignete sich vor genau fünfzig Jahren in Venezuela. Am Abend des 15. Oktober 1972 beobachteten Arbeiter auf der Farm El Tinajero bei Valera in Trujillo im Westen Venezuelas ein helles Licht, begleitet von einem lauten Knall. Am nächsten Tag fand der Arzt und Besitzer der Farm, Argimiro Gonzales, gemeinsam mit seinem Gast Juan Dionico Delgado eine tote Kuh auf seinem Grund. Hals und Schlüsselbein des Tieres waren zertrümmert, daneben lagen drei Bruchstücke eines merkwürdigen Steines, zusammen rund 50 Kilogramm schwer.

Eine venezolanische Kuhherde aus der Meteoritenperspektive. Vor fünfzig Jahren war eine Kuh auf der Farm El Tinajero zur falschen Zeit am falschen Ort.
Foto: REUTERS/Leonardo Fernandez Viloria

Gonzales zog zwar die richtigen Schlüsse aus dem Szenario, nämlich dass ein außerirdischer Eindringling seine Kuh getötet hatte. Doch er sah keine Veranlassung für weitere Schritte, abgesehen von einem ungeplanten Rindersteak zum Abendessen. Er ging davon aus, dass Todesfälle bei Meteoritenfällen regelmäßig vorkommen würden. Die Hauptmasse des Meteoriten blieb lange Zeit der Witterung im Freien ausgesetzt, ein anderes Teil wurde als Türstopper verwendet.

Erst mehr als ein Jahrzehnt später wurde der Valera-Meteorit wissenschaftlich untersucht. Der Stein weist eine bunte Matrix auf, in die metallische Körner eingebettet sind. Es handelt sich dabei um einen gewöhnlichen Chondriten der Kategorie L5 – weit mehr als 8.000 Meteorite dieser Klassifizierung sind der Forschung mittlerweile bekannt. So gesehen handelt es sich um keine große Rarität, doch es ist die Provenienz, die den Marktpreis in die Höhe treibt.

Wertsteigernde Umstände

Meteoriten, die Objekte wie Häuser oder Autos getroffen haben, erzielen weitaus höhere Preise als solche, die einfach nur auf die Erdoberfläche gestürzt sind. Als "Kuhkiller" sind Exemplare des Valera-Meteoriten gesuchte Sammlerstücke. Im April 2016 brachte ein 160 Gramm schweres Stück bei einer Auktion von Christie's 5.250 Pfund, im Februar 2022 erhielt ein ebenso großes Exemplar bei 5.040 Dollar den Zuschlag.

In der größten ausgestellten Sammlung von Meteoriten – dem Meteoritensaal des Naturhistorischen Museums – sucht man ein Exemplar des Valera aus diesem Grund ohne Erfolg. Zwar habe er in den vergangenen Jahren versucht, ein Exemplar für die Sammlung zu erwerben, sagt der zuständige NHM-Kurator, der Impaktforscher Ludovic Ferrière: "Er ist auf meiner Wunschliste". Doch solche Summen seien nur mit Hilfe von Sponsoren zu stemmen.

Das Naturhistorische Museum verfügt zwar über kein Exemplar des Valera-Meteoriten. Dennoch befindet sich zumindest ein 0,2 Gramm leichtes Stück in Wien, und zwar in der Sammlung des Autors.
Foto: Michael Vosatka

Verdampfter Hund

Eine weitere Geschichte eines tödlich getroffenen Tieres dürfte hingegen im Reich der Legenden anzusiedeln sein. 1911 fielen nördlich von Kairo Teile eines Meteoriten auf mehrere Siedlungen. Ein Stück des Nakhla genannten Meteoriten soll dem Bericht eines Bauern zufolge einen Hund getroffen haben. Dieser sei auf der Stelle verdampft. Ob dem Augenzeugen bei seiner Aussage die Phantasie durchgegangen ist oder nicht, spielt im Falle von Nakhla aber keine Rolle: der Meteorit ist auch so eine Rarität, schließlich handelt es sich dabei um einen echten Marsianer. Es ist darüber hinaus der erste Marsmeteorit, bei dem Spuren nachgewiesen werden konnten, die auf die Präsenz von flüssigem Wasser auf dem roten Planeten hindeuten.

Personenschäden

Auch wenn bisher kein menschlicher Todesfall dokumentiert ist, kommen durch Meteoriten auch immer wieder Personen zu Schaden, wie der Fall des Chelyabinsk-Meteoriten im Jahr 2013 dramatisch vor Augen führte: durch die Druckwelle des Superboliden wurden rund 1.500 Menschen verletzt, zum überwiegenden Teil durch gesplittertes Glas, aber auch durch herabfallende Dachziegel. Aber auch sonnenbrandartige Verletzungen der Haut und der Augen mussten damals behandelt werden.

Doch auch von Treffern auf Menschen gibt es Berichte. In Mbale in Uganda soll bei einem Meteoritenschauer am 14. August 1992 ein Bub von einem drei Gramm schweren Exemplar am Kopf getroffen worden sein – zu seinem Glück war das Stück von den Blättern einer Bananenstaude abgebremst worden. Insgesamt regneten mindestens 150 Kilogramm außerirdisches Gestein auf die Umgebung herab. Zum Teil wurden die Meteoriten – gewöhnliche Chondriten vom Typ L5/6 – von der Bevölkerung zerrieben und als Heilmittel gegen Aids konsumiert.

Auf dem Sofa getroffen

Am 30. November 1954 wiederum überlebte eine Frau in Oak Grove bei Sylacauga im US-Bundesstaat Alabama den Treffer eines rund 3,8 Kilogramm schweren Meteoriten. Ann Elizabeth Fowler Hodges lag auf ihrem Sofa, als der Sylacauga-Meteorit ihr Dach durchschlug, ein Radiogerät traf und von diesem auf sie abprallte. Sie kam mit einem gewaltigen Hämatom auf der Hüfte davon.

Damit war ihr Glück aber offenbar aufgebraucht. Der Stein, der durch ihr Dach krachte, wurde zunächst von der Polizei beschlagnahmt und den Luftstreitkräften übergeben. Danach stritt sie sich mit ihrer Vermieterin um die Besitzrechte an dem H4-Chondriten, für den zunächst Beträge über 5.000 Dollar geboten wurden. Nach einem Jahr behielt Hodges den Stein schließlich gegen eine Zahlung von 500 Dollar an die Besitzerin des Hauses. Doch zu diesem Zeitpunkt war das öffentliche Interesse an dem Zwischenfall erloschen und sie fand keinen Käufer mehr. Deswegen überließ sie den Meteoriten 1956 dem Alabama Museum of Natural History – für nur 25 Dollar. Ein Bauer aus der Nachbarschaft machte ein weitaus besseres Geschäft. Einen Tag nach dem Impakt fand er ein zweites, mit 1,7 Kilogramm weitaus kleineres, Fragment des Meteoriten auf einem Feldweg. Er verkaufte dieses an das Smithsonian, für den Erlös konnte er eine kleine Farm und ein gebrauchtes Auto erwerben. Ann Hodges hingegen musste nach einem Zusammenbruch aufgrund der Ereignisse in Spitalsbehandlung. Ihre Ehe wurde 1964 geschieden, sie starb vor fast genau fünfzig Jahren am 10. September 1972 im Alter von nur 52 Jahren.

2009 wurde ihr und dem Meteoriten in Sylacauga ein Denkmal gesetzt. Die "Falling Star" betitelte Skulptur wurde aus Marmor aus einem lokalen Steinbruch gefertigt. Der Kuh von Valera wurde bisher jedoch noch kein Denkmal gewidmet. (Michael Vosatka, 15.10.2022)