PMA-Präsidentin Brigitte Schaden lud zum Jahreskongress von Projekt Management Austria. Science Buster Martin Moder zeigte in seiner Keynote, wie der Zufall Innovation vorantreiben kann.
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Die Wissenschaftsskepsis ist in Österreich nach wie vor stark ausgeprägt, das zeigt eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts Spectra. Repräsentativ wurden 1000 Personen befragt, und nur 15 Prozent bringen den Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung "sehr großes Vertrauen" entgegen.

Diese Wissenschaftsskepsis war auch die Motivation von Martin Moder, Molekularbiologe und Teil der bekannten Science Busters, sich verstärkt der Wissenschaftskommunikation zu widmen. Beim 19. PMA Focus, dem Jahreskongress von Projekt Management Austria (PMA), der am Donnerstag zum zweiten Mal hybrid in Wien und via Stream stattgefunden hat, hielt Moder die Eröffnungskeynote.

Der Kongress stand unter dem Motto "Get stuff done – Projektmanagement für alle!", da sich der Rahmen stark verändert habe und Projekte nicht mehr so klar abgrenzbar seien, sagte PMA-Präsidentin Brigitte Schaden bei der Eröffnung. "Kleine Gehirne als Innovationstreiber" war das Thema der Eröffnungskeynote. Moder zeigte dabei unterhaltsam auf, was sich das Projektmanagement von den Erkenntnissen der Wissenschaft abschauen kann.

"Erst wenn man vom Plan abweicht, kann es zur Innovation kommen", sagte Moder und zeigte diese Innovationskraft anhand der Entstehung der kleinen Gehirne, die die Forschung ordentlich vorangetrieben haben: Eine Studienkollegin von Moder, die US-Amerikanerin Madleine Lancaster, habe – so wie er – an Hirntumoren geforscht. Lancaster schaffte es, mithilfe von Stammzellen erbsengroße Gehirne in Reagenzgläsern zu züchten.

Durch Zufall wissenschaftliche Erkenntnisse

Dabei ist in eine der Lösungen ein Faden ihres Arbeitsmantels gefallen, und es zeigte sich, dass sich dieses Minihirn näher an einem menschlichen Gehirn entwickelte als solche ohne Faden. "Der Faden hat wahrscheinlich das Rückgrat imitiert." Mittlerweile gehöre ein solches Teil zu den Forschungen dazu. Grundlagenforschung bewege sich immer an der Grenze von Wissen und Nichtwissen. "Und manches Mal hilft es, wenn sich Chaos und Fehler einschleichen", sagt Moder. Beispiele aus der Forschung gebe es dafür genügend.

Wichtiger seien mittlerweile aber die ethischen Grenzen: "Wo ist das Limit des Menschen?" Denn dank Forschungserfolgen sei die Frage des Könnens zu einer Frage des Wollens geworden, ergänzt Moder. Und hier gebe es einige Umfragen und Studien, die aufhorchen lassen. Moder nennt als Beispiel das Goldman-Dilemma: Leistungssportler wurden gefragt, ob sie bereit wären, ein Medikament zu nehmen, mit dem sie sich sicher für die Olympischen Spiele qualifizieren würden, sie aber nur noch fünf Jahre leben könnten.

Immerhin 50 Prozent der befragten Leistungssportler würden das Medikament einnehmen. Eine Follow-up-Studie fragt die Normalbevölkerung. Anstelle der Olympischen Spiele versprach das Medikament diesmal herausragenden beruflichen Erfolg, die Konsequenzen blieben gleich. Immerhin ein Prozent entschied sich für das Medikament, ergänzt Moder.

Einfache Sprache wirkt richtig

Kommunikation ist sowohl für die Wissenschaft als auch fürs Projektmanagement von großer Bedeutung. Und hier stelle sich die Frage: "Wie einfach kann man sich ausdrücken, ohne dass es falsch wird?" Forschungen hätten jedenfalls gezeigt, dass Texte in einfacher Sprache eher als inhaltlich richtig und der Autor des Textes intelligenter und smarter wahrgenommen werde, als dies bei komplizierten Texten der Fall sei.

"Man muss sich also nicht komplexer ausdrücken, als es ist", lautete die Schlussfolgerung von Moder. Aber der Mensch neige dazu, sich intelligenter einzustufen, als er tatsächlich ist. Bekannt sei dieses Phänomen als "Illusion der Erklärtiefe". "Wir glauben, Dinge sehr gut zu verstehen, weil wir nie an den Punkt kommen, wo unser Wissen endet", sagte er. Als Beispiel nannte er das Experiment, bei dem Menschen eine Klospülung genau erklären sollten. Nur die wenigsten schafften das.

"Wir Menschen neigen zur Selbstüberschätzung, und wir sind in vielen Bereichen auch inkompetent. Aber als Gemeinschaft können wir komplexe Themen gut erklären und Lösungen finden." (Gudrun Ostermann, 16.10.2022)