Jeremy Hunt soll als britischer Finanzminister die Regierung Truss retten.

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Zweimal bereits wollte Jeremy Hunt ganz nach oben: Als Theresa May 2019 als Chefin der britischen Konservativen und damit auch als Premierministerin zurücktrat, bewarb er sich um ihre Nachfolge. In der parteiinternen Abstimmung schaffte es Hunt immerhin bis in die Stichwahl, wo er aber dem späteren Premier Boris Johnson unterlag.

Drei Jahre später trat auch Johnson zurück. Hunt versuchte es wieder, schied diesmal aber bereits in der ersten Runde aus. Das Rennen machte am Ende bekanntlich Liz Truss. Die Parteibasis hatte es so gewollt – obwohl sich durchaus starke Stimmen im Tory-Establishment, darunter auch jene Hunts, gegen sie gestellt hatten.

Dass nun auch Truss mit ihren Steuersenkungsplänen gehörig ins Straucheln geriet, bescherte Hunt seinen jüngsten Karrieresprung: Er beerbte Kwasi Kwarteng im Amt des Finanzministers, nachdem Truss diesen geopfert hatte, um selbst im Amt bleiben zu können.

Viel Regierungserfahrung

In den vergangenen drei Jahren hatte Hunt zwar kein Ministeramt inne, aber ohne Regierungserfahrung ist er nicht. Ganz im Gegenteil: Seine bisherigen Jobs lassen ihn eher als Allzweckwaffe der Tories erscheinen. Von 2010 bis 2019 saß er durchgehend im Kabinett – erst als Minister für Kultur, Medien und Sport, dann als Gesundheits- und Sozialminister, dann als Außenminister. Nun ist der 55-Jährige neuer Schatzkanzler Seiner Majestät – und damit die inoffizielle Nummer zwei der britischen Regierung. Vielen Beobachtern gilt er als eigentlicher Premier.

Auf Tuchfühlung mit den Tories ging Hunt schon in Oxford, wo er Philosophie, Politik und Wirtschaft studierte und 1987 zum Präsidenten der konservativen Hochschulunion gewählt wurde. 2005 zog er ins Unterhaus ein.

Hunt versuchte sich auch in anderen Berufen. So arbeitete er etwa als Englischlehrer in Japan, wo er selbst Japanisch lernte, und gründete mehrere Start-ups. Nicht alle waren erfolgreich, sehr wohl aber jene Firma, die sich der Unterstützung junger Studierender im Ausland widmete. Ihr Verkauf 2017 machte ihn als Mitbegründer zu einem der reichsten Kabinettsmitglieder.

Hunts Ehefrau Lucia Guo stammt aus China, das Paar hat drei Kinder. Zu seinen Vorbildern zählt der frischgebackene Finanzminister die ehemalige Regierungschefin Margaret Thatcher. Letzteres gilt allerdings auch für Liz Truss – und dieser hat ihr konservatives Idol aus den 1980ern bisher fürwahr kein Glück gebracht. (Gerald Schubert, 16.10.2022)