Der niederösterreichische Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ).

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Bürgermeister Ferdinand Aigner (ÖVP) kündigte am Montag in einer Pressekonferenz einen Protestmarsch an.

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St. Pölten/Wien/St. Georgen – Im Gemeindeamt von St. Georgen im Attergau stehen die Zeichen auf Konfrontation. Nachdem vonseiten des Bundes am vergangenen Freitag die Entscheidung gefällt worden war, im nahen Erstaufnahmezentrum Thalham 15 Zelte für Flüchtlinge aufzustellen und der Aufbau samt Belegung am Wochenende vollzogen wurde, berief Bürgermeister Ferdinand Aigner (ÖVP) – gemeinsam mit den Ortschefs der Nachbargemeinden – am Montagvormittag eine Krisensitzung ein.

Diese hatte ein klares Ergebnis: Am Nationalfeiertag wird es im Ortszentrum von St. Georgen eine Protestkundgebung geben. Anschließend ist ein Protestmarsch in Richtung Westautobahn geplant. "Dort wird es Abschlussprotestmaßnahmen geben", kündigt Aigner an. Möglich ist dabei alles – bis hin zu Blockade der Auf- und Abfahrten der Autobahn. Würden die Zelte bis zum 26. Oktober entfernt, werde es lediglich eine Bürgerinformation geben.

Innenminister habe "dümmste Lösung" gewählt

Die Gemeinde sei "weder ausländerfeindlich noch rechtsgerichtet", stellt Ortschef Aigner klar. Man habe vollstes Verständnis für die Situation der Flüchtlinge, und die Gemeinde sei menschlich. Aigner: "Wir helfen, wenn es notwendig ist. Aber jetzt ist es genug, jetzt ist es zu viel. Wenn man immer hinhaut, wird sogar ein Lamperl auch mal wild."

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) habe "die dümmste Lösung für Österreich" gewählt. "In diktatorischer Manier und ohne Rücksicht auf die Bevölkerung wurden hier mit ausgeschaltetem Hirn einfach Zelte aufgestellt. Das ist menschenunwürdig und beschämend für einen Staat wie Österreich", poltert Aigner.

Karner verteidigte die Zelte Montagabend im Ö1-Radio: "Unsere Aufgabe ist es zu verhindern, dass junge Männer, die praktisch keine Chance auf Asyl haben, vor Schulen, vor Kindergärten, auf unseren Hauptplätzen, auf den Dorfplätzen, auf Bahnhöfen herumsitzen. Sondern da ist es doch viel besser, die sind zum Teil, in wenigen Bereichen, in Zelten auf Gründen der Landespolizeidirektion untergebracht." Für Bürgermeister sei die Situation nicht einfach, räumte Karner ein: "Da hab' ich großes Verständnis für manchen Ärger", aber man müsse Dinge eben anpacken.

Keine Zelte und zusätzlichen Quartiere in Niederösterreich

Niederösterreichs Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) hat am Montag unterstrichen, dass es von seiner Seite aus "weder Zelte noch zusätzliche Quartiere" geben werde. Das Bundesland sei "bereits mehr als ausgelastet durch die zusätzliche Unterbringung von über 10.000 ukrainischen Frauen und Kindern". Die Aufnahmequote (derzeit zu 89 Prozent erfüllt, siehe Grafik) sei "de facto erfüllt, unsere teuerungsgeplagte Bevölkerung und auch die finanziellen Mittel des Landes sind nicht weiter belastbar", so Waldhäusl.

In Kürze würden 100.000 Asylanträge erreicht, so viele wie noch nie seien gekommen, um zu bleiben, schrieb der Landesrat in einer Aussendung. Und die Bundesregierung lasse immer weiter zu, "dass Menschen aufgenommen werden, die über kurz oder lang nicht mehr menschenwürdig untergebracht werden können".

Keine Zelte in der Steiermark

In der Steiermark soll es ebenfalls keine Zelte geben: "Wie das Innenministerium der steiermärkischen Landesregierung bestätigt, gibt es derzeit keine Pläne, solche Zelte in der Steiermark aufzustellen", hieß es am Montag in einer Aussendung des Landes. Es gebe in der Steiermark derzeit freie Plätze, und es werde seitens des Sozialressorts in ständigem Austausch mit Partnerinnen und Partnern wie der Caritas sowie den Städten und Gemeinden daran gearbeitet, weitere Quartiere zu schaffen.

Bei der Unterbringung von Asylwerbenden liege die Steiermark im Bundesländervergleich derzeit auf Platz vier der Quotenerfüllung hinter Wien, dem Burgenland und Niederösterreich. Die steirische Landesregierung wolle weiter auf kleinere Quartiere setzen. Momentan befänden sich in der Steiermark 10.438 Personen in der Grundversorgung, davon 9.283 in Landesbetreuung und davon rund 6.000 Ukrainerinnen und Ukrainer.

Kaiser: Zelte nur bei Campingurlauben

Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) verwies am Montag erneut auf das Gespräch mit Innenminister Karner am Donnerstag, bei dem mit "keiner Silbe gesagt" worden sei, dass schon am Tag darauf Zelte aufgebaut würden. Und: Kärnten erfülle die Unterbringungsquote bei Asylwerbern, die nicht aus der Ukraine kommen, mit 102 Prozent und mit 110 Prozent bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen.

"Wo wir drunter sind – und das ist auch eine Zuteilungssache –, sind die ukrainischen Vertriebenen", so Kaiser. Dort habe man eine geringere Quote, "aber offene Kapazitäten von privaten Betreibern, die nur bereit sind, ukrainische Vertriebene, nicht aber Asylwerbende aufzunehmen". Aus seiner Sicht müsse es zu einer Lenkung auf Bundesebene kommen, damit, "wenn man weiß, dass für ukrainische Flüchtlinge Platz da ist, diese nach Kärnten geschickt werden und frei werdende Kapazitäten in anderen Bundesländern dann für Asylwerber verwendet werden". Generell meint Kaiser, dass Menschen nicht in Zelten unterzubringen seien, "außer bei Campingurlauben". Man solle also alles für eine Lösung tun – das sei aber eine Entscheidung, die auf Bundesebene getroffen werde.

Tirol sucht Alternativen zu Zelten

Tirol hat nach Kärnten die zweitschlechteste Quotenerfüllung, rund 2.800 Plätze fehlen. Nun sucht man nach Alternativen zu den Zelten. So hole man derzeit bereits Angebote zur Anmietung von Wohncontainern als Unterbringungsmöglichkeit ein, erklärten die zuständigen Stellen. Darüber hinaus sei das Land Tirol seit der letzten Flüchtlingsbewegung vor einigen Jahren im Besitz eines jederzeit aufbaubaren Holzhauses. Letzteres könnte wieder aufgestellt und den Menschen auf der Flucht zur Verfügung gestellt werden.

Dennoch ist es nicht unwahrscheinlich, dass in Tirol und Vorarlberg schon demnächst Zelte aufgestellt werden, wenn nicht rasch anderweitiger Raum geschaffen wird. Dafür infrage kommen nicht nur Orte, wo schon bisher Bundeseinrichtungen bestehen, sondern auch sonstige Grundstücke im Besitz des Bundes, etwa Grundstücke der Polizei. (Markus Rohrhofer, APA, red, 17.10.2022)