Bisher sind weite Teile der Grenze zwischen Russland und Finnland nicht abgesperrt und schwer überwachbar. Die Regierung will nun über einen Zaunbau debattieren.

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Freude und Zuversicht waren groß, die Bilder galten als historisch. Österreichs Außenminister Alois Mock und sein ungarischen Amtskollege Gyula Horn durchschnitten Ende Juni 1989 den Zaun nahe Sopron, der die beiden Staaten bis dahin getrennt hatte. Das Bild ging als Symbol für das Ende des Eisernen Vorhangs in die Geschichte ein – tatsächlich hatte der Abbau der Drahtsperre schon im Mai 1989 begonnen.

Mittlerweile ist die Zeit der verschwindenden Zäune in Europa wieder vorbei, einer der Vorreiter war auch hier Ungarn. Zwar trennen bereits seit 2012 und 2014 Griechenland und Bulgarien Zäune von der Türkei – doch jenes Bauwerk, das die ungarische Regierung 2015 zur Abschirmung von Migranten errichten ließ, zog besondere Aufmerksamkeit auf sich. Später ließ auch Österreich an der Grenze zu Slowenien ein Stück Zaun errichten, der damalige Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) beschrieb es als "Türl mit Seitenteilen".

Mittlerweile wird auch anderswo wieder eifrig an Zäunen gebaut, sowohl Gründe als auch Regionen unterscheiden sich aber von der Situation 2015. Am Dienstag will das finnische Parlament darüber Beratungen aufnehmen, ob an Teilen der 1.340 Kilometer langen Grenze zu Russland eine tragfähige Sperre errichtet werden soll. Zwar gibt es schon bisher an weiten Teilen der Grenze einen Zaun, dieser ist allerdings meist hüfthoch und aus Holz. Ziel ist es vor allem, die Wanderung von Nutztieren zu vermeiden.

Keine Kontrolle

Der finnische Grenzschutz hatte kürzlich eine Verstärkung vorgeschlagen und eine Reihe von Szenarien genannt, auf die man sich damit vorbereiten wolle. Unter anderem wolle man für den Fall einer Masseneinwanderung gerüstet sein. Diese könnte etwa dann eintreten, wenn Russland seinen Bürgerinnen und Bürgern das Verlassen des Landes untersagt und diese sich daraufhin erst recht in Bewegung setzen. Man denkt aber auch an eine von Moskau gesteuerte Migrationsbewegung, so wie sie Belarus im vergangenen Winter an der Grenze zu Polen verursacht hatte. Denn bisher kann Finnland seine Grenzen de facto nicht kontrollieren, große Teile der mehr als 1.300 Kilometer sind nicht dauerhaft überwachbar.

Innenministerin Krista Mikkonen sagte daraufhin, man solle die Idee überprüfen. Und auch die sozialdemokratische Premierministerin Sanna Marin kann sich den Bau auf einer Länge von 260 Kilometern vorstellen, gibt allerdings zu bedenken, dass dieser mehrere Jahre dauern würde. Daher sei er nur sinnvoll, wenn es einen einstimmigen Parlamentsbeschluss gebe, zitiert sie das finnische öffentlich-rechtliche Fernsehen YLE. Aus diesem Grund also nun die Verhandlungen.

Polen und Litauen sind fertig

Anderswo ist man in ähnlicher Mission schon weiter. Sowohl Polen als auch Litauen haben in Reaktion auf die von Belarus staatliche gesteuerte Krise von vergangenem Winter Sperrbauwerke zum Nachbarland errichtet, beide sind seit dem Sommer 2022 fertig. In Lettland ist ein Zaun im Bau. Die Regierung in Belarus hatte ab Mitte 2021 ja Menschen als Waffe gegen die polnische Regierung missbraucht, wie Präsident Alexander Lukaschenko auch offen in einer Rede sagte. Damals äußerte er, er werde die EU mit "Menschenhändlern, Drogenschmugglern und bewaffneten Migranten überschwemmen".

Tatsächlich lockte Minsk dann mit falschen Versprechungen Fluchtwillige aus dem Nahen Osten, insbesondere Angehörige der kurdischen und jesidischen Minderheiten aus dem Irak, an und setzte sie dann im eisigen Waldgebiet an der Grenze zu Polen ab. Polen verweigerte den Menschen die Einreise, verfügte eine Sperrzone und schickte unter anderem Soldaten an die Grenze. Mindestens 22 Menschen starben nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in der Kälte. (Manuel Escher, 18.10.2022)