Dass Asyl ein besonders emotionales Reizthema ist, ist grundsätzlich nicht verwunderlich. Schließlich geht es um die Leben von Menschen, die politisch verfolgt werden oder vor Kriegen flüchten. Gleichzeitig stellen Asyl und Zuwanderung die Aufnahmeländer vor große logistische und gesellschaftliche Herausforderungen – von der Unterbringung über die vielen Asylverfahren bis hin zur Integration von Asylberechtigten. All diese Faktoren sind ressourcenintensiv – und Ressourcen sind nicht grenzenlos vorhanden.

Im Erstaufnahmezentrum Thalham wurden am Wochenende Zelte aufgestellt.
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Dass Asyl und Migration aber fortlaufend für politisches Kleingeld instrumentalisiert werden, ist gefährlich. So forderte FPÖ-Chef Herbert Kickl wegen der für die Unterbringung von Asylwerbenden aufgestellten Zelte ein "sofortiges Aussetzen des Asylrechts" – was mit internationalen Vertragsverpflichtungen nicht vereinbar ist. Die Wiener Landtagsabgeordnete Laura Sachslehner (ÖVP) schrieb, das System habe "die Grenzen der Belastbarkeit" erreicht, und forderte einen "Annahmestopp bei Asylanträgen". Das suggerierte das Überschreiten der Belastbarkeitsgrenze, ist aber so nicht richtig: Die Zelte sind vor allem die Folge der Weigerung der Länder, die vereinbarte Zahl von Asylwerbern aufzunehmen.

Die Polemiken sind daher auch für politische Verhältnisse, in denen Zuspitzung und (Wahl-)Taktik zum Geschäft gehören, unredlich – und folgenreich. Denn die Emotionalisierung führt dazu, dass über die realen Herausforderungen von Asyl und Migration kaum noch sachlich und lösungsorientiert diskutiert werden kann. Genau das wäre aber dringend notwendig. (Martin Tschiderer, 17.10.2022)