Das bislang letzte Grazer Derby ging im Mai 2007 über die Bühne. Mario Haas erzielte den Treffer zum 1:0-Sieg für den SK Sturm.

Foto: GEPA pictures/ Martin Dirninger

War früher wirklich alles besser? Nein, aber früher gab es zumindest Grazer Derbys. Die Duelle zwischen dem SK Sturm und dem GAK gaben Anlass für die großen und kleinen Geschichten des Fußballs. Alles im Zeichen der Rivalität zwischen Schwarz und Rot. Eine Rivalität, die den steirischen und österreichischen Fußball geprägt hat. Eine Rivalität, die sich über Jahrzehnte in die Generationen von Fußballfans eingebrannt hat. Eine Rivalität, die 2007 mit dem finanziellen Kollaps der Roten endete. Vorerst.

15 Jahre später, am Mittwoch (18 Uhr, live ORF 1), erlebt diese Rivalität eine Renaissance. Im Achtelfinale des ÖFB-Cups treffen die Erzrivalen wieder aufeinander. Es ist das 131. Duell zwischen den Schwoazen und den Roten. Der GAK ist Veranstalter. Und obwohl die Vorzeichen und vor allem die Protagonisten sich komplett verändert haben, rappelt es in der Stadt an der Mur wieder. Aber so richtig.

Wer noch nie in Graz war (der sollte das natürlich nachholen), dem kann man vorwegschicken, dass die zweitgrößte Stadt Österreichs einen Besuch wert ist. In der Altstadt schlängeln sich die kleinen Gässchen auf und um den Schlossberg, der erhaben, aber nicht protzig über der Stadt thront. Restaurants und Bars laden zu Brötchen und ein bis sieben Achterl Wein ein. Graz hat sich in den vergangenen Jahren gemausert, die Stimmung wirkte immer schon ein wenig verschlafen, aber einladend. Außer wenn Derby war. Das war bis vor 15 Jahren so, das wird auch am Mittwoch so sein.

Knistern

Schon damals legte sich eine Nervosität wie ein undurchsichtiger Nebel über die Stadt an der Mur. Es knisterte zwischen den beiden Lagern. "Es ist das Thema Nummer eins in der Stadt", sagt GAK-Klubmanager Matthias Dielacher vor dem großen Wiedersehen. Und das, obwohl oder vielleicht genau weil sich alles im Grazer Fußball verändert hat.

Der GAK meldete 2007 den ersten von insgesamt vier Konkursen an, musste in die Regionalliga und verschwand später von der Bildfläche des österreichischen Fußballs. Er wurde daraufhin von Fans neu gegründet und musste in der untersten Liga starten. Während die Roten in den Niederungen des steirischen Amateurkicks grundelten, lief es bei den Schwarzen bedeutend besser. Sturm wurde 2011 Meister, setzte sich im oberen Drittel Fußball Österreichs fest. An das letzte Derby, das am 17. Mai 2007 durch ein Tor von Mario Haas mit 1:0 an Sturm ging, dachte da längst niemand mehr.

Die Rivalität geriet aus den Augen, aber sicher nicht aus dem Sinn. 15 Jahre sind eine lange Zeit, im Fußball eine Ewigkeit. Fast alle von damals sind in alle Richtungen verstreut. Beim GAK gibt es aber noch Reminiszenzen, Kapitän Marco Perchtold lief damals für die Roten auf. Der heutige Sportdirektor Dieter Elsneg saß als Teenager auf der Bank: "Man muss den Spielern die Besonderheit nicht erklären, sie bekommen das über ihr Umfeld mit", sagt er dem STANDARD. Beim GAK, der es 2019 zurück in die 2. Liga geschafft hat, liege der Fokus auf der Meisterschaft. Man ist nur Neunter. Elsnegs Fazit: "Hinter den Erwartungen." Und das Derby: "Sturm ist natürlich Favorit, wir sind noch in der Entwicklung. Man kann aber darauf stolz sein, wo man ist."

Wasserwerfer

Bei Sturm läuft es hingegen blendend. Das Team von Christian Ilzer ist heuer so richtig in Fahrt, hält in der Meisterschaft mit Salzburg mit und zeigte auch international fantastische Leistungen. Sportdirektor Andreas Schicker weiß um die Besonderheit: "Vor allem für die Fans ist das Spiel etwas Außergewöhnliches." Da mit dem Erfolg aber auch die Intensität im Spielplan kommt, sei "der GAK sportlich aber erst am Montag ein Thema gewesen". Alles der Reihe nach: Lazio Rom, WAC, GAK. Für Schicker ist es am Ende des Tages ein Fußballspiel, das man unbedingt gewinnen will, weil "wir im Cup natürlich so weit wie möglich kommen möchten". Die Phrasen von eigenen Cup-Gesetzen kennt freilich auch Schicker: "Der GAK hat Spieler, die absolut Qualität besitzen. Wir sind der Bundesligist und damit Favorit. Aber wir sind auf der Hut."

Bei aller nostalgischen Vorfreude bahnt sich in Graz auch ein chaotischer Cup-Abend an. Fanmärsche blockieren zwei Hauptstraßen, im Vorfeld gab es Zwist wegen der Ticketvergabe, und die Polizei hat für das Knistern zwischen den Fans Wasserwerfer zur Verfügung. In der Nacht auf Montag wurde ein mit roter Farbe beschmierter Schweinekadaver an einer Autobahnbrücke aufgehängt. An der Autobahnbrücke war zudem ein Aufkleber: "Scheiss GAK". Und wenn sich die Wege dann vorerst wieder trennen, bleibt die Vorfreude auf das nächste Duell. Und die Hoffnung, dass es nicht wieder 15 Jahre dauert. (Andreas Hagenauer, 18.10.2022)