Thomas Schmid hat offenbar ausgepackt und will Kronzeuge werden.

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Thomas Schmid, früherer Generalsekretär im Finanzministerium und Chef der Staatsholding Öbag, will Kronzeuge werden. Das hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Dienstagvormittag in einer Aussendung bekanntgegeben. Er sei im April mit diesem Wunsch und dem Wunsch zu kooperieren an die WKStA herangetreten, und seit Juni 2022 hätten 15 ganztägige Vernehmungen stattgefunden.

Es gehe um die Ermittlungen zur Causa Casinos (auch unter Causa Ibiza bekannt), in der gegen rund 45 Beschuldigte (natürliche Personen und Verbände) wegen des Verdachts der Untreue, falschen Beweisaussage, Missbrauchs der Amtsgewalt, Bestechlichkeit, Bestechung und der Verletzung des Amtsgeheimnisses ermittelt werde.

Einen formellen Antrag habe Schmid noch nicht gestellt, die Behörde prüfe die Informationen und würde dann allfällige Ermittlungen durchführen.

Der (bisherige) Rechtsanwalt von Schmid, Thomas Kralik, gab auf Anfrage des STANDARD am Dienstagmittag nur bekannt, dass er Schmid nicht mehr vertrete. Was nahelegt, dass der Ex-Generalsekretär in der Kronzeugen-Angelegenheit einen anderen Anwalt oder eine Anwältin zu Rate gezogen hat.

Suche nach Signa-Unterlagen

Parallel dazu fand am Dienstag zumindest eine Hausdurchsuchung statt, in der es inhaltlich ums Umfeld von René Benkos Signa Holding gegangen ist. Die Ermittler der WKStA waren offenbar auf der Suche nach Unterlagen von Gutachtern, die eine oder mehrere Immobilien des Konzerns in Wien bewertet haben. Eine Anfrage bei Signa selbst blieb vorerst unbeantwortet; für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Laut WKStA liege der Verdacht auf Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit sowie des Missbrauchs der Amtsgewalt gegen zwei Beschuldigte vor. Im Zeitraum 2016 bis 2018 soll Benko "dem damaligen Generalsekretär (Schmid) für die parteiische Unterstützung im Steuerprüfungsverfahren seines Konzerns einen Vorteil, nämlich eine gut bezahlte Führungsposition in diesem Konzern, angeboten haben", heißt es in einer Aussendung. Bereits früher an den U-Ausschuss gelieferte Chats zwischen Schmid und Benko zeigten, wie sich die beiden über eine Stelle für Schmid bei Benkos Signa Holding unterhalten hatten.

Im laufenden ÖVP-Untersuchungsausschuss war das Thema Steuerprüfung der Signa öfter am Tapet. So wurde im Juni auch jener Finanzbeamte von der Großbetriebsprüfung befragt, von dem Schmid nun auch bei der WKStA ausgesagt hat. Laut der Schilderung des hohen Beamten hatte Schmid ihn zu einem Gespräch mit Benko ins Finanzministerium eingeladen und ihm Benko als "den besten Unternehmer Österreichs" vorgestellt.

Die komplexe Betriebsprüfung der Signa sei damals schon seit Jahren gelaufen, eine der längsten gewesen, die ihm bekannt gewesen sei. Schmid habe die Besprechung dann telefonierend verlassen, Benko habe ihm auf seine Frage, was er für ihn tun könne, seine Sichtweise erklärt und gesagt, dass der Fall endlich erledigt werden müsse. Das hätten er, der Finanzbeamte, und sein Chef auch so gesehen, so der Mann im U-Ausschuss, zumal 2018 die Verjährung gedroht habe. Mit Steuerpflichtigen zu sprechen und sich deren Sichtweise anzuhören, gehöre zu seinem Job – das Ungewöhnliche in diesem Fall sei der Ort der Besprechung (Finanzministerium) gewesen und dass ihn der Generalsekretär persönlich angerufen habe.

"Ich soll beeindruckt sein"

Auf die abschließende Frage der Verfahrensrichterin, ob er all das als politische Intervention zugunsten Benkos wahrgenommen habe, antwortete der Beamte so: "Ich habe nicht wahrgenommen, dass ich beeinflusst werden sollte, sondern ich habe mehr wahrgenommen, ich soll beeindruckt sein von seiner Person, wie wichtig er ist." Und er könne nicht sagen, "ob man da beeindrucken wollte oder helfen wollte oder unterstützen wollte". Eine Frage, der nun wohl die Ermittler nachgehen werden.

Vorwurf der Untreue in ÖVP-Konnex

Außerdem soll, ähnlich wie in der Causa Beinschab, Steuergeld für parteipolitische Zwecke ausgegeben worden sein. So hätten Schmid und ein weiterer Mitarbeiter des Finanzministeriums "budgetäre Mittel zur Finanzierung von parteipolitisch motivierten Beratungskosten" eines Consulting-Unternehmens verwendet, um der ÖVP bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen im Jahr 2017 zu helfen. (gra, fsc, 18.10.2022)

Vor einem Jahr schlüpften Burgtheaterschauspieler in die Rolle von Sebastian Kurz, Thomas Schmid und anderen und lasen die inzwischen berüchtigten Chats vor. Das Video zur Dokumentation von DER STANDARD und Burgtheater.
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