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Wer viele Geräte im Homeoffice nutzt, könnte die Energieteuerung stark spüren.
Foto: Getty Images/martin-dm

Als in der Corona-Pandemie zahlreiche Betriebe Homeoffice anordneten, freuten sich die Angestellten. Der Arbeitsweg fiel weg, und damit sparte man nicht nur Zeit, sondern auch Geld: Kraftstoff fürs Auto oder das Jahresticket für den öffentlichen Nahverkehr, das viele kündigten. Ausgaben für neue (Hosen-)Anzüge fielen weg, und statt am teuren Mittagstisch im Restaurant zu sitzen, konnte man selbst kochen.

Der Mehrverbrauch an Strom und Wasser werde schon nicht ins Gewicht fallen, dachte sich mancher, zumal es vom Staat ja auch Steuerpauschalen gab. Doch angesichts explodierender Energiepreise erscheint das mobile Arbeitsmodell in neuem Licht: Viele Arbeitnehmer fragen sich, ob es nicht doch günstiger ist, im Büro zu arbeiten, auch wenn dort die Heizung heruntergedreht wird. Laptop, PC, Monitor, Drucker, Tischlampe, Wasserkocher, Kaffeemaschine – im Homeoffice fällt einiges an Stromkosten an.

Je nachdem, mit welcher Hardware ein PC ausgestattet ist, verbraucht das Gerät im Normalbetrieb zwischen 300 und 500 Watt. Legt man einen Strompreis von 40 Cent pro Kilowattstunde zugrunde, kommt man bei einer Betriebsdauer von acht Stunden am Tag und fünf Tagen die Woche bei einer Leistung von 400 Watt auf 25,60 Euro pro Monat. Aufs Jahr hochgerechnet sind das 332,80 Euro. Das entspricht fast einem Jahresticket der Wiener Öffis. Da sind die Stromkosten für Beleuchtung oder Küchengeräte aber noch gar nicht eingerechnet.

Arbeiten im kalten Raum?

Und dann muss man den Arbeitsraum ja auch noch heizen, schließlich will man nicht im Kalten sitzen. Je nachdem, wie gut isoliert das Zuhause ist, entstehen hier beträchtliche Mehrausgaben. Die Kosten für ein 20 Quadratmeter großes Arbeitszimmer in einem mit Gas beheizten Einfamilienhaus beliefen sich laut Focus Online in der Heizperiode 2019/2020 auf rund 145 Euro pro Jahr. Geht man davon aus, dass sich der Gaspreis inzwischen vervierfacht hat, käme man auf 580 Euro Heizkosten im Jahr.

Da überlegt man es sich vielleicht zweimal, ob man von zu Hause aus arbeitet oder doch ins Büro fährt. Das ist auch eine soziale Frage. Denn Menschen aus unteren Einkommensschichten wohnen in der Regel in älteren, meist schlecht isolierten Häusern, wo sie deutlich mehr Geld für Energie ausgeben müssen. Eine Studie der Carnegie Mellon University, die Smart-Home-Daten in verschiedenen US-Städten auswertete, fand heraus, dass während der Lockdowns die größten Stromverbrauchsanstiege in Gegenden mit niedrigem Einkommen und hohem Anteil von People of Color zu verzeichnen waren. Homeoffice muss man sich leisten können.

Der Wirtschaftsjournalist Will Dunn hat in einem Artikel für den New Statesman vorgerechnet, dass die gestiegenen Energiepreise das Ende des mobilen Arbeitens bedeuten könnten. Der Heizwärme- und Strombedarf eines schlecht isolierten Hauses könnte in Großbritannien mit bis zu 30 Pfund pro Tag zu Buche schlagen – das sind rund 33 Euro. War es im Lockdown günstiger, von zu Hause aus zu arbeiten, könnte für viele Arbeitnehmer die tägliche Pendelei ins Büro nun die billigere Alternative sein.

Und das ist schlecht fürs Klima. Das Freiburger Öko-Institut kommt in einer Studie ("Arbeiten im Homeoffice – gut für die Umwelt und die Mitarbeiter:innen?") zu dem Ergebnis, dass durch Homeoffice bis zu 3,7 Millionen Tonnen klimaschädliche Treibhausgase pro Jahr eingespart werden können. Zum einen fällt ein Großteil des Pkw-Verkehrs weg. Zum anderen werden Büroflächen reduziert, die viel Strom und Wärme verbrauchen.

Keine simple Rechnung

Die Autoren differenzieren jedoch in ihrer Studie. Durch die Nutzung von Homeoffice könne es zu "Rebound- und Verlagerungseffekten" kommen: Strecken wie die Kinderbetreuung oder Einkäufe, die zuvor auf dem Weg zur Arbeit erledigt wurden, würden nun speziell für diesen Zweck gefahren.

Die CO2-Einsparung hängt zudem von der Pendeldistanz und Hardware-Ausstattung ab. "Kann der Firmenlaptop genutzt werden und ist nur die Anschaffung eines zusätzlichen Monitors notwendig, ist das Arbeiten im Homeoffice bezüglich der CO2-Emissionseinsparungen klar im Vorteil", heißt es in der Studie. Werde der Homeoffice-Platz nur zeitweise (zu 50 Prozent) genutzt und müsse zudem eine komplett neue Hardware angeschafft und betrieben werden, lohne sich das Arbeiten von zu Hause "aus Sicht einer Emissionseinsparung erst ab einem einfachen Pendelweg von mehr als sechs Kilometern mit dem Pkw beziehungsweise 18 Kilometern mit dem ÖPNV".

Am besten mit Zuschuss

Letztlich geht es bei der Abwägung zwischen Heimarbeit oder Büro auch um die Frage, auf wen die hohen Energiekosten abgewälzt werden. Auf Arbeitgeber oder Arbeitnehmer? Homeoffice bedeutet nichts anderes als eine Auslagerung von Büroflächen in private Wohnräume, wodurch Arbeitgeber nicht nur Miet-, sondern auch Energiekosten sparen. Einige Unternehmen zahlen ihren Mitarbeitern daher Zuschüsse für die Nebenkosten im Homeoffice. Ob das ein Anreiz für mobiles Arbeiten ist oder die Energiekrise die Strukturen des Präsenzbetriebs wiederherstellt, werden die nächsten Monate zeigen. (Adrian Lobe, 26.10.2022)