Der flüchtige Attila Hildmann gilt in Deutschland als Star der rechtsradikalen Verschwörungsszene. Ein Haftbefehl wurde bisher noch nicht vollstreckt.

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Attila Hildmann hat schon viele in die Irre geführt. Am Dienstag stellte sich laut einem Bericht des deutschen Magazins "Stern" heraus, dass offenbar auch die Berliner Generalstaatsanwaltschaft (GStA Berlin) darunter ist.

Hildmann ist in erster Linie für seine Verschwörungstheorien bekannt. Der Deutsche mit türkischen Wurzeln erreichte via Telegram-Kanal mit seinen antisemitischen Botschaften zeitweise hunderttausend Menschen. Juden wollten "die deutsche Rasse auslöschen", hetzte er da etwa entgegen historischen Fakten.

Die GStA Berlin ermittelt daher seit langem wegen Volksverhetzung, wegen Verdachts der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten sowie wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und erließ bereits 2021 einen Haftbefehl. Eine inzwischen gefeuerte Mitarbeiterin der GStA soll allerdings zuvor vertrauliche Informationen aus dem Ermittlungsakt an Hildmann weitergegeben haben, der sich wenig später in die Türkei absetzte und seither als flüchtig gilt.

Peinliche Panne

Doch ein Auslieferungsgesuch stellte die Berliner Staatsanwaltschaft nicht – mit der Begründung, dass die Türkei ihre Staatsbürger nicht ausliefere und die Aussichten auf Erfolg damit gering seien. Hierbei dürfte der GStA Berlin allerdings ein grober Irrtum unterlaufen sein. Denn wie der "Stern" berichtet, besitzt Hildmann entgegen seinen Behauptungen die türkische Staatsbürgerschaft gar nicht. Die GStA Berlin habe dies irrtümlich zum Fakt erklärt.

Diesen peinlichen Ermittlungsfehler räumte die GStA Berlin gegenüber dem Magazin nun ein: "Die Ermittlungen laufen weiterhin, und nach hiesiger Kenntnis besitzt der Beschuldigte nur die deutsche Staatsangehörigkeit", sagte ein Sprecher dem "Stern". Wie es dazu kam, ließ er offen. Unklar ist auch, seit wann sich die Behörde dieses Ermittlungsfehlers bewusst ist. Nach Angaben des "Stern" beharrte sie bis Juni 2022 darauf, dass Hildmann auch türkischer Staatsangehöriger sei.

Der "Spiegel" berichtet allerdings unter Berufung auf einen Sprecher der GStA Berlin, dass die Behörde bereits seit Jahresanfang Bescheid wisse. Hildmann wurde demnach in Berlin-Kreuzberg von türkischen Eltern geboren und später von deutschen Eltern adoptiert und habe die türkische Staatsbürgerschaft damit nicht per Geburt erworben.

Es handelte sich hierbei nach der Entdeckung des mutmaßlichen Maulwurfs in den eigenen Reihen somit um die zweite folgenschwere Panne in der Causa Hildmann. Mit der Richtigstellung rückt die Auslieferung Hildmanns, einst als veganer Promikoch bekannt, nun in den Bereich des Möglichen. Ob und wann Berlin einen entsprechenden Antrag an die Türkei stellt, ist derzeit aber unklar. (Flora Mory, 18.10.2022)