Was hat Thomas Schmid der WKStA noch offenbart? Diese Frage dürfte vor allem die ÖVP umtreiben. Im Bild: die Altkanzler Sebastian Kurz und Wolfgang Schüssel im Mai auf dem Parteitag der ÖVP.

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Mehrere neue Sachverhalte musste Thomas Schmid der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) offenbaren, um eine Chance auf den Status als Kronzeuge zu haben. Die ersten Folgen davon waren bereits am Dienstag sichtbar: Da setzte es Hausdurchsuchungen bei René Benkos Signa Holding, weil dem Unternehmer Bestechung vorgeworfen wird – es gilt die Unschuldsvermutung.

Wie das Geständnis vonstattenging? Anfang April 2022 ersuchte der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium und Öbag-Chef um ein Treffen mit Vertretern der WKStA, um das "weitere Vorgehen" zu besprechen. Das fand dann am 8. April statt. Dort eröffnete Schmid den beiden Oberstaatsanwälten Gregor Adamovic und Christina Jilek, dass er "allenfalls mit der WKStA kooperieren und den Kronzeugenstatus beantragen" wolle. Dieser Weg sei "mit seinem aktuellen Verteidiger (Thomas Kralik, Anm.) aber nicht möglich".

Thomas Schmid will Kronzeuge werden. Ob das überhaupt geht und was das konkret bedeuten würde
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Zwei Anzeigen verfasst

Die beiden Oberstaatsanwälte haben Schmid dann laut Amtsvermerk "mehrfach darauf hingewiesen", dass er dringend einen Verteidiger beiziehen solle. Außerdem sei im Gespräch Grundlegendes über die Kronzeugenregelung besprochen worden. Schmid habe da angemerkt, "dass er nicht wisse, was in Zusammenhang mit Postenbesetzungen, Medien, Interventionen etc. strafrechtlich relevant sei". Das sei "dringend" mit einem Verteidiger vorzubesprechen, hätten dann die Vertreter der WKStA geraten.

Schmid studierte daraufhin gemeinsam mit seinem neuen Anwalt Roland Kier die bisherigen Ermittlungsergebnisse der WKStA und verfasste daraufhin zwei Anzeigen, die als Basis für weitere Einvernahmen dienten. Zwei Sachverhalte daraus wurden am Dienstag von der WKStA publik gemacht, freilich ohne die Nennung von Namen: Im ersten Fall geht es um die Beauftragung eines Consulting-Unternehmens durch das Finanzministerium, dessen Leistungen "jedoch der ÖVP zugutegekommen" seien. Das sei auf Anweisung der beiden Kurz-Berater Bernhard Bonelli und Stefan Steiner erfolgt, schrieb Schmid in seiner Anzeige.

"Konferierte Kurz mit Schmid"

Der zweite Fall, der am Dienstag schon Konsequenzen hatte, betrifft René Benko. Wie eingangs erwähnt, durchsuchten Ermittler da Büros von Benkos Signa Holding. Dem Unternehmer wird vorgeworfen, Schmid mit der Aussicht auf einen gutbezahlten Job bestochen zu haben, auf dass dieser ihm in Steuerangelegenheiten helfe. Auch mit Einladungen, etwa auf dessen Yacht oder zu Skitouren, habe Benko Schmid aus dessen Sicht bestechen wollen. Im Gegenzug habe der damalige Generalsekretär im Finanzministerium "immer wieder Druck" auf Mitarbeiter ausgeübt, um eine "den Benko zufriedenstellende Lösung herbeizuführen". Als Schmid aus dem Finanzministerium ausschied, habe Benko jedoch gemeint, das Jobangebot sei bloßes "Gerede" gewesen.

Schmid eröffnete das der WKStA schriftlich am 2. August und vermerkte da auch, dass er Kurz "über die Unterstützung für Benko berichtet" habe. Da finden sich dann plötzlich die ersten und nunmehr einzigen Schwärzungen im gesamten Aktenteil zu Schmids Einvernahmen. "Bezugnehmend auf die Person René Benko konferierte Kurz mit Schmid im Kontext des Anteilserwerbs", heißt es zwischen den ersten Schwärzungen – womöglich ein Hinweis auf Benkos Einstieg bei der "Kronen Zeitung".

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Für große Nervosität sorgt, dass dann ein beträchtlicher Teil von Schmids schriftlichem Geständnis unlesbar gemacht wurde – insgesamt mehr als sieben Seiten. Worum es da gehen könnte, ist nun Gegenstand heftiger Spekulationen. Die Staatsanwaltschaft schwärzt Aktenteile in solchen Fällen, um künftige Ermittlungen nicht zu gefährden.

In seiner Einvernahme sagte Schmid jedenfalls, dass er auch vollumfassend über "Umgehungskonstrukte, Parteifinanzierung, Vereine etc." aussagen werde, sein Wissen da "aber größtenteils selbst nur aus zweiter Hand" bezogen habe – in der Befragung wird das Thema dann jedoch kaum angeschnitten. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (fsc, 19.10.2022)