Älteste noch erscheinende Tageszeitung vor Umbau: "Wiener Zeitung" soll künftig online und monatlich gedruckt erscheinen.

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Wien – Eine Riege bekannter Politiker und Ex-Politiker von Rudi Anschober bis Erwin Pröll und Franz Vranitzky verlangte Mittwoch per Petition eine Schonfrist für die "Wiener Zeitung". Da ging fast zeitgleich auch der Begutachungsentwurf für deren Ende als älteste noch erscheinende Tageszeitung auf der Parlamentsseite online. Die "Wiener Zeitung" gehört der Republik, sie verliert mit Pflichtveröffentlichungen von Unternehmen ihre größte Einnahmequelle.

Bundeszahlungen neu aufgeteilt

Die Zahlungen des Bundes für die Wiener Zeitung GmbH und ihre (teils neuen) Aufgaben haben sich gegenüber dem vom STANDARD berichteten Entwurf etwas geändert.

  • Wiener Zeitung Die Republik fördert die Wiener Zeitung GmbH künftig mit 7,5 Millionen Euro (zunächst in früheren Entwürfen 6,5) pro Jahr für die Publikation online und – nach bisherigen Infos voraussichtlich: – monatlich gedruckt;
  • Journalismusausbildung über ein "Media Hub" der Wiener Zeitung GmbH mit sechs Millionen Euro* (frühere Entwürfe: fünf Millionen); organisatorisch ist die GmbH dem Bundeskanzleramt unterstellt.
  • Verlautbarungsplattform des Bundes: drei Millionen.

Der Entwurf für das "WZEVI-Gesetz" findet sich hier auf der Parlamentsseite (vorparlamentarische Begutachtung). Der Gesetzestext sieht – soweit zu erkennen – keine Erscheinungsfrequenz für die gedruckte "Wiener Zeitung" vor, bisher war wie berichtet die Rede von zumindest zehn Mal pro Jahr. Nun ist allein die Rede von "nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Mittel auch in Print herauszugeben" – auch über diese im Vorfeld diskutierte Möglichkeit berichtete DER STANDARD bereits.

Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf sind bis 30. November möglich.

Anlass: EU-Vorgaben für Unternehmensinfos

Der Anlass der Änderung: Die EU-Vorgaben – die Digitalisuerungsrichtlinie von 2019 – verlangen eine zentrale Stelle zur Veröffentlichung von Unternehmensinformationen, das war der Anlass für die Änderungen der Pflichtveröffentlichungen von Unternehmen in der "Wiener Zeitung". Sie machen bisher den größten Teil der Einnahmen der Zeitung im Staatsbesitz aus. Ihr Wegfall führte zu den Umbauplänen der Regierung zum Onlineportal mit – voraussichtlich – Monatsmagazin.

Was regelt der Entwurf für Pflichtveröffentlichungen? Es gibt noch Veröffentlichungspflichten im Amtsblatt. Das Gesellschaftliches Digitalisierungsgesetz 2022 – GesDigG 2022 (2893/A) schreibt etwa vor,

  • dass Eintragungen im Firmenbuch in der Ediktsdatei des Bundes zu veröffentlichen sind und auch im Amtsblatt der "Wiener Zeitung", "wenn es sich nicht um Eintragungen über Einzelunternehmer oder eingetragene Personengesellschaften handelt"
  • Auch sonstige Veröffentlichungen des Firmenbuchgerichts müssen demnach in der Ediktsdatei und im Amtsblatt veröffentlicht werden.
  • Der Vorstand von großen Aktiengesellschaften kann nun vom Firmenbuch verlangen, Jahresabschlüsse und konsolidierte Corporate-Governance-Berichte zur Veröffentlichung ans Amtsblatt der "Wiener Zeitung" zu übermitteln (statt es selbst zu tun), sie müssen aber dem Gericht in druckbarer Form geliefert werden. (fid, 19.10.2022)