Am Flughafen Wien beteiligte sich erstmals im Jahr 2014 ein umstrittener Investor.

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Dieser Tage endet die Übernahmefrist. Die sogenannte IFM-Gruppe will ihren Besitz am Flughafen Wien-Schwechat aufstocken. Auf knapp 50 Prozent an einer der wichtigsten Infrastruktureinrichtungen in Österreich wird der Anteil der IFM steigen, je nachdem, wie viele Kleinaktionäre bereit sind, ihre Anteile zu verkaufen. Doch rund um das Unternehmen IFM – laut Eigenangaben ein australischer Pensionsfonds, der bereits heute 40 Prozent am Flughafen besitzt – sind viele Fragen offen.

Vor allem ist höchst umstritten, wer in Wahrheit hinter der IFM steckt. Wer das Firmenkonstrukt zurückverfolgt, landet nicht etwa in Australien, sondern bei einem Trust auf den Cayman Islands, wie "Profil" und der ORF vor einigen Wochen berichteten. Das britische Überseegebiet wird von der EU als Steueroase klassifiziert und gilt als Knotenpunkt für Gelder dubioser Herkunft, ob aus Korruption, Geldwäsche oder Drogenhandel (was keinesfalls insinuieren soll, dass die IFM an solchen Geschäften beteiligt ist, wie hier ausdrücklich betont wird).

Im Fall des Flughafens sollen hunderte anonyme Anleger Gelder in einen Trust auf den Caymans eingezahlt haben: eine Art Geldtopf ohne eigene Rechtspersönlichkeit. Der Trust wird von einer Treuhandagentur verwaltet, einer Anwaltskanzlei namens Conyers, gelegen ebenfalls auf den Caymans. Schließlich wurden die Gelder über eine Firma in Luxemburg in europäische Flughäfen, unter anderem Schwechat, investiert.

Der Fall wirft Fragen auf. Wie kann es sein, dass Offshore-Gelder unbekannten Besitzes in ein Unternehmen der kritischen Infrastruktur in Österreich fließen? Wer muss da hinschauen? Wer die Frage beantworten will, muss vor allem ins Jahr 2014 zurückblicken, als die die IFM die ersten 29,9 Prozent am Wiener Flughafen erwarb.

Kontrolleur 1: Die Bank

"Know Your Customer" ("Kenne deinen Kunden") – so lautet ein Grundprinzip der EU-Geldwäschebekämpfung. Seit dem Jahr 2010 müssen Banken wissen, wessen Geld sie genau verwalten, wenn sie Geschäfte machen. Es reicht beispielsweise nicht, mit einer x-beliebigen Firma in Geschäftskontakt zu sein: Man muss den wirtschaftlich Begünstigten dahinter kennen. Gibt es mehrere Eigentümer, muss das Finanzinstitut zumindest wissen, wer die größeren unter ihnen sind, wer also die Firma kontrolliert.

Die Eigentümer der Flughafen Wien AG, Stand Ende September 2022.
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Außerdem ist für Banken eine sogenannte Mittelherkunftsprüfung vorgeschrieben: Die Institute müssen prüfen, ob die Herkunft des Geldes plausibel ist und es aus sauberen Quellen stammt – zumindest solange der Aufwand einer solchen Prüfung vertretbar ist. Auch über Treuhandverhältnisse müssen Banken Bescheid wissen. Wenn also ein Treuhänder für den eigentlichen Besitzer Summen verwaltet, ist Ersterer gegenüber der Bank auskunftspflichtig.

"Alle rechtlichen Vorschriften beachtet"

Auch im Fall des Flughafen-Investors ist eine Treuhandagentur im Spiel, besagte Kanzlei Conyers. Zugleich wickelte in Österreich eine heimische Bank den Einstieg der IFM-Gruppe im Jahr 2014 ab, wie aus dem Übernahmeangebot hervorgeht: die Unicredit Bank Austria. Dieser Bank gegenüber müsste im Rahmen der Anti-Geldwäsche-Bestimmungen eigentlich offengelegt worden sein, welche Investoren hinter dem ominösen Flughafen-Einstieg stecken.

Ist das geschehen? "Wir beachten selbstverständlich alle nationalen und internationalen rechtlichen Vorschriften und wenden diese genauestens an", versichert Bank-Austria-Sprecher Matthias Raftl. "Alle Zahlungsflüsse unterliegen einer durchgehenden Überprüfung." Darüber hinaus gibt die Bank aber, "da wir an das Bankgeheimnis gebunden sind", keinerlei Auskunft.

Ob den Regeln tatsächlich entsprochen wurde, kann letztlich nur Österreichs Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) herausfinden. Diese kontrolliert die Banken bezüglich der Einhaltung der Geldwäscheregel. Die Öffentlichkeit hat keine Möglichkeit zur Einsichtnahme – nicht einmal wenn es sich um ein hochsensibles Unternehmen wie den Flughafen handelt.

Kontrolleur 2: Das Wirtschaftsministerium

Für besonders kritische Branchen – darunter fällt auch die Infrastruktur, also der Flughafen – gibt es in Österreich eine Regel: Wenn Investoren aus Nicht-EU-Staaten Beteiligungen erwerben, muss das Wirtschaftsministerium seinen Sanktus dazu geben. Konkret wird überprüft, ob das Investment eine Gefahr für die Sicherheit und öffentliche Ordnung darstellen könnte. Dieses Bewilligungsprozedere beruhte im Jahr 2014 noch auf dem Außenwirtschaftsgesetz. Mittlerweile wurde das Regelwerk verschärft und in eine neue gesetzliche Form gegossen, das sogenannte Investitionskontrollgesetz.

Im Jahr 2014 sah das Wirtschaftsministerium, damals unter Reinhold Mitterlehner (ÖVP), keinen Grund, den Einstieg der IFM-Gruppe zu prüfen. Dass "keine Genehmigung gemäß § 25a Außenwirtschaftsgesetz erforderlich ist", heißt es im Übernahmeangebot, "diese Rechtsansicht wurde vom Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft am 16. Oktober 2014 bestätigt".

EU-Firma dazwischengeschaltet

Warum? Im Jahr 2014 klaffte eine durchaus große Lücke im Gesetz: Sogenannte "mittelbare Erwerbe" durch Nicht-EU-Unternehmen mussten laut damaliger Rechtslage nicht automatisch geprüft werden, erklärt Stefan Mayr, Experte für Investitionskontrolle an der Wirtschaftsuniversität in Wien. Mittelbarer Erwerb bedeutet: Der Investor mag zwar von außerhalb der EU kommen, aber beim Kauf des jeweiligen Unternehmens ist eine Firma in der EU dazwischengeschaltet. Ebendies geschah beim Flughafen-Einstieg: Offiziell war es eine Luxemburger Firma, die dessen Anteile erwarb.

Es gab allerdings im Jahr 2014 eine Ausnahme von der Regel, dass bei mittelbaren Erwerben nicht geprüft werden muss: "Wenn ein begründeter Verdacht bestand, dass durch die Gestaltung der Transaktion die Genehmigungspflicht umgangen werden sollte", so Mayr, dann habe durchaus Prüfpflicht bestanden. Aber im Wirtschaftsministerium war man offenbar nicht der Ansicht, dass dieser Verdacht besteht. Warum, das lässt sich nicht nachvollziehen – sämtliche Unterlagen zu Prüfverfahren bleiben geheim, damals genauso wie heute.

Inzwischen wurde das Gesetz verschärft. Heute sind mittelbare Erwerbe prüfpflichtig, ob nun ein Verdacht besteht oder nicht. Deshalb analysiert gerade das Wirtschaftsministerium, nunmehr unter Martin Kocher (ÖVP), ob die gewünschte Aufstockung des Anteils am Flughafen auf knapp 50 Prozent durch die IFM-Gruppe zulässig ist. Mit einer Entscheidung ist spätestens im Jänner zu rechnen. Allerdings wird die Öffentlichkeit hiervon nichts erfahren: Das Ergebnis ist geheim, so sehen es die Regeln des Investitionskontrollgesetzes vor. Nur falls der Einstieg im Jänner wider Erwarten doch scheitert, lässt sich also mutmaßen, dass das Wirtschaftsministerium dem Deal die Zustimmung verweigert hat.

Wie so oft in Fragen von möglicher Geldwäsche und Offshore-Finanzflüssen muss man also resümieren: Es herrscht totale Intransparenz. (Joseph Gepp, 21.10.2022)