Die Neos wollen den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss trotz der bekannt gewordenen Aussagen von Thomas Schmid nicht verlängern.

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Der ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss ist am Donnerstag in die nächste Runde gegangen. Dabei geht es um fragwürdige Postenbesetzungen im Innenministerium, geladen ist der heutige Bundespolizeidirektor Michael Takacs. Er war einst Kabinettsmitarbeiter des damaligen Innenministers Wolfgang Sobotka (ÖVP). Im Fokus des Untersuchungsausschusses wird am Donnerstag aber auch etwas anderes stehen: das Nein der Neos zur Verlängerung desselben.

Denn bereits vor bald zwei Wochen ließ die Fraktionsführerin der Neos im U-Ausschuss, Stephanie Krisper, wissen, dass die Partei den U-Ausschuss zu ÖVP-Affären nicht über den 7. Dezember hinaus verlängern möchte. Diese Haltung bestätigte Parteichefin Beate Meinl-Reisinger am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal" – auch wenn in der Zwischenzeit Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid ausgepackt und zahlreiche prominente (Ex-)Politiker der ÖVP – von Altkanzler Sebastian Kurz abwärts – schwer belastet hat.

"Voll im Strafrecht angekommen"

Durch die nun bekannt gewordenen Aussagen Schmids fühle man sich bei den Neos zwar in der Kritik an der ÖVP bestätigt, sagte Meinl-Reisinger. Allerdings: In dem "letztlich mit Ibiza" begonnenen Komplex sei man mittlerweile "voll im Strafrecht angekommen". Der parlamentarische U-Ausschuss sei aber kein "Nebentribunal" und keine Strafverfolgungsbehörde. Diese Aspekte hätten nun Gerichte zu klären.

Aufgabe des U-Ausschusses sei es dagegen gewesen, die politische Verantwortung zu klären – "und da ist alles am Tisch", so die Neos-Chefin: "Das war Korruption. Vielleicht nicht im strafrechtlichen Sinne", sie lege da aber einen weiteren Begriff an. "Da ist viel Korruption passiert, Postenkorruption, Beschaffungskorruption, man hat sich getürkte Umfragen organisiert und so einen Wahlsieg auch erkauft."

"ÖVP braucht kalten Entzug von Korruption"

Daher brauche es künftig einerseits schärfere Gesetze wie ein strengeres Korruptionsstrafrecht, ein Informationsfreiheitsgesetz und endlich einen weisungsfreien Bundesstaatsanwalt. Andererseits sei nun belegt, dass die ÖVP nicht nur ein Korruptionsproblem habe, sondern "sie ist eines", sagt Meinl-Reisinger. "Die politische Konsequenz wären Neuwahlen."

Den U-Ausschuss abzudrehen ist laut der Neos-Chefin dennoch schlüssig: "Was soll denn da noch rauskommen? Es ist alles da." Schlimm sei: Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger sei zu Recht erschüttert. Es zähle eben nicht die Leistung, "sondern wer wen kennt. Das darf doch nicht passieren." Das werde aber nicht besser, indem man nun weiter Ladungstage im Ausschuss mache, sondern durch schärfere Gesetze und durch das Ziehen eines "Schlussstrichs" mit Neuwahlen. Die ÖVP brauche "einen kalten Entzug von Korruption".

Kritik von FPÖ und Grünen an Neos

All die Sachverhalte, die sich aus den Protokollen der Schmid-Aussagen ergäben, seien aber nicht neu, sagte auch Krisper im "Morgenjournal". Sie würden keine neuen Spielarten von Korruption und Machtmissbrauch zeigen.

Andere Parteien kritisieren die Neos dagegen dafür, den U-Ausschuss nicht weiterführen zu wollen. Selbst Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler appelliert – trotz aufrechter Koalition mit der ÖVP – an die Neos, den U-Ausschuss "nicht abzudrehen".

FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker will nicht verstehen, warum "gerade die Neos, die sich ja immer Aufdeckung, Aufklärung und Transparenz auf die Fahnen geheftet" hätten, sich nun als "Totengräber" des U-Ausschusses erwiesen. Als Motiv vermutet er die im kommenden Jahr anstehende Landtagswahl in Niederösterreich, bei der sich die Neos laut Hafenecker eine Beteiligung an einer ÖVP-geführten Regierung erhoffen. (Martin Tschiderer, 20.10.2022)