Gotham wirkt ohne Batman leer – daran können die vier jungen Heldinnen nur wenig ändern.

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Wer sich gern als Wächter der Stadt gibt, könnte Spaß mit dem Spiel haben.

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In Zwischensequenzen wird die Story weitererzählt.

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Zu zweit macht das Spiel etwas mehr Spaß – wie fast alles im Leben.

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Batman ist tot. Mit diesem Schreckmoment startet die Geschichte des neuen Action-Titels "Gotham Knights". Nun liegt es an den vier Vertrauten des dunklen Rächers, Batgirl, Nightwing, Red Hood und Robin, das Ableben ihres Mentors aufzuklären und selbst für Recht und Ordnung in Gotham City zu sorgen. Als Spielerin beziehungsweise Spieler schlüpft man dazu in eines der vier bunten Kostüme und wagt sich des Nächtens in die dunklen Gassen von Gotham City.

Hau drauf Action

Auch wenn die Story unabhängig von Titeln wie "Batman: Arkham City" oder "Batman: Arkham Origins" erzählt wird, spieltechnisch orientiert man sich stark an den inoffiziellen Vorgängern. In den Straßen von Gotham warten an vielen Ecken Verbrechen, die man als Gesetzeshüter unterbinden kann. Dazu wirft man sich mit diversen Schlägen und auch Distanzwaffen ins Geschehen, kann aus der Luft Überraschungsangriffe ausführen oder auch aus dem Schatten heraus Widersacher ohne großes Aufsehen erledigen.

Ist ein Gegner angeschlagen, kann dieser festgeklammert und dann verhört werden. Das ist für manche Missionen erforderlich, um bestimmte Informationen zu erhalten. Im späteren Verlauf kann jeder der vier Charaktere zusätzliche Angriffe erlernen, um auch größerer Gruppen Herr zu werden. Die Kämpfe bleiben so einigermaßen dynamisch, lassen aber schnell das Kontersystem der alten "Batman"-Spiele vermissen, die Kämpfe so abwechslungsreicher und belohnender werden ließen. In diesem Fall klopft man die meiste Zeit auf zwei Tasten, bis man die Leiste für einen Spezialangriff gefüllt hat, was schnell ermüdend wirken kann. Lediglich eine Ausweichtaste kann genutzt werden, wenn Schläge des Gegners gefährlich nahe kommen.

Immer wieder verlangt es das Spiel auch, sich an Feinden vorbeizuschleichen, etwa wenn man bestimmte Daten aus einem Gebäude stehlen oder an schwer bewaffneten Polizisten vorbeikommen muss. Letztere sind nämlich den Batman-Vertrauten nicht gut gesinnt, hat doch Korruption nach den Ableben von Batman und Commissioner Gordon erneut Überhand genommen. Damit darf man sich als Spieler an keiner Ecke der Stadt sicher fühlen – einzig über den Dächern, zu denen man sich mit einem Enterhaken flott hochziehen kann, genießt man zumeist die Ruhe vor dem Sturm.

Manch schönen Moment schenkt das Spiel dem Helden am Joypad sehr wohl.
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Die Bildrate leidet vor allem in den Fahrsequenzen.
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Große Stadt

Die fünf Stadtteile, die man von Anfang an bereisen kann und die gar nicht so klein ausgefallen sind, beherbergen neben zahlreichen Nebenmissionen auch die für die Story relevanten Hauptmissionen. Diese bestehen meist aus mehreren Aufgaben, die Robin und Co oft quer über die Karte schicken. Schneller reisen kann man deshalb mit seinem jederzeit herbeizurufenden Motorrad, das zu einer weiteren Kritik an dem Spiel in diesem Text führt.

Tritt man aufs Gaspedal, heult zwar der Motor auf, ein Gefühl von steigender Geschwindigkeit ist allerdings nicht festzustellen. Hinzu knickt die Bildrate dermaßen ein, dass man sich fragt, wozu man sich eine neue Konsole gekauft hat. Die Playstation-4- sowie die Xbox-One-Version wurden nämlich laut Entwicklern eingestellt, weil man dort technische Probleme nicht lösen konnte. Diese finden sich aber leider auch in den Versionen für Playstation 5 und Xbox Series.

Auch die immer wieder auftauchenden Ladebildschirme, die oftmals nur kurz eingeblendet werden, weisen auf die wohl länger in Produktion gewesenen Old-Gen-Ableger hin. Bei dieser Konsolengeneration sollten sie wohl gar nicht auftauchen, wurden aber dennoch im Spiel gelassen. Zudem ist "Gotham Knights" bei hohem Feindaufkommen oder im aktivierbaren Koop-Modus weit weg von einem flüssigen Spielablauf. Andere technische Aspekte, etwa Animationen, wirken ebenfalls ein wenig unrund. Das stört vielleicht auch deshalb so stark, weil man diese Schwächen bei den älteren "Batman"-Games so nicht kannte.

Das Abgrasen der diversen Tatorte wird ebenso schnell zur Pflichtaufgabe. Ein überfallener Truck hier, ein bedrohter Bürger da. Das macht ein paar Mal Spaß, beim zehnten Mal ist die Luft beim ewig selben Ablauf aber raus. Hier wirkte etwa "Spider-Man" organischer und weniger aufgesetzt. Auch das Schwingen wirkte weit befriedigender als in "Gotham Knights". Immer wieder hadert man damit, den nächsten Dachvorsprung anvisieren zu können, an dem man sich mit dem Enterhaken weiterhangeln kann. So hat man in vielen Situationen des Spiels das Gefühl, eine nicht ganz fertige Version zu erleben, was bei einem Preis von über 70 Euro unverständlich scheint.

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Viel zu tun

Zwischen den Missionen begleitet man Dialoge der Protagonisten, wie sie den Tod ihres Vorbilds langsam aufklären. Immer wieder trifft man auf bekannte Schurken, etwa Harley Quinn, den Pinguin oder Mr. Freeze. Gegen manche kämpft man, andere dienen als Stichwortgeber. Im Hauptquartier der DC-Helden darf man zudem Waffen verbessern und nahtlos zwischen den Figuren wechseln.

Die gesammelten Erfahrungspunkte nimmt man mit, damit kann man auch im späteren Verlauf des Spiels ohne Probleme einen anderen Helden ausprobieren kann. Einzig die gesammelten Talentpunkte müssen neu verteilt werden, da jede Figur über andere Fähigkeiten verfügt. Batgirl kann etwa das Hacken von Geschütztürmen oder Sicherheitskameras lernen, Red Hood ist der stärkste Haudrauf in der Runde, der zudem stärker auf Distanzwaffen setzt.

Im Koop-Modus lädt man einen Mitspieler in seine Partie und kann dann gemeinsam die Stadt vom Unrat befreien und Missionen erledigen. Bei Story-getriebenen Spielen ist es hier manchmal schwierig, in die richtige Stimmung zu kommen, wenn man parallel über den Stress im Job oder das kranke Kind erzählt, wer sich allerdings ein wenig auf das Spiel einlässt, wird zusammen sicher mehr Spaß haben. Gegner werden schneller verprügelt, so manche Fertigkeit lässt alle Teammitglieder effektiver sein, und es finden sich auch Synergien, die speziell im härtesten Schwierigkeitsgrad sehr hilfreich sein können.

Dank individueller Talentbäume lassen sich die vier Charaktere unterschiedlich entwickeln.
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Technik, die mittel begeistert

Auf ein paar technische Probleme wurde ja bereits eingegangen. Die Stadt selbst wirkt allerdings sehr stimmungsvoll und kann zwar nicht mit großer Abwechslung, dafür aber mit vielen Schauplätzen punkten. Wirklich markante Stellen kann man leider an einer Hand abzählen, und so fehlt es dem Spiel nicht nur technisch, sondern auch spielerisch an Highlights.

Wer sich fragt, ob es einen Foto-Modus gibt: Ja, dieser findet sich tatsächlich im Spiel und kann jederzeit aktiviert werden. Zahlreiche Filter und andere Spielereien lassen so witzige Schnappschüsse zu. In der über 20 Stunden dauernden Kampagne kann man sich also immer wieder eine Pause gönnen, um zumindest die selbstgemachte Fotogalerie hell scheinen zu lassen.

Der Fotomodus lädt zum Ausprobieren ein.
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Fazit

Wo soll ich nur anfangen? Vielleicht bei den technischen Schwächen, die man bei einem exklusiven Next-Gen-Titel eigentlich so nicht sehen will? Bei den spielerisch zu ähnlichen Protagonistinnen, von denen keiner ein Fan-Favorit ist? Oder doch bei den unspektakulären Missionen, die sich viel zu oft wiederholen? Es ist schon faszinierend, wie aus der 2009 gestarteten "Batman"-Spieleserie, die in so vielen Belangen großartig war, eine solch durchschnittliche Fortsetzung entstehen konnte. Alles wirkt belanglos zusammengewürfelt – nicht immer ganz schlecht, aber nie richtig gut.

Bei all der Kritik, es gibt auch sanfte Hoffnungsschimmer im dunklen Gotham. Die Möglichkeit, das Spiel zumindest mit einem Freund oder einer Freundin anzugehen, muss lobend erwähnt werden. Das Freischalten der coolen Kostüme macht Spaß, und manche Missionen beziehungsweise die regelmäßigen Treffen mit bekannten Schurken des DC-Universums können Fans sicher kurzfristig begeistern, auch weil so mancher Dialog richtig witzig geschrieben ist. Zu dem aktuellen Preis würde ich das Spiel dennoch kaum jemandem empfehlen. Bei der ersten Preisreduktion können aber zumindest Batgirl-Fans mit einem Gleichgesinnten an der Hand über einen Kauf immerhin nachdenken. (Alexander Amon, 21.10.2022)

Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: "Gotham Knights" erscheint am 21. Oktober für Playstation 5, Xbox Series S/X und PC (Windows) für rund 75 Euro. Das PS5-Testmuster wurde dem STANDARD von Warner Bros. Int. für den Test zur Verfügung gestellt.