Der Führerschein am Smartphone ist ein vollwertiger Ersatz für die Plastikkarte.

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Die Zeiten, in denen man den Führerschein in Scheckkartenformat bei sich tragen muss, sind vorbei. Österreicherinnen und Österreicher können ab sofort zum Smartphone greifen, um ihre Fahrerlaubnis vorzuzeigen – sowohl im Falle von Verkehrskontrollen als auch beim Einlass in die Diskothek. Doch: Wie funktioniert dieser E-Führerschein eigentlich, und was muss man bei der Benutzung alles bedenken? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Frage: Der digitale Führerschein ist seit Mittwoch verfügbar, warum sollte man ihn auf dem Smartphone einrichten?

Antwort: Es handelt sich um eine vollwertige Lenkberechtigung und ein behördlich anerkanntes Ausweisdokument. Er ist also keine Ergänzung zum Scheckkartenführerschein, sondern ein vollwertiger, digitaler Ersatz von ebendiesem. Inhaberinnen und Inhaber müssen den "analogen" Führerschein also nicht mehr mitführen. Bei einer Verkehrskontrolle reicht es stattdessen, einen QR-Code in der App eAusweise vorzuzeigen. Sprich: Wer sein Smartphone immer dabei hat, aber gerne seine Geldbörse zu Hause vergisst, läuft nicht mehr Gefahr, eine Strafe zahlen zu müssen. Diese beträgt aktuell mindestens 20 Euro.

Frage: Was hat die ID Austria mit der Digitalisierung der Fahrerlaubnis zu tun?

Antwort: Wer einen digitalen Führerschein möchte, kommt an der Einrichtung der ID Austria nicht vorbei. Als Nachfolger der Handysignatur wurde diese schon im März eingeführt, um sich im Internet auszuweisen – unter anderem gegenüber der App eAusweise, in der auch der digitale Führerschein gespeichert wird.

Frage: Was kann die ID Austria sonst noch alles?

Antwort: Derzeit ist ihr Funktionsumfang noch relativ begrenzt. Man kann sich damit bei staatlichen Onlinediensten wie Finanz Online oder eben der App eAusweise registrieren. In Zukunft soll es außerdem möglich sein, die ID Austria auch für die Authentifizierung gegenüber Unternehmen nutzen können.

Frage: Heißt das, Privatunternehmen können auf meine behördlich verifizierten Daten zugreifen?

Antwort: Wollen private Serviceprovider die ID Austria nutzen, müssen sie sich beim Innenministerium (BMI) registrieren und preisgeben, auf welche Nutzerdaten sie zugreifen wollen. Das BMI überprüft dann, ob die angeforderten Berechtigungen angemessen sind. Zum Beispiel wird eine Autovermietung den Führerschein einsehen können, ein Onlineshop hingegen nicht. Sollte es dennoch zum Missbrauch von Nutzerdaten kommen, kann Unternehmen der Zugang entzogen werden. Dadurch soll etwaigen Datenschutzbedenken entgegengewirkt werden.

Bundesministerium für Finanzen

Frage: Alles schön und gut, aber wie komme ich überhaupt zum digitalen Führerschein?

Antwort: Der Ablauf ist nicht ganz frei von Tücken, vor allem, wenn die ID Austria noch nicht bei einer teilnehmenden Behörde registriert wurde. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung findet man hier.

Frage: Gibt es bestimmte Voraussetzungen für die Einrichtung?

Antwort: Ja. Man muss einen Führerschein im Scheckkartenformat und ein modernes iPhone oder Android-Smartphone besitzen. Dieses muss mindestens auf Android 8, iOS 12 oder einer neueren Betriebssystem-Version laufen und über einen Fingerabdruckscanner oder Gesichtserkennung verfügen. Darüber hinaus muss man die Apps Digitales Amt und eAusweise installieren.

Ein direkter Umstieg vom rosa Papierführerschein auf die digitale Lenkberechtigung ist nicht möglich, weil das verwendete Foto nicht digital vorliegt. Es ist also ein Zwischenschritt über den Plastik-Führerschein nötig. Das bedeutet: Wer noch einen Papierführerschein hat, muss zur Bezirkshauptmannschaft oder zum Magistrat gehen und sich einen Scheckkartenführerschein ausstellen lassen, um den digitalen Führerschein nutzen zu können.

Frage: Warum brauche ich dafür eine neue App?

Antwort: Grund dafür ist, dass die ID Austria und die eAusweise-App zwar miteinander zusammenhängen, aber gleichzeitig getrennt voneinander funktionieren. Erstere wird ausschließlich genutzt, um sich online auszuweisen, und pingt bei jeder Verifikation von Nutzerinnen und Nutzern einen Server des Bundesrechenzentrums (BRZ) an. Bei der App eAusweise ist das anders. Einmal eingerichtet, wird der darin gespeicherte Führerschein lokal auf dem Smartphone gespeichert. Um sich auszuweisen, muss man dann einen QR-Code in der App aufrufen, den das Gegenüber scannen kann. Der Ablauf ist ähnlich wie beim grünen Pass. Technisch basiert diese App auf der Software der Firma Youniqx, einem Tochterunternehmen der Staatsdruckerei.

Frage: Was ist, wenn ich kein Smartphone habe?

Antwort: Ohne Smartphone kann man den digitalen Führerschein derzeit nicht verwenden. Anders sieht es bei der ID Austria aus. Diese kann, abgesehen von aktuellen Smartphones, auch mit sogenannten Fido-Token verwendet werden. Dabei handelt es sich um Sicherheitsschlüssel, die in der Regel per USB-A oder USB-C am Computer angeschlossen werden. Kompatible Tokens kann man im Webshop von A-Trust erwerben.

Frage: Kann man nachverfolgen, wann und wo ich meinen digitalen Ausweis vorzeige?

Antwort: Jein. Die Verwendung des digitalen Führerscheins erfolgt an sich offline. Hat man diesen erst einmal eingerichtet, werden die Daten also am Smartphone gespeichert. Eine Verbindung mit dem Internet ist in weiterer Folge nicht mehr nötig – zumindest dann, wenn man sich zum Beispiel gegenüber einer Autovermietung oder beim Einlass in die Diskothek ausweist. Anders sieht es aus, wenn man in eine Verkehrskontrolle kommt. Scannen Polizeibeamte den digitalen Führerschein, wird eine Abfrage an das Verkehrsregister geschickt.

Frage: Und wie sieht es bei der ID Austria aus?

Antwort: Die Benutzung der ID Austria ist theoretisch nachverfolgbar. Jeder Nutzerin und jedem Nutzer wird bei Registrierung eine eindeutige alphanumerische Zeichenfolge zugeordnet, mit der man identifiziert werden kann. Bei jedem Log-in bei einem Onlinedienst wird eine Anfrage an das Bundesrechenzentrum geschickt, um die Aktualität und Richtigkeit der angegebenen Daten zu überprüfen. Die Grundrechts-NGO Epicenter Works kritisiert, dass dadurch zentral nachverfolgbar wird, wo man die ID Austria einsetzt.

Frage: Wo werden meine sensiblen Daten gespeichert?

Antwort: Der digitale Führerschein wird in der Secure Enclave des Smartphones gespeichert. Dabei handelt es sich um eine vom restlichen System abgeschotteten Bereich moderner Smartphones. In der Regel werden dort zum Beispiel Fingerabdruckdaten gespeichert, weil dieser Bereich als besonders sicher gilt.

Frage: Mein Handy wurde gestohlen: Was nun?

Antwort: Sollte Ihr Handy verlorengehen oder gestohlen werden, gibt es die Möglichkeit, die ID Austria zu invalidieren. Dazu muss man den Widerrufsdienst von A-Trust, dem Signaturanbieter der ID Austria, nutzen. Dieser ist unter der Telefonnummer +4317152060 rund um die Uhr erreichbar. Dort kann man die ID Austria zeitweilig oder endgültig sperren lassen. Sobald die ID Austria invalidiert wurde, wird auch das Zertifikat der eAusweise-App widerrufen.

Selbst wenn es einem Dieb gelingen sollte, auf die App und den digitalen Führerschein zuzugreifen, ist dieser nicht mehr gültig – das wird einer überprüfenden Person auch so angezeigt. Laut Angaben aus dem BRZ soll es deutlich einfacher sein, den herkömmlichen Führerschein zu fälschen als seine digitale Variante.

Frage: Was hindert mich daran, einen Screenshot vom QR-Code des digitalen Führerscheins zu machen und einem Dritten weiterzugeben?

Antwort: Im Grunde nichts. Der QR-Code des digitalen Führerscheins ist jedoch mit einem Zeitstempel versehen, daher wird bei einer Verkehrskontrolle auffallen, dass der Code nicht aktuell ist. Ganz davon abgesehen, dass natürlich auch das Foto nicht übereinstimmen wird – das wird der Polizistin nämlich sehr wohl angezeigt. Den Führerschein per QR-Code weiterzugeben ist also keine gute Idee. Den analogen Führerschein händigt man schließlich auch nicht an Dritte aus.

Frage: Was passiert, wenn ich in eine Verkehrskontrolle gerate, aber mein Akku leer ist?

Antwort: In diesem Fall gilt: Pech gehabt. Wenn man den digitalen Führerschein nicht vorweisen kann, ist das ein ähnlicher Fall, wie wenn man den analogen "Deckel" zu Hause vergisst. Es gibt aber sehr wohl einen Ermessensspielraum der Exekutive. Wer an eine geduldige Polizistin oder einen ebensolchen Polizisten gerät, darf vielleicht sein Handy noch so weit per USB im Auto aufladen, um den Führerschein vorzeigen zu können. Einen Rechtsanspruch darauf gibt es aber nicht.

Frage: Und wenn der kontrollierende Polizist keinen Handyempfang hat und den Ausweis deshalb nicht überprüfen kann?

Antwort: Das ist nicht das Problem des Lenkenden. In diesem Fall muss der Beamte oder die Beamtin andere Wege finden, die Lenkberechtigung zu überprüfen. Den Scheckkartenführerschein muss man als Backup nicht dabeihaben. Der digitale Führerschein gilt als ein vollwertiger Ersatz.

Frage: Was passiert, wenn man betrunken oder unter Drogeneinfluss Auto fährt und in eine Verkehrskontrolle gerät? Schließlich kann einem die Exekutive schlecht das Handy abnehmen.

Antwort: Das ist richtig, die Polizistin oder der Polizist kann einem das Handy nicht abnehmen. Sie können aber den Führerschein per App sperren, was rechtlich gleichbedeutend mit einer Abnahme der Fahrerlaubnis ist. Auch die Sperre des digitalen Führerscheins wird an die Behörde übermittelt, diese entscheidet dann über weitere Maßnahmen bzw. darüber, wie lange der Führerschein entzogen wird.

Frage: Kann ich den digitalen Führerschein auch im Ausland nutzen?

Antwort: Aktuell ist der digitale Führerschein nur in Österreich gültig. Eine gesamteuropäische Lösung steht noch aus, weil die Mitgliedstaaten gerade dabei sind, regionale Unterschiede in der Rechtsprechung einzuarbeiten. Jedes EU-Mitglied hat schließlich unterschiedliche Regelungen, was die Straßenverkehrsordnung oder Führerscheingesetze betrifft. So ist beispielsweise noch unklar, wie man Punkte in Flensburg oder Führerscheinabnahmen im Ausland technisch umsetzt.

Frage: Die EU plant einen eigenen digitalen Ausweis, oder?

Antwort: Korrekt. Der österreichische digitale Führerschein basiert auf der E-IDAS-Verordnung der EU, mit der schon 2014 ein unionsweiter Rechtsrahmen für vergleichbare Systeme geschaffen wurde. Die Verbreitung geht jedoch schleppend voran, weshalb die EU-Kommission im Juni letzten Jahres eine Novellierung ebendieser Verordnung vorschlug. Ziel ist ein EU-weites System, das den grenzüberschreitenden Einsatz von digitalen Ausweisen ermöglicht.

Der technische Ablauf einer Führerscheinkontrolle im Detail.
Foto: BRZ, APA

Frage: Was bedeutet das für die österreichische Lösung?

Antwort: Im Rahmen der Neugestaltung der E-IDAS-Verordnung werden Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, eine sogenannte Wallet-App einzurichten. In dieser soll man den Reisepass und Führerschein, aber auch den Nachweis eines Universitätsabschlusses speichern können. Mit der Bereitstellung der App eAusweise soll Österreich diese Auflage laut dem Bundesrechenzentrum nun erfüllen. Die technische Umsetzung basiere auf dem ISO-Standard 18013-5, auf dessen Basis auch die EU-Lösung entwickelt werde. Bis zur Einführung der EU-Lösung könnte es laut BRZ allerdings noch mehrere Jahre dauern.

Frage: Sehen Datenschützer die österreichische Lösung genauso positiv?

Antwort: Für die Digitalisierung des Führerscheins sei das System durchaus gut, sagt die Grundrechts-NGO Epicenter Works gegenüber dem STANDARD. Nachbesserungsbedarf werde es dann geben, wenn auch "Altersnachweise, Schüler – oder Studierendenausweise" in das System integriert werden sollen. Ein Altersnachweis müsse laut den Datenschützern entsprechend der internationalen ISO-Norm mittels "selective disclosure" erbracht werden. Das heißt: Es werden – zum Beispiel beim Einlass in die Diskothek– nur die wirklich notwendigen Informationen angezeigt.

Die Sicherheitsvorkehrungen würden Epicenter Works zufolge allerdings "unter dem Datenschutzniveau des globalen ISO-Standards für 'mobile driving licences'" liegen. Den höchsten Datenschutz verspreche jedenfalls die in Arbeit befindliche EU-Lösung für digitale Identitäten. Dieses könne laut den Datenschützern schon 2023 verabschiedet werden "und die Software 2024 in allen EU-Mitgliedstaaten verfügbar sein".

Frage: Zurück zu den Funktionen: Bald soll auch der Zulassungsschein digitalisiert werden, diesen gibt es ja als gelbe "Papierharmonika" und als Scheckkarte. Werden beide digital verfügbar sein oder nur die Scheckkarte?

Antwort: Man wird sowohl die Papiervariante als auch die Scheckkarte digital umsetzen können. Entscheidend ist hier nur, dass die Daten in der Zulassungsevidenz vorliegen. Bis der digitale Zulassungsschein aber auf den Smartphones der Fahrzeughalter landet, wird es noch ein wenig dauern. Aktuell läuft die technische Konzeption, bis die Fahrzeugzulassung digital vorgezeigt werden kann, sind noch rechtliche Anpassungen notwendig.

Frage: Kann ich die digitale Zulassung weitergeben, wenn ich etwa mein Auto verborge?

Antwort: Ja, denn anders als beim Führerschein ist es durchaus üblich, die Zulassung weiterzugeben, weil der Ehepartner oder Kinder das Auto mitbenutzen. Deshalb wird es mehrere Instanzen des digitalen Zulassungsscheins geben, die man als Inhaber beispielsweise an Familienmitglieder weitergeben kann. Laut Angaben aus dem Bundesrechenzentrum soll hier in Zukunft ganz klar der digitale Mehrwert liegen. Die digitalen "Kopien" des Zulassungsscheins soll man als Inhaber auch zeitlich limitieren können, etwa wenn man sein Auto nur für einige Tage verborgt. Gleichzeitig sollen Fahrzeugbesitzer die Möglichkeit haben, die Zulassung jederzeit wieder zu entziehen. Wenn man sich ein Auto ausborgt, soll man die digitale Zulassung auch von sich aus zurückgeben können.

Frage: Am Tag der Einführung konnten viele Userinnen und User ihren Führerschein nicht abrufen, weil das System die Fehlermeldung "Unerwarteter Fehler" oder "Ihr Gerät ist nicht mit dem Internet verbunden" ausgab. Woran lag das?

Antwort: Der Fehler liegt nicht bei den Nutzenden, wie man im Bundesrechenzentrum betont, sondern an der Überlastung der Server. Mittlerweile wurde die Hardware aufgerüstet. Die irreführenden Fehlermeldungen sollen angepasst werden.

Frage: Wie viele digitale Führerscheine wurden in den ersten 24 Stunden ausgestellt?

Antwort: Bis Donnerstag, 8 Uhr, wurden 21.142 digitale Lenkberechtigungen abgerufen. Zu Spitzenzeiten werden alle 15 Minuten 1.000 digitale Führerscheine freigeschaltet. (Mickey Manakas, Peter Zellinger, 20.10.2022)