Hendln, Angus-Rinder, ein paar Ziegen und Schweine, Pferde noch dazu: Es ist ein ziemlicher Bilderbuchbauernhof, den Angelika und Johannes Edhofer in Siegersdorf, zwischen Tulln und Neulengbach, geschaffen haben. Einen Heurigen haben sie auch, jetzt kam ein Restaurant dazu.

Hofladen in Weidenidylle

Der Qualitätsanspruch lässt sich nicht übersehen: Die Angus-Weiderinder stammen von Daniela Wintereders Modellbetrieb BOA im Weinviertel, einmal im Jahr wird von ebenda ein Stier geholt. Wegen des Natursprungs auf den prachtvoll hinter dem Haus gelegenen Weiden warat’s. Die Biohendln sind ein bissl weiter draußen untergebracht, tagsüber aber picken und scharren sie, wie es sich gehört, zwischen den Rindern umher – wär ja schade um die köstlich nahrhaften Bio-Maden, die in den Fladen gedeihen.

Angelika Strasser-Edhofer (re.) betreibt mit Elena Schwamm und den Küchenchefs Fabian Schasching (mit Bart) sowie Max Eichberger ein sehr bemerkenswertes neues Restaurant im Wienerwald.
Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Eier gibt es im hofeigenen Shop, sie werden aber auch an die Waldviertler Top-Bäckerei Brotocnik geliefert, um in Brioches und Kuchen verbacken zu werden. Konventionell gehaltene Legehennen gibt es auch, das lasse sich nicht vermeiden, sagt Angelika Strasser-Edhofer, die Kunden in der Wiener Gastronomie verlangen eben danach.

Selbstgeräucherter Speck, erlesene Weinauswahl

Der Buschenschank mit hofeigenen Weinen und selbstgeräuchertem Speck und Schinken ist seit etlichen Jahren etabliert, irgendwann aber wurde der Wunsch nach einem Ort, wo die Produkte der Landwirtschaft so richtig zum Leuchten gebracht werden können, zu stark. Als nebenan ein Hof erworben werden konnte, war es so weit. Seit vergangenem Sommer ist das Restaurant Markthof geöffnet. Das Ambiente, im Jägerstüberl des früheren Besitzers und mit Eingang über den Hofshop, wirkt noch ein wenig wie ein Pop-up. Dieser Eindruck verfliegt aber schnell. Die Weinkarte ist absolute Oberklasse, mehr als freundlich kalkuliert noch dazu, die Glaskultur mit Zalto in allen Varianten beispielgebend, das Bier zum Aperitif ein ganz großartig hopfiges Gablitzer vom Fass – von nebenan aus dem Wienerwald. Das Brot zum Gedeck liefert Brotocnik, es gibt selbsteingelegtes Gemüse zum hofeigen Geräucherten, ein ganz wunderbares Bohnen-Hummus außerdem.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Ist aber alles nur Vorspiel für das, was Fabian Schasching und Max Eichberger aus der Küche schicken. Beide standen erst im Steirereck und dann bei Josef Floh in Diensten, Schasching legte noch eine Extrarunde bei Thomas Dorfer im Landhaus Bacher ein. Und genauso schmeckt das auch: Die Herbstrolle, in Reispapier gewickelter, knackig marinierter Kürbis mit Bierradi und Minze, dazu ein Dip mit Sesam, zeigt exemplarisch, wie sich der vietnamesische Klassiker mit lokalen Zutaten und Top-Küchentechnik zu einer wunderbar frischen, hochklassigen Vorspeise machen lässt.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Erstklassiges Gemüse

Die letzten Paradeiser, alte Sorten von der nahen Gärtnerei Grandgarten in Absdorf, werden mit cremigem Ziegenkäse und einer lauwarmen Vichyssoise zu einem herausragenden Teller, vegetarische Hochküche abseits von Gels und Pürees, dafür mit Fokus auf faszinierende Akkorde und die Freude am Biss erstklassigen Gemüses. Bergkäseravioli, luxuriöse Polster, deren Inhalt sich beim Anstechen würzig cremig ergießt, werden mit sautierten Steinpilzen kombiniert, ein geradliniges, unverbesserbar köstliches Zwischengericht. Das hofeigene Angus-Rind kommt, roh mariniert, als hochreife, nicht zu dünne Schnitte auf die Teller, dazu Nussbutter-Vinaigrette und ein paar Umami-Tupfer Miso-Mayonnaise. Die Frittatensuppe ist, wie man sich’s auf einem Rinderhof erwarten darf, eine konzentrierte Zaubertrank-Essenz von einer klaren Suppe.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Weidehendln werden zu hellem Ragout verarbeitet, mit einer Rieslingvelouté, die Säure und Kraft hochelegant verbindet, dazu Erbsen und, ist ja Herbst, noch ein paar Steinpilzen zum Drüberstreuen – altmodisches Kraftessen in molliger Perfektion. Wird alles in mehr als erwachsenen Portionen aufgetragen, ohne die Zwetschkenknödel mit Zimtbutterbrösel und Schokosauce will man aber auch nicht gehen. Auf einen ausgedehnten Herbstspaziergang natürlich! (Severin Corti, 4.11.2022)

Foto: Gerhard Wasserbauer