Der Name Ubuntu ist für viele untrennbar mit dem Linux-Desktop verbunden. War es doch die von Canonical entwickelte Software, die mit einem besonderen Fokus auf einfache Nutzung für viele ihre erste Erfahrung mit einem Linux-System war – und so auch zahlreiche User auf den freien Desktop lockte, die sonst wohl nie mit dieser Welt Erfahrung gemacht hätten.

Update

All das mag zwar schon ein paar Jährchen her sein, die Entwicklung schreitet aber munter voran. Mit Ubuntu 22.10, das den gewohnt launigen Codenamen "Kinetic Kudu" trägt, gibt es nun eine neue Version der Software. Diese fasst nicht nur die vergangenen sechs Monate an Neuentwicklungen zusammen, in diesem Fall gibt es auch einige über diesen Zeitrahmen hinausgehende Veränderungen.

Gnome 43

Wie gewohnt, verwendet Ubuntu als Desktop Gnome, dieses Mal sogar in einer aktuellen Version – was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Gnome 43 wurde bereits an anderer Stelle ausführlich besprochen, insofern an dieser Stelle nur ein paar Highlights.

Der Desktop von Ubuntu 22.10 mit Gnome 43.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Es gibt einen neuen Schnelleinstellungsbereich, über den wichtige Einstellungen rasch erreicht werden können. Dabei kann etwa flott das WLAN gewechselt oder ein VPN aktiviert werden. Auch Lautstärkeneinstellungen sowie die Wahl des passenden Ausgabegerätes finden sich an dieser Stelle.

Dateimanager

Ein weiteres Highlight ist der runderneuerte Dateimanager, der nun eine adaptive Oberfläche hat, die sich der Fenstergröße automatisch anpasst. Die Listenansicht wurde ebenfalls neu gestaltet, zudem gibt es viele optische Verfeinerungen.

GTK4 macht vieles neu

Generell zeichnet sich Ubuntu 22.10 durch besonders viele Änderungen an der Oberfläche der enthaltenen Programme aus. Das liegt daran, dass Ubuntu zuletzt zum Teil veraltete Programmversionen ausgeliefert hat. Im vergangenen Jahr wurden aber viele Gnome-Programme auf GTK4 und damit auf die neueste Generation des dem Desktop zugrunde liegenden grafischen Toolkits portiert. Dabei wurde zum Teil auch gleich die Oberfläche aufgeräumt. All das landet nun in einem Rutsch in der neuen Ubuntu-Ausgabe.

Ubuntu-spezifische Einstellungen sind nun in einem Dialog vereint.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Ein Hindernis für eine frühere Aufnahme war dabei, dass Gnome-Programme nun mit der libadwaita eine neue UI-Bibliothek verwenden, die einen konsistenten Look garantieren soll. Diese hat Ubuntu jetzt für die eigenen Bedürfnisse angepasst.

Anlaufpunkt

In den Systemeinstellungen ist ein eigenes Panel für Ubuntu-spezifische Einstellungen hinzugekommen. Dort finden sich dann etwa bisher verstreute Optionen für die Anpassung des seitlichen Panels. Nicht übernommen hat man hingegen die neuen Einstellungen für die Gerätesicherheit, in denen darüber informiert wird, wie gut Hardware und Firmware vor Attacken geschützt sind.

Programmauswahl

Aus Desktop-Sicht bilden Firefox 104, Libreoffice 7.4 und Thunderbird 102 die Eckpunkte – neben all den gewohnten Gnome-Tools versteht sich. Auffällig ist dabei, dass der gewohnte Texteditor Gedit durch den neueren Gnome Text Editor ersetzt wurde. Hier folgt Ubuntu allerdings schlicht dem Vorbild des Upstream-Projekts – also Gnome selbst.

Ein Neuzugang ist der Gnome Text Editor, der Gedit ablöst. Im Hintergrund die Softwarezentrale von Ubuntu, die weiter stark auf Snaps setzt.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Ansonsten wurden zwei Programme aus der Vorinstallation entfernt. Die Gnome-Books-App gibt es schlicht nicht mehr, als Alternative rät man zu Foliate. Für die "To-Do"-Anwendung gibt es mit Endeavour zwar einen direkten Nachfolger, dieser ist aber eben nicht mehr vorinstalliert. Den Zugang zur Kommandozeile gibt es von Haus aus weiter über den Gnome Terminal, das neuere Gnome Console kann aber auf Wunsch ebenfalls installiert werden.

Pipewire

Strukturell gesehen findet sich die wichtigste Neuerung des Ubuntu-22.10-Desktops aber ein Stockwerk tiefer. Mit Pipewire kommt jetzt ein neues Audio-Framework zum Einsatz, das viele Probleme mit dem Vorgänger Pulseaudio ausräumen soll. Zudem ist es gerade für Profianwendungen deutlich performanter und soll so auch eine Vereinheitlichung des bisherigen Wildwuchs an unterschiedlichen Lösungen bringen.

Die Nutzer merken davon im besten Fall nichts – außer weniger Probleme und bei fortgeschrittenen Aufgaben eine merklich geringere Latenz. Die Vorarbeiten für diesen Wechsel haben ja bereits andere Distributionen wie Fedora geleistet, bei denen Pipewire schon ein paar Versionen lang genutzt wird.

Vermischtes

Ebenfalls bemerkenswert ist der systemweite Support für das Bildformat Webp, das gerade im Web mittlerweile weitverbreitet ist. Zudem wird eine neuere Version der "Noto Emoji"-Schriftart genutzt, die Unicode 15-Support aufweist und so alle aktuellen Emojis abdecken soll.

Firefox darf natürlich auch nicht fehlen.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Basis

Als Kernel kommt Linux 5.19 zum Einsatz, was eine weiter gesteigerte Kompatibilität mit aktueller Hardware verspricht. Das ganz neue Linux 6.0 ging sich aufgrund kollidierender Zeitpläne der beiden Projekte hingegen nicht aus. Auch sonst wurden viele Systemkomponenten aktualisiert – etwa Networkmanager 1.40 oder Bluez 5.65.

Unity ist zurück

Wie gewohnt, gibt es aber nicht nur eine Desktop-Ausgabe von Ubuntu, es gibt auch Geschmacksrichtungen mit anderen Umgebungen wie Mate, Xfce, KDE Plasma oder auch Budgie. In dieser Riege findet sich aber auch ein Neuzugang, der eigentlich ein Comeback darstellt: einen offiziellen "Ubuntu Flavour" mit dem Unity-Desktop.

Unity war über viele Jahre hinweg die Default-Wahl von Ubuntu, wird mittlerweile aber von der Community weiterentwickelt. Neben der Unity-Oberfläche weist diese auch sonst ein paar Änderungen im Vergleich zur Standardausführung auf. So kommt etwa Nemo statt des Gnome-Dateimanagers Nautilus zum Einsatz.

Download

Ubuntu 22.10 steht wie gewohnt in Form eines Dateiabbildes zum Download, das dieses Mal rund 3,8 GB groß ist. Dieses System kann dann direkt auf einen USB-Stick gespielt und von diesem gestartet werden. Alternativ gibt es übrigens auch Varianten der Linux-Distribution für Server, Cloud und dem Einsatz für das "Internet der Dinge". (Andreas Proschofsky, 20.10.2022)