Wegen Corona machten tausende Pendlerinnen und Pendler Heimarbeit – oder fuhren mit dem Pkw. Ein Teil von ihnen fehlt in ÖBB-Zügen bis heute.

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Wien – Noch hat sich der Schienenpersonenverkehr von der Covid-Krise nicht erholt, zumindest nicht der Nah- und Regionalverkehr. Um zehn Prozent liege man bei den Fahrgastzahlen noch hinter dem Referenzjahr 2019, also dem letzten "normalen" Jahr vor Corona. Damit bleibe man insgesamt hinter dem bisherigen Rekordjahr 2019 zurück. Wohl läuft der Personenfernverkehr nach Aussagen von ÖBB-Chef Andreas Matthä auf vollen Touren. Das Minus in dem um ein Vielfaches umfangreicheren Nahverkehr ist damit aber nicht wettzumachen.

Um 17,7 Prozent mehr Fahrgäste habe man in Fern- und Nachtzügen heuer gezählt, sagte der ÖBB-Generaldirektor am Donnerstag in der Pressekonferenz, in der die Highlights des Winterfahrplans 2022/23 (ab 11. Dezember) präsentiert wurden. Von einem "Jahrhundertsommer 2022 mit einem Bahnboom", sprach Matthä.

Städteverbindungen

Die Neuerungen beziehen sich hauptsächlich auf Städteverbindungen im In- und Ausland. So werden die täglichen Nachtzüge von Wien und München nach Mailand dann nach Genua verlängert. Außerdem wird Stuttgart ans Nachtzugnetz angebunden, die Verbindung führt über München nach Venedig. Das gilt auch für die Euronight-Züge von Budapest, Zagreb und Riejka, die ab Fahrplanwechsel bis Stuttgart verlängert werden. Zürich–Leipzig kommt neu im Nachtzugfahrplan. Ausgeweitet auf dreimal die Woche wird ab Anfang Mai 2023 die Urlaubsverbindung von Wien über Graz ins kroatische Split (bis Ende Oktober).

Für Urlauber und Touristen

Täglich angeboten wird künftig die IC-Verbindung von Wien ins Salzkammergut (Bad Ischl, Hallstatt und Stainach-Irdning), am Wochenende kommt eine Direktverbindung von Wien über Schladming nach Bischofshofen bis ins Gesäuse hinzu. Darüber hinaus soll es an Wochenenden neue Früh- und Spätverbindungen zwischen österreichischen Landeshauptstädten geben. Täglich geht es ab Dezember vom Franz-Josefs-Bahnhof in Wien über Gmünd nach Prag, an Wochenenden verstärkt, nämlich zweimal pro Tag.

Zusätzliche Zugpaare zur Hauptverkehrszeit von Wien nach Villach sorgen laut ÖBB-Angaben für einen Stundentakt im Zugverkehr von und nach Kärnten. Der Takt des Intercitybus von Graz nach Klagenfurt wird zu stark frequentierten Zeiten verdichtet. Ausgebaut um ein Zugpaar wird den Angaben zufolge auch der IC-Verkehr zwischen Graz und Linz, und zwar im Abendverkehr.

Für Kulturinteressierte

Intensiviert wird allerdings nicht nur der vom Staat finanzierte gemeinwirtschaftliche Bahnverkehr (zu dem auch Schnellzüge auf der Südbahn und von Salzburg bis Bregenz gehören), sondern auch der eigenwirtschaftliche, also im Wettbewerb mit der Westbahn zu bestreitende Zugverkehr auf der Weststrecke. Der letzte Zug vom Wiener Hauptbahnhof Richtung Salzburg fährt um 0.28 Uhr ab, allerdings nur bis Linz. Damit will man Kulturinteressierte adressieren, die nach den Vorstellungen wieder heimreisen wollen.

Darüber hinaus wurden zusätzliche Schnellverbindungen mit ÖBB-Railjets angekündigt, diesfalls von Oberösterreich nach Salzburg und Tirol sowie von Salzburg zum Flughafen Wien. Details nannte der ÖBB-Chef nicht.

1,3 Millionen Personenkilometer mehr

Kursorisch fielen die Angaben über die geplante Angebotsausweitung im Nah- und Regionalverkehr aus. Von 1,3 Millionen Angebotskilometern ist die Rede. Damit bleibt es den Bundesländern und ihren Verkehrsverbünden vorbehalten, die von der öffentlichen Hand finanzierte Wohltaten zu verkünden. Wie zu erwarten, sind Taktverdichtungen und zusätzliche Zug- und Busverbindungen in dem für Pendlerinnen und Pendler wichtigen Früh- und Abendverkehr angekündigt.

Mehr und teurer

Es gibt ab 11. Dezember nicht nur mehr Angebot, es wird auch teurer. Wie berichtet, wird Bahnfahren – auch aufgrund hoher Energiepreise – teurer. Im Schnitt kosten Fahrkarten um 3,9 Prozent mehr, Details erfahren die Fahrgäste beim Ticketkauf. Eine Vorteilscard-Fahrkarte von Wien nach Salzburg kostet am Tag der Reise 28,30 Euro, also um 40 Cent mehr. Wer früh bucht, zahlt weniger, warb Matthä für Onlinekauf und Sitzplatzreservierung.

Bis die Zahl der Sitzplätze signifikant von 54.000 auf 70.000 steigt, vergehen noch Jahre. Erste neue Railjets (für den Italien-Verkehr) kommen im Dezember und im nächsten Jahr endlich mit drei Jahren Verspätung die Schnellbahngarnituren für Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich. Bis 2030 werden insgesamt Fern-, Nacht-, Doppelstock- und Nahverkehrszüge um 4,1 Milliarden Euro angeschafft beziehungsweise deren Inneneinrichtung erneuert. (ung; 21.10.2022)