Geputzt wird in den Büros, wenn der Arbeitsablauf am wenigsten gestört wird. Das macht die Leistung der Reinigungskräfte für andere aber unsichtbar.
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Kein Büro, kein Krankenhaus, keine Schule kommt ohne sie aus. Reinigungskräfte sind systemrelevant. Sie sorgen dafür, dass die Arbeitsflächen und Toiletten sauber sind, der Boden gesaugt, das Geschirr in den Büroküchen in den Geschirrspüler kommt, im Krankenhaus alles hygienisch sauber ist. Vom Berufsalltag der Reinigungskräfte bekommen aber meist wenige etwas mit. Denn die Aufgaben werden häufig zu den Randzeiten verrichtet, also zeitig in der Früh oder nach Büroschluss. "Dabei stören Reinigungskräfte den laufenden Betrieb viel weniger als angenommen wird. Es braucht aber noch viel Überzeugungsarbeit in den Unternehmen", sagt Viktor Wagner, Geschäftsführer der Reiwag Facility Services mit über 3000 Mitarbeitern in Österreich und Osteuropa.

Ursula Simacek, Geschäftsführerin der gleichnamigen Reinigungsfirma mit 8000 Mitarbeitern in Österreich, Zentral- und Osteuropa, sieht das ähnlich. "Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist bei uns ein Riesenthema. Der optimale Fall wäre, dass Reinigungskräfte zu den normalen Arbeitszeiten arbeiten können", sagt sie. Damit wäre auch gewährleistet, dass die Kinder im Kindergarten oder in den Schulen betreut sind. Unternehmen umzustimmen sei aber oft mühsam.

Gleiche Arbeitszeit wie Büromitarbeiter

Vorbild könnten einmal mehr die skandinavischen Länder sein. In Norwegen beispielsweise sei man in den vergangenen Jahrzehnten von einst geteilten Diensten an den Tagesrändern zu einem hohen Anteil an durchgängigen Arbeitstagen zu den üblichen Geschäftszeiten übergegangen. Für die Reinigungskräfte steige dadurch die Lebensqualität, die Kunden könnten direkt mit den Putzkräften kommunizieren, und die Reinigungsunternehmen hätten es einfacher mit der Arbeitsorganisation, belegen Untersuchungen die Vorteile der Tagreinigung.

Für Wagner könnten die hohen Energiepreise hier zu einem Umdenken führen. Wenn Reinigungskräfte bereits während der Bürozeiten sauber machen könnten, könnten Betriebe Strom- und Heizkosten einsparen, ist er überzeugt.

Mit dem Thank Your Cleaner Day, der in diesem Jahr am 19. Oktober stattgefunden hat, soll die Leistung der Reinigungskräfte gewürdigt werden. Ins Leben gerufen wurde dieser Tag 2015 vom neuseeländischen Berufsverband für Gebäudereiniger, von Building Service Contractors (BSCNZ) und dem Reinigungsgerätehersteller Kärcher. Sich als Nutznießer der geputzten Räume Zeit für ein Dankeschön zu nehmen und so mehr Sichtbarkeit für das Tun von Reinigungskräften zu schaffen, sei das Ziel.

Mehr als ein Dankeschön

Ein Dankeschön allein wird aber nicht ausreichen, um das Image der Reinigungsbranche zu verbessern. Neben der fehlenden Wertschätzung und den Randarbeitszeiten ist auch die Bezahlung in dieser Branche gering. Die Arbeiterkammer fordert daher schon lange einen Mindestlohn von 1700 Euro brutto für eine Vollzeitreinigungskraft. Derzeit liegt der kollektivvertragliche Mindestlohn in der untersten Lohnstufe bei 9,71 Euro in der Stunde, in der höchsten Lohnstufe (Reinigungskräfte mit Lehrabschluss in Reinigungstechnik) bekommen 11,74 Euro brutto pro Stunde. Fast jeder Zweite in der Branche arbeitet Teilzeit, bei den weiblichen Reinigungskräfte liegt die Teilzeitquote bei 62 Prozent.

Am Geldhahn zu drehen sei aber schwierig, heißt es sowohl von Simacek als auch von Wagner. "Wir können nur den kollektivvertraglichen Mindestlohn zahlen, sonst sind wir als Reinigungsunternehmen nicht mehr wettbewerbsfähigfähig", sagt Wagner. Bei den aktuellen Tarifverhandlungen erwartet er sich eine Erhöhung zwischen sieben und acht Prozent. Simacek sieht beim Gehaltsthema vor alle die Politik in der Pflicht. Denn: "An der Gehaltsschraube zu drehen macht nur Sinn, wenn es die ganze Branche betrifft", sagt sie.

Derzeit sei – wie in vielen anderen Branchen auch – die Mitarbeitersuche oft schwierig. "In einem Jahr wird es aber ganz anders ausschauen", prognostiziert Wagner. Seit Sommer ist bei Reiwag die mittlerweile dritte Generation von Reinigungsrobotern, der R3, im Einsatz. Der Wischroboter schafft bis zu 1800 m2 in der Stunde und ist damit deutlich effizienter als seine menschlichen Kollegen. "In der Großflächenreinigung gehört die Zukunft den kleinen Robotern. Reinigungspersonal wird man aber immer brauchen. Reinigungskräfte sind das Um und Auf für Hygiene und Sauberkeit", sagt Wagner. Der Stellenwert von Hygiene habe mit der Corona-Pandemie einen Aufschwung erhalten, der sich hoffentlich nachhaltig verankern lasse, ergänzt Simacek. (Gudrun Ostermann, 21.10.2022)