In Wien gastierte dieses Gemälde im KHM noch als ein "Tizian und Werkstatt" zugeschriebenes – und soll nun bis zu 13 Millionen Euro einspielen.

Foto: Sotheby's

Im Vorfeld der demnächst in London anberaumten Auktionen der Sparte Alte Meister gab Sotheby’s in einer aktuellen Presseaussendung ein kapitales Zugpferd bekannt: Tizians "Venus und Adonis", das am 7. Dezember umgerechnet um die 13 Millionen Euro einspielen soll.

Das Besondere an dem Gemälde? Experten zufolge war es einst in der Sammlung des Prinzen Eugen von Savoyen beheimatet und hing in der Galerie im Oberen Belvedere, genauer in seinem Bildersaal. Entsprechende Hinweise fanden sich demnach in historischer Korrespondenz sowie in einem 1783 transkribierten Katalog zur Sammlung des Prinzen von 1737.

Eine noble Provenienz, die der Forschung bislang nicht bekannt war und zeitgleich dazu führt, dass die Autorenschaft des Gemäldes nun alleinig dem venezianischen Meister zugeordnet wird. Als das Bild zuletzt im Kunsthistorischen Museum (KHM) im Rahmen der im Jänner zu Ende gegangenen Blockbuster-Schau "Tizians Frauenbild" in Wien gastierte, lief die Leihgabe aus englischem Privatbesitz noch unter "Tizian und Werkstatt".

Mehrere Fassungen und Werkstattvarianten

Im zugehörigen Beitrag des Ausstellungskatalogs wurde die Darstellung von "Venus und Adonis" als "berühmteste und am häufigsten reproduzierte" aus Tizians Poesien-Bildzyklus bezeichnet, von der auch verschiedene Versionen existieren. Die Komposition bezieht sich auf die berühmteste Fassung des Themas, die Tizian für Philipp von Habsburg, später Philipp II. von Spanien, malte, die sich heute im Museu Nacional del Prado in Madrid befindet.

Hinzu kommen "mindestens drei Varianten" des Sujets, "die der Meister und seine Werkstatt" in vergleichsweise kurzer Zeit schufen, wie es heißt: eine im Bestand der National Gallery in London sowie jene, die das J. Paul Getty Museum in Los Angeles 1991 für 7,5 Millionen Pfund (exkl. Aufgeld; 10,27 Millionen Euro) bei Christie’s in London ersteigerte.

"Werk von außerordentlicher Qualität"

Die dritte Variante bezeichnete der italienische Kunsthistoriker Thomas Dalla Costa, der zuletzt als Assistenzkurator an der Londoner National Gallery an der Schau "Tizian: Liebe, Sehnsucht, Tod" mitwirkte, als "Werk von außerordentlicher Qualität" und als "die in ikonografischer Hinsicht vollständigste Variante".

Nun kommt das Bild als Tizian ohne Werkstattbeteiligung auf den Markt und könnte wohl deutlich mehr als die kalkulierten Erwartungen (acht bis zwölf Millionen Pfund) einspielen. Der vorläufige Auktionsweltrekord für den Künstler liegt bei 10,65 Millionen Pfund (inkl. Aufgeld; 12,33 Millionen Euro), die Tizians "Sacra Conversazione" (um 1560) aus der Sammlung des deutschen Industriellen Heinz Kisters 2011 bei Sotheby’s einspielte. (Olga Kronsteiner, 21.10.2022)