Marco Odermatt war und ist die Nummer eins im Riesentorlauf.

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Manuel Feller legte nur einen guten Lauf hin.

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Sölden – Der Skirennsport lebt, unbeeindruckt von der Klimakrise, dem erstaunlich schnell abschmelzenden Rettenbachgletscher und der umliegenden Steinwüste in hochalpinem Gelände weit oberhalb Söldens. Und der Favorit Marco Odermatt hat unbeeindruckt von der Konkurrenz geliefert und mit einer Demonstration seinen Coup aus dem Vorjahr wiederholt. Der 25-jährige Schweizer gewann den Riesentorlauf in 2:04,72 Minuten vor dem Slowenen Zan Kranjec (+0,76) und dem Norweger Henrik Kristoffersen (0,97).

Aus österreichischer Sicht verlief der Auftakt mau. Während Manuel Feller (1,81) von Platz fünf auf 16 zurückfiel, kam Marco Schwarz (1,68) nicht über Rang 13 hinaus. Patrick Feuerstein belegte den 22. Platz, Vincent Kriechmayr wurde 27. Der dreifache Olympiasieger Matthias Mayer rutschte im ersten Lauf am Innenski aus und scheiterte wie auch Dominik Raschner.

Odermatt gab sich hernach gewohnt geerdet: "Es ist schön, zurück zu sein. Ich musste im Kopf bereit sein und den Kampf annehmen. Ein Sieg ist schon perfekt." Feller haderte: "Vielleicht war es ein bisschen Zu-viel-Wollen. Im Steilhang war kein einziger runder Schwung dabei."

Fehlende Kapazunder

Mit Stefan Brennsteiner und Roland Leitinger fehlten allerdings zwei ÖSV-Asse in dieser Disziplin. Brennsteiner, zuletzt Vierter beim Weltcupfinale in Méribel, fehlte wegen einer beim Training erlittenen Knieverletzung. Für Leitinger, Vizeweltmeister 2017 in St. Moritz, kam ein Comeback nach seinem Kreuzbandriss noch zu früh. Vergangene Saison hatte er sich in Sölden als Zweiter nur um sieben Hundertstel Odermatt beugen müssen. Im Dezember in Val d’Isère sollen Brennsteiner und Leitinger aber wieder am Start stehen.

Stark präsentierten sich die Norweger. Hinter Kristoffersen reihten sich Lucas Braathen und Rasmus Windingstad auf den Plätzen vier und fünf ein. Braathen hatte 2020 in Sölden gewonnen. Erstaunlich schwach war ein zweifacher Sölden-Sieger: Alexis Pinturault musste sich mit Platz 20 begnügen.

Odermatt hat mit seinem achten Erfolg in einem Riesentorlauf das Dutzend an Weltcuperfolgen vollgemacht und sich das Preisgeld von 50.000 Schweizer Franken (rund 50.8000 Euro) gesichert. Vergangene Saison hatte der Dominator der Szene fünf einschlägige Rennen auf dem Weg zum Triumph im Gesamtweltcup für sich entschieden. Er gilt nicht zuletzt wegen des Erfolgs am Sonntag auch diesmal wieder als der Favorit auf den Gewinn großen Kristalls.

Erfolg für Hirscher

Sensationell verlief die Premiere im Weltcup für die neue Skimarke Van Deer – Red Bull Sports von Marcel Hirscher. Der achtmalige Gesamtweltcupsieger stattet seinen einstigen Widersacher Kristoffersen seit dieser Saison mit Rennlatten aus.

14.500 Zuschauerinnen und Zuschauer sorgten für die zweitgrößte Kulisse der seit 1993 in Sölden ausgetragenen Rennen. Sie wurden durch in Mark und Bein dringende Discorhythmen, Schweizer Kuhglocken und lokale Blasmusik auf den prall gefüllten Rängen mehr oder weniger euphorisiert.

Sorgen

Mit dutzenden Freiwilligen haben die Veranstalter die Piste nach einer Abkühlung am Samstag wieder in einen renntauglichen Zustand versetzt, nachdem der Auftakt der Frauen am Samstag nach einer Störung mit Regen- und Schneefällen wegen aufgeweichter Piste abgesagt werden musste. Erstmals seit 2006 konnte am Rettenbachferner kein Frauenrennen steigen. Die Männer mussten zuletzt 2017 und 2018 unverrichteter Dinge aus Sölden abreisen. Dass überhaupt ein Rennen stattfinden konnte, verdankt die Veranstaltung einem kurzen Kälteeinbruch im September, der nicht nur etwas Neuschnee mit sich brachte, sondern auch eine Beschneiung der Strecke mit Start auf 3038 und Ziel auf 2668 Metern ermöglichte. Zusammen mit den Reserven aus den Depots (Snowfarming) konnte eine kompakte Piste geschaffen werden – wenn auch mit enormem Aufwand.

Nicht nach Plan lief es bisher in der Schweiz und in Italien. Die für kommendes Wochenende in Zermatt/Cervinia geplanten zwei Männerabfahrten wurden am Samstag wegen Schneemangels abgesagt. Auch die eine Woche später am selben Ort geplanten zwei Abfahrten der Frauen wackeln gehörig. Ob eine Premiere der länderübergreifenden Rennen mit Start in der Schweiz und Ziel in Italien stattfinden kann, entscheidet sich bei der Schneekontrolle am Dienstag.

Fest steht schon jetzt, dass die Saison alles andere als optimal beginnt, nachdem drei von vier Rennen abgesagt werden mussten. Der Klimawandel lässt grüßen. (Thomas Hirner aus Sölden, 23.10.2022)

Enstand des Riesentorlaufs in Sölden:

1. Marco Odermatt (SUI) 2:04,72
2. Zan Kranjec (SLO) 2:05,48 +0,76
3. Henrik Kristoffersen (NOR) 2:05,69 +0,97
4. Lucas Braathen (NOR) 2:05,82 +1,10
5. Rasmus Windingstad (NOR) 2:05,83 +1,11
6. Tommy Ford (USA) 2:05,88 +1,16
7. Loic Meillard (SUI) 2:05,91 +1,19
8. Alexander Schmid (GER) 2:06,09 +1,37
9. Stefan Hadalin (SLO) 2:06,10 +1,38
10. Thibaut Favrot (FRA) 2:06,12 +1,40
11. Victor Muffat-Jeandet (FRA) 2:06,34 +1,62
12. Filip Zubcic (CRO) 2:06,39 +1,67
13. Marco Schwarz (AUT) 2:06,40 +1,68
14. Leif Kristian Nestvold-Haugen (NOR) 2:06,51 +1,79
15. Trevor Philp (CAN) 2:06,52 +1,80
16. Manuel Feller (AUT) 2:06,53 +1,81
17. Erik Read (CAN) 2:06,59 +1,87
18. Atle Lie McGrath (NOR) 2:06,70 +1,98
19. Alexander Steen Olsen (NOR) 2:06,75 +2,03
20. Alexis Pinturault (FRA) 2:06,81 +2,09
21. Gino Caviezel (SUI) 2:06,85 +2,13
22. Patrick Feurstein (AUT) 2:06,88 +2,16
23. Adam Zampa (SVK) 2:07,01 +2,29
24. Mathieu Faivre (FRA) 2:07,08 +2,36
25. Livio Simonet (SUI) 2:07,28 +2,56
26. River Radamus (USA) 2:07,61 +2,89
27. Vincent Kriechmayr (AUT) 2:08,84 +4,12
28. Giovanni Borsotti (ITA) 2:10,47 +5,75

Weiter: 38. Raphael Haaser (AUT), 55. Thomas Dorner (AUT)

Ausgeschieden im 1. Durchgang: Dominik Raschner (AUT), Matthias Mayer (AUT), Luca de Aliprandini (ITA), Stefan Luitz (GER)

Ausgeschieden im 2. Durchgang: Joan Verdu (AND), Aleksander Aamodt Kilde (NOR)