Die überaus harte Ballettausbildung steht mittlerweile in vielen Institutionen auf dem Prüfstand.

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Basel – Zahlreiche Schülerinnen der Ballettschule Theater Basel berichteten in den vergangenen Jahren von Quälereien und Beschimpfungen im Unterricht. Die Basler Aufsichtsbehörden haben deswegen mehrere Gespräche mit der Schulleitung geführt, welche die Vorwürfe aber allesamt bestreitet. Der Sprecher des Basler Erziehungsdepartements (ED) bestätigte am Sonntag, dass die kantonalen Aufsichtsbehörden von mehreren Schülerinnen mit Missbrauchs-Vorwürfen konfrontiert worden seien.

Über die gehäuften Missbrauchs- bzw. Misshandlungsfälle haben die "NZZ am Sonntag" und das Basler Online-Medium Bajour berichtet. Das Sportamt habe im Rahmen von Leistungsvereinbarungsgesprächen in den von vielen Ballettschülerinnen besuchten Sportklassen von den Vorwürfen erfahren, so der ED-Sprecher weiter. In den vergangenen zehn Jahren habe man deswegen sieben bis acht Mal mit der Leitung der Ballettschule gesprochen. Das Sportamt habe aber darüber hinaus keine Handlungsbefugnis gehabt.

Die "NZZ am Sonntag" und das Basler Online-Medium Bajour stützen sich in ihrem Bericht auf Aussagen von über 30 ehemaligen Schülerinnen. Diese berichten über regelmäßige Demütigungen und Beschimpfungen sowie übermäßigen Leistungsdruck mit der Folge von Ermüdungsbrüchen und massiven Essstörungen.

Abmagerung bis zum Spital

In einzelnen Fällen soll es darüber hinaus zu anzüglichem Verhalten von Lehrpersonen gekommen sein. Viele der Frauen hätten während der Ausbildung an der Ballettschule keine Menstruation gehabt. Eine Schülerin habe gar völlig abgemagert ins Spital eingeliefert werden müssen.

Die Leitung der Ballettschule bestreitet im Bericht der beiden Medien sämtliche Vorwürfe. Die Ballettschule Theater Basel ist eine von nur zwei Institutionen in der Schweiz, die eine Berufslehre zu Bühnentänzerinnen und -tänzer mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis anbieten. Die zweite ist die Tanz-Akademie Zürich.

Auch diese ist mit vergleichbaren Vorwürfen konfrontiert, wie die deutsche Wochenzeitung "Die Zeit" im Juni publik machte. Die Akademie hat inzwischen eine Administrativuntersuchung eingeleitet, das Leitungsteam hat seine Ämter niedergelegt.

Mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert sieht sich schließlich auch das Berner Ballett. Dort sei es im vergangenen Jahr zu sexuellen Belästigungen gekommen, berichteten mehrere Medien. Inzwischen sei ein Ballettmitarbeiter entlassen worden, während die Direktion der Bühnen Bern den Vorwürfen weiter nachgehen will.

Bei den Schweizer Fällen handelt es sich nicht um die ersten dieser Art: Im Frühjahr 2019 waren bereits in Österreich, konkret im Nachwuchsbereich des Wiener Staatsopernballetts, Missstände bekannt geworden. (APA, 24.10.2022)