Elisabeth M. hatte vor allem Angst, während der Chemotherapie die Augenbrauen zu verlieren. Catharina Flieger zeigte ihr, wie sie das Fehlen der Härchen mit Make-up kaschieren kann.

Foto: Birgit Machtinger/feel again

Bekommt man die Diagnose Krebs, ist das zuerst einmal ein großer Schock. Plötzlich dreht sich alles um die Krankheit und um die Hoffnung, wieder gesund zu werden. Dafür ist häufig eine Chemotherapie nötig. Die ist aber nicht nur physisch eine Belastung, viele Frauen beeinträchtigt sie auch psychisch. Sie haben unter anderem Angst vor den äußeren Folgeerscheinungen wie Hautveränderungen oder dem Verlust der Haare.

In dieser Situation wollen Catharina Flieger und Birgit Machtinger den Frauen zur Seite stehen. Die Make-up-Artistin und die Fotografin haben deshalb den Verein Feel Again gegründet. "Wir haben selbst Krebserkrankungen im Freundes- und Familienkreis. Da haben wir gesehen, wie wichtig Hilfe in dieser Situation ist, egal in welcher Form", erklärt Flieger. Im September 2018 gründeten sie deshalb ihr nunmehriges Herzensprojekt:

Flieger und Machtinger bieten kostenlose Make-up-Kurse mit anschließendem Fotoshooting für an Krebs erkrankte Frauen an. Dabei geht es oft gar nicht nur ums Schminken und um die Fotos, wie Catharina Flieger erzählt: "Die Frauen kommen nicht wegen eines rosa Lidschattens zu uns. Was wir versuchen, ist, den Frauen die Hand zu reichen und zu sagen, ihr seid nicht allein."

Wichtiger Austausch

Das war auch für Teilnehmerin Elisabeth M. das Besondere. Sie erhielt vor einem Jahr die Diagnose Brustkrebs. "Ich hatte neben den gesundheitlichen Sorgen wirklich Angst davor, wie ich ohne Augenbrauen aussehen werde", erzählt sie. Kurz nach der Diagnose erfuhr sie von Feel Again und meldete sich gleich an. "Leider habe ich nicht sofort einen Platz bekommen und stand erst mal auf der Warteliste."

Sie besorgte sich in dieser Zeit sämtliche Utensilien, die womöglich die fehlenden Augenbrauen kaschieren könnten. "Ich habe alles gekauft, von Stempeln über Stifte bis hin zu Augenbrauen-Tattoos. Aber nichts hat mich wirklich überzeugt," erzählt die 37-Jährige. Als sie dann endlich einen Platz im Make-up-Kurs von Catharina Flieger bekam, war die Chemotherapie bereits abgeschlossen, und auch die ersten Haare kamen wieder zurück. "Ich habe zuerst überlegt, ob es überhaupt noch Sinn macht hinzugehen. Aber jetzt bin ich sehr froh, dass ich mich dafür entschieden habe."

Denn die Schminktipps vom Profi und das anschließende Fotoshooting haben ihr neuen Mut gegeben. Vor allem aber der Austausch mit anderen Frauen, die gerade eine ähnliche Situation durchmachten, hat den Nachmittag so besonders gemacht. "Das Schminken war super, aber eigentlich spielte es fast schon eine Nebenrolle. Das Wichtigste war für mich, andere Frauen zu treffen, die in einer ähnlichen Situation sind. Manche waren gerade mittendrin in der Chemotherapie, andere bereits fertig, so wie ich", erzählt Elisabeth M.

Auch Catharina Flieger weiß, wie wichtig der Austausch zwischen den Frauen ist: "Es gibt auch Damen, die schminken sich so gut wie gar nicht, formen aber neue Freundschaften. Eine Teilnehmerin hat einmal zu mir gesagt: Freunde und Familie können dich zwar auffangen, aber wirklich verstehen kann dich nur jemand, der auch so etwas durchgemacht hat."

Mehr Anfragen als Plätze

Derzeit befinden sich über 50 Frauen auf der Warteliste von Feel Again. Flieger erklärt: "Die Nachfrage ist so groß, wir könnten locker viel mehr Kurse veranstalten. Aber leider fehlen uns dazu die nötigen Sponsoren." Da die Kurse gratis angeboten werden, finanziert sich der Verein rein aus Spendengeldern und Sponsoren. Gern würden die Initiatorinnen Kurse in ganz Österreich anbieten, denn auch aus Tirol haben sie mittlerweile Anfragen bekommen. "Wir sind im Moment leider nur im Burgenland, in Wien und Niederösterreich tätig. Die Reise- und Übernachtungskosten wären einfach zu hoch," sagt Flieger.

"Uns schreiben so viele Frauen, dass sie gern teilnehmen möchten, aber wir müssen ganz viele auf die Warteliste setzen," erklärt Flieger. Aber sie betont auch, "egal ob wir weiterwachsen können oder nicht, eines ist für uns beide klar: Feel Again wird es immer geben. Es ist einfach unser Herzensprojekt." (Jasmin Altrock, 25.10.2022)