Wird der Traum vom Eigenheim ein solcher bleiben? Nach den Immopreisen steigen nun auch die Kreditkosten stark an.

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Die besten Jahre für die Käufer von Wohnimmobilien dürften in Österreich fürs Erste vorbei sein. Die jahrelange Nullzinsphase hat enorm günstige Finanzierungen ermöglicht, was zu einem Höhenflug am Wohnungsmarkt geführt hat. Doch inzwischen hat der Wind gedreht. Der weltweite Inflationsschub hat zu einer Trendwende bei den Zinsen geführt, die derzeit geradezu emporschnellen. Das bedeutet aber auch, dass die Zeit des billigen Geldes vorbei ist – sowohl variabel verzinste als auch neu vergebene Wohnbaukredite werden empfindlich teurer.

Am Donnerstag wird die Europäische Zentralbank (EZB) neuerlich an der Zinsschraube drehen. Seit Juli hat sie den Leitzins bereits von null auf 1,25 Prozent angehoben, nun erwarten Finanzprofis mehrheitlich einen weiteren großen Zinsschritt um einen Dreiviertelprozentpunkt. Aber was bedeutet das für Wohnfinanzierungen, wenn der Leitzins dann wahrscheinlich schon bei zwei Prozent liegt und vermutlich auch weiter stark steigen wird? Denn insgesamt haften noch 134,7 Milliarden Euro an Wohnbaukrediten aus, von denen etwa 30 bis 40 Prozent variabel verzinst werden.

Geschenktes Geld

Im Dezember 2021 sind die Topkonditionen bei variablen Zinsen noch bei 0,25 Prozent gelegen. "Das war geschenktes Geld. Es gab fast keinen Zinsaufwand", sagt Andreas Ederer, der bei dem Vergleichsportal Durchblicker die Immobilienfinanzierung leitet. Wie wird ein variabler Kredit verzinst? Dieser setzt sich aus einem fixen Zinsaufschlag der Bank zuzüglich eines variablen Referenzzinssatzes zusammen. Dazu dient meist der Drei-Monats-Euribor – das sind die Konditionen, zu denen sich Banken untereinander Geld leihen. Inzwischen hat der Drei-Monats-Euribor aber massiv zugelegt und ist von minus 0,6 Prozent auf mehr als 1,5 Prozent gestiegen, den höchsten Stand seit elf Jahren. "Wir haben einen Zinsanstieg um mehr als zwei Prozent", sagt Ederer.

Schlagend wird dies erst etwas zeitversetzt, wenn die variablen Kreditzinsen angepasst werden. Im Oktober wurden bereits zwei Prozent an variabler Verzinsung fällig – Tendenz steigend. Abhängig vom Ausmaß der EZB-Zinsschritte geht Ederer davon aus, dass die variablen Kreditzinsen bis Mitte des nächsten Jahres 3,375 bis 3,875 erreichen werden – also im Mittel einen um gut 1,5 Prozentpunkte mehr als derzeit. Das kann bei den Kreditraten schnell ins Geld gehen.

Massive Mehrbelastung

Ederer rechnet vor: Bei einem variablen Kredit über 300.000 Euro mit 30 Jahren Laufzeit würden derzeit bei zwei Prozent Verzinsung monatlich 1.113 Euro fällig. Sollten die Zinsen um die erwarteten 1,5 Prozentpunkte zulegen, würde dies die Kreditrate um 329 Euro erhöhen. "Das ist eine massive Mehrbelastung, die in vielen Haushalten zu Problemen führen wird", sagt Ederer – zumal auch Mehrkosten für Energie anfallen.

Zum Vergleich: Bei diesem Rechenbeispiel werden bei einer Umschuldung auf einen 25-jährigen Fixzinskredit Ederer zufolge etwa 3,75 Prozent fällig. "Damit kann man das Zinsrisiko komplett ausschalten."

Keine Einbahnstraße

Allerdings gibt Achim Kaucic, Finanzexperte der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group, zu bedenken, dass die Zinserhöhungen der EZB eine Gratwanderung zwischen Inflationsbekämpfung und nachlassendem Wachstum seien. "Es kann sein, dass die Zinsen in zwei Jahren wieder sinken werden, weil die EZB zu stark auf die Bremse gestiegen ist", gibt er zu bedenken.

Allerdings haben die höheren Zinsen und die seit August strengeren Vergaberichtlinien für Kredite schon eine Bremsspur im Neugeschäft hinterlassen. "Bei den Baufinanzierungen sieht man derzeit einen deutlichen Einbruch", sagt Kaucic. Dennoch erwartet er künftig keinen breiten Rutsch der Immobilienpreise, sondern eine Seitwärtsbewegung.

Laut Oesterreichischer Nationalbank weisen auch die Banken Anfragen nach Wohnkrediten nun immer öfters zurück. Davon berichtet auch Durchblicker-Experte Ederer – wobei ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner bereits eine Überarbeitung der strengeren Kreditvergaberichtlinien für die Banken bei der Finanzmarktaufsicht angeregt hat. (Alexander Hahn, 26.10.2023)