Sebastian Kurz trug im Rahmen einer Privataufführung für ausgewählte Journalisten einen Text vor, in dem er sich selber spielte.

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Das Geständnis von Thomas Schmid wird uns noch lange Zeit beschäftigen und zum Nachdenken anregen. Es scheint nicht ganz unwahrscheinlich, dass unsere Justiz einigen hochrangigen Politikern, Ex-Politikern, Austro-Oligarchen und Zeitungsherausgebern sogar die Möglichkeit geben wird, in geschlossenen Nachdenk-Räumen, von der Öffentlichkeit nur durch gelegentliche Besuche zu geregelten Besuchszeiten gestört, über die von Schmid beschriebenen Sachverhalte zu reflektieren.

Bis dahin kann man sich jetzt schon am theatralischen Wert so mancher Reaktion der von den Enthüllungen Betroffenen erfreuen.

Elitärer Zugang der Kunstvermittlung

Einen ersten Höhepunkt setzte dabei Sebastian Kurz, der sich für einen elitären Zugang der Kunstvermittlung entschied, indem er im Rahmen einer Privataufführung für ausgewählte Journalisten einen Text vortrug, in dem er sich selber spielte. Wie er diese Rolle angelegt hat, ist nicht überliefert.

Ich könnte mir bei ihm einen Method-Acting-Ansatz vorstellen, bei dem der Schauspieler ausschließlich eigene persönliche Erfahrungen in die Rollengestaltung einbringt, denn schließlich hat er in seinem bisherigen Leben nichts auch nur annähernd so gründlich studiert wie die Rolle "Sebastian Kurz".

Verteidigungslinie mit Comedy-artigen Elementen

Denkbar aber auch, dass er bei dieser Inszenierung endgültig zu seiner eigenen Parodie wurde. Dafür spricht, dass die bisherige Verteidigungslinie des Ex-Kanzlers Comedy-artige Elemente erkennen lässt. So versuchte er den Vorwurf, wonach er Mittel aus dem Budget des Finanzministeriums missbräuchlich verwendet hätte, mit dem Argument zu widerlegen, er hätte doch zu dem fraglichen Zeitpunkt über Mittel des Außenministeriums verfügen können. Das erinnert an einen des Ladendiebstahls in der Shopping City Süd Verdächtigten, der diesen Verdacht zu zerstreuen meint, indem er darauf hinweist, dass er zum fraglichen Zeitpunkt doch in der Nähe der Shopping City Nord gewohnt hätte.

Nicht viel ernster zu nehmen ist der von der ÖVP nun forcierte Krisen-PR-Spin. In einer Art Gegenthese zu Van der Bellens "So sind wir nicht" versuchen die Vormals-Türkisen Ämterkorruption und Steuer-Interventionen als in allen Parteien gleichermaßen praktiziertes Verhalten darzustellen. Eine Botschaft, für deren Verbreitung die üblichen Tag- und Mitlöhner des heimischen Zudeckungs-Journalismus Kurierdienst leisten. Interessanterweise veröffentlichen österreichische Medien aber nichts mit dieser ÖVP-Nebelgranate Vergleichbares zum Thema Journalismus. Die Aussage "So wie die Fellners sind wir doch alle, deren Pech ist lediglich, dass sie erwischt wurden" war bislang noch nirgends zu lesen. Und das ist gut so, denn im Journalismus sind ebenso wenig alle gleich verkommen wie in der Politik.

Doch vielleicht könnten die Medien dieses Landes ihre jeweils unterschiedlichen Einstellungen zu der Frage "Sind wir auch so?" den als Regierungsinseraten-Finanziers nach wie vor hochaktiven Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gegenüber ein wenig transparenter machen. Und das am besten, noch bevor sich die Justiz damit beschäftigt und man sich unversehens im eingangs erwähnten Nachdenk-Raum in unliebsamer Nachbarschaft zu ehemaligen Konkurrenten befindet. (Florian Scheuba, 27.10.2022)