Erstmals in der langen Prozessgeschichte der MEL-Anlegerverfahren muss Julius Meinl V. persönlich Schadenersatz leisten.

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Die Anlegercausa Meinl European Land (MEL) fällt nun erstmals auf Julius Meinl V. persönlich zurück. Julius Lindbergh Meinl, heute 63 Jahre alt, gehörte die frühere Meinl Bank indirekt, er war ihr Vorstands- und später ihr Aufsichtsratschef. Am 19. August hat das Oberlandesgericht (OLG) Wien als zweite Instanz entschieden, dass Meinl einem Anleger, der sein Geld in MEL-Zertifikate gesteckt hatte, persönlich Schadenersatz leisten muss. Das erschließt sich aus einer im Rechtsinformationssystem (RIS) veröffentlichten Entscheidung; das OLG Wien hat damit ein Urteil des Handelsgerichts Wien bestätigt, gegen das Meinl berufen hatte. Das Urteil ist rechtskräftig, weil Julius Meinl keine außerordentliche Revision beim Obersten Gerichtshof eingebracht hat. Meinl muss dem Anleger nun 42.528,54 Euro Schadenersatz bezahlen, dazu kommen noch Zinsen in der Höhe von vier Prozent und die Prozesskosten.

Der Kläger hatte 2004, 2005 und 2006 bei der Meinl Bank in Summe 4.291 MEL-Zertifikate gekauft, der Kurs der MEL-Papiere stürzte dann bekanntermaßen ab, die Causa MEL nahm ihren Anfang. Tausende Anleger wurden geschädigt, die Bank hat sich in den folgenden Anlegerverfahren mit sehr vielen von ihnen verglichen. Zudem hat die Staatsanwaltschaft Wien ein Ermittlungsverfahren eingeleitet – ein Vorhabensbericht liegt im Justizministerium. Entschieden ist darüber noch nicht, dem Vernehmen nach soll die StA Wien die Einstellung planen. Für die Beschuldigten, zu denen auch Julius Meinl V. zählt, gilt die Unschuldsvermutung.

In die Irre geführt

Der Anleger hat in seiner Klage argumentiert, dass er beim Kauf der Papiere von der Bank in Werbebroschüren in die Irre geführt und getäuscht worden sei – und Julius Meinl V. sei in die Erstellung der Werbung eingebunden gewesen. Ihm sei "bewusst gewesen, dass die Werbung irreführend" sei, trotzdem habe er "ihre Verbreitung angeordnet". Das Handelsgericht gab dem Kläger recht, der Zweitbeklagte, Julius Meinl V. habe die "Irreführungseignung der Werbung gekannt und gewusst, dass sie für die Anlageentschlüsse der Käufer entscheidend" sei.

Zudem seien auch die Ad-hoc-Meldungen "unrichtig und irreführend" gewesen, unter anderem, weil nicht erwähnt war, dass die damalige Meinl Bank (später als Anglo Austrian Bank AAB in Konkurs gegangen) selbst 42 Prozent der damals platzierten Kapitalerhöhung gezeichnet hatte. Julius Meinl V. legte Berufung ein – der das OLG Wien nicht stattgegeben hat.

Familienname als Beweis

Seine Entscheidung begründet es u. a. damit, dass dem Ex-Banker "die Werbelinien und die Werbebroschüren bekannt waren (…)", die Beweiswürdigung des Handelsgerichts dazu sei überzeugend. Es sei erwiesen, dass er über die Gestaltung der Werbebroschüren informiert gewesen sei, "weil immerhin auch massiv mit seinem Familiennamen geworben wurde – er also nicht nur als Vorstandsvorsitzender der Erstbeklagten (der Bank; Anm.), sondern auch persönlich betroffen war". Julius Meinl V. hafte als Mittäter für die irreführenden Informationen – umso mehr, als er es "unterlassen hat, trotz Kenntnis und trotz seiner Befassung darauf hinzuwirken, dass über die Kapitalerhöhungen zutreffende Ad-hoc-Meldungen verbreitet werden".

Es könnte sein, dass Julius Meinl V. noch mehr Schadenersatz leisten muss. Das OLG Wien hat bereits mehrere Entscheidungen in ähnlichen Fällen getroffen – diese sind aber noch nicht veröffentlicht. (Renate Graber, 27.10.2022)