Foto: Philipp Lipiarski

Ein Ort der Begegnung, der kreativen Entfaltung oder des Ideenreichtums: Bürogebäude sind heute nicht mehr das, was sie noch vor wenigen Jahren waren. Heute muss ein Office mehr bieten als einen eigenen Tisch, Sessel und eine Kaffeemaschine in der Teeküche. Um junge Menschen dafür zu begeistern, sich wieder aus dem gemütlichen Homeoffice in die Büros zu motivieren, wagen es einige Unternehmen bereits, ihre Arbeitsplatzkonzepte neu zu denken.

Sie wollen eine willkommene Alternative zum Zuhause bieten und mehr sein als der fade Schreibtischplatz mit Neonlicht an der Decke. Die Arbeitsstätte soll ein Ort sein, an dem Mitarbeitende das Beste aus sich herausholen, aber auch flexibel sein können. Wo sie sich zurückziehen und allein fokussiert nachdenken können, aber gleichzeitig soll es auch Räume oder Orte geben, an denen Teams gemeinsam Ideen schöpfen.

Inneneinrichtung von Tchoban Voss Architekten in Berlin
Foto: Michael Fahrig

New Work braucht neue Räume

Büroräume verwandeln sich also zunehmend in das objektifizierte New Work: Abwechslungsreichere, helle Orte, die sowohl den Austausch als auch den Rückzug zulassen, die aber nicht mehr an diesen einen Ort binden. So wie Hierarchien auch vielerorts immer mehr abgebaut werden, sollen Arbeitsplätze auch nicht mehr strikt getrennt werden, Führungskräfte quasi "auf gleicher Höhe" mit ihren Mitarbeitenden sitzen. Schnellere Arbeitsprozesse, digitale Meetings und sich ständig wandelnde Gegebenheiten machen es für viele Unternehmen unumgänglich, eine resiliente Arbeitswelt für die Angestellten zu schaffen.

Manche versuchen es mit bewegbarem Mobiliar wie Tischen, Stühlen und Rollcontainern, die beliebig getauscht, umgestellt und verräumt werden können. Andere stellen verglaste Kabinen bereit, in denen sich Menschen ungestört unterhalten oder telefonieren können, andere stellen ihren Mitarbeitenden sogar Laufbänder mit Schreibtisch auf. Vor allem IT-Unternehmen, die bekannt für agiles Arbeiten sind, sind meist diejenigen, die ähnlich wie bei Unternehmen im Silicon Valley als Paradebeispiel für den neu konzipierten Arbeitsplatz erscheinen.

Microsoft Österreich in Wien am Wienerberg hat seinen Fokus beim Umbau seiner Räumlichkeiten auf das hybride Arbeiten gelegt, heißt es vom Unternehmen. Räume mit langen Meetingtischen, die immer mit einem großen Bildschirm verbunden sind, um diejenigen dazuschalten zu können, die sich im Home- oder Mobile Office befinden. Bald will das Unternehmen auch einen Meetingraum realisieren, der Menschen, die von einem anderen Ort zugeschaltet sind, fast in Lebensgröße erscheinen lässt und sie somit besser in das Geschehen eingebunden werden sollen.

Wirklich alle Personen eines Teams immer teilhaben zu lassen sollte für Unternehmen generell ein Fokus sein, sagt Christian Korunka, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Wien. "Bei vermehrter Remote-Arbeit ist es besonders wichtig, auf das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden zu achten. Arbeitgeber, die auf das Vermitteln der Unternehmenskultur und die Förderung des Teamspirits vergessen, werden schnell austauschbar." Orte zum Zusammenarbeiten werden breitflächiger, sehen aus wie Cafés in Metropolzentren, in denen Mitarbeitende gemeinsam oder allein mit Laptops arbeiten können.

Mobiliar in der Firma Microsoft Österreich.
Foto: Microsoft Österreich / Anna Blau

Tische teilen, Plätze buchen

Auch der Immobilienzweig von Siemens, Siemens Real Estate, hat sich kürzlich gewandelt, will seinen Mitarbeitern sogenanntes aktivitätsbasiertes Arbeiten ermöglichen. Die Angestellten treffen sich nun in einem Co-Working-Space, der statt mit einzelnen Büroräumen in verschiedene Raumkonzepte unterteilt ist. Ein Café, eine Lounge, eine Bibliothek zum fokussierten Arbeiten und kleinere Einzelkabinen für Telefonate. Bei vielen Umgestaltungen in Büros geht es aber nicht nur darum, die Kreativität und den Teamgeist zu fördern.

Seitdem das Homeoffice vielerorts zur Normalität geworden ist, müssen sich zahlreiche Arbeitgeber neue Platzaufteilungen ausdenken. Es wird weniger Raum benötigt, die Arbeitsplätze werden kompakter und effizienter verteilt. "Desk-Sharing" und "Hot Desking", also das Teilen von Arbeitsplätzen je nach Verfügbarkeit und Anwesenheit, wird immer häufiger umgesetzt. Digitale Apps wie Liz Booker oder Deskbird können Mitarbeitende als Tools verwenden, um einzutragen, an welchen Tagen sie im Büro vor Ort sind – und können sich einen Tisch reservieren.

Möbel im Unternehmen Uniqa
Foto: UNIQA

Klimafreundlich auch im Büro

Zu einem modernen Arbeitgeber gehört vor allem für junge Menschen vermehrt dazu, dass das Gebäude und die Einrichtung umweltfreundlich gestaltet werden. Gerade hat der Energiekonzern Vattenfall in Berlin seine neue Zentrale fertiggestellt und will als solches Beispiel gelten. Es betitelt sich selbst als größtes Haus in Deutschland mit CO2-sparender Holzhybrid-Bauweise. Durch den Einsatz von Biomethan soll das Gebäude CO2-neutral heizen. Tractive, ein Unternehmen im österreichischen Pasching, das technische Geräte für Haustiere entwickelt, versuchte es ebenfalls mit naturnaher Einrichtung und Angeboten. An das Bürogebäude grenzt ein Waldstück, in welchem Meetingpfade gebaut wurden. Mitarbeitende sollen sich also beim Spazierengehen geschäftlich unterhalten können.

Energiesparen als neue Hierarchie

Wegen der steigenden Energiepreise und der Teuerung bei Papier und anderen Materialien wird das Sparen in Unternehmen unumgänglich eine Priorität werden. Im Gegensatz zu Österreich gibt es in Deutschland bereits seit September ein Stromspargesetz. Öffentliche Büros dürfen nur bis zu 19 Grad vorweisen, Arbeitsstätten für schwere körperliche Tätigkeiten nur zwölf Grad. Leuchtreklamen sollen ab 22 Uhr abgedreht werden, Geschäftstüren nicht mehr dauerhaft geöffnet sein.

Auch in Österreich kündigte die Bundesministerin für Energie, Leonore Gewessler an, die 19-Grad-Regel für öffentliche Büros einführen zu wollen. Bis jetzt gibt es zwar noch keine offiziellen Gesetze, einige Unternehmen setzen aber bereits Maßnahmen. Eine Brauerei in Wien recycelt ihr Warmwasser für die Brauprozesse am nächsten Tag. Eine Tischlerei teilt sich den Arbeitsplatz mit einer anderen Firma und somit auch die Energiekosten.

Beleuchtung, die Strom spart

Ein EDV-Beratungsunternehmen in Vorarlberg schaltet bei Nichtnutzung immer alle Geräte ab und wendet sparsame Server an. Für Licht empfehlen sich eher LED-Leuchten, denn sie gelten als energieeffizienter. Die Uniqa-Versicherung hat dafür Lichtsteuerungen mit LED-Lampen verbauen lassen. Und seit gut zwei Monaten bleibt auch die Fassadenbeleuchtung am Uniqa-Tower ausgeschaltet. Im Hauptsitz des Telekommunikationsanbieters A1 in Wien hat man sich dem Unternehmen zufolge auf den sieben Stockwerken bereits gut auf das Kostensparen vorbereitet.

Beim Umbau vor ein paar Jahren habe man bereits effizientere Systeme verbaut. Neben Bewegungsmeldern und abschaltbaren Steckerleisten gebe es effizientere Kühldecken. Bei der Uniqa wird hingegen auch Altes wieder aufgewertet: Bestehendes Equipment wurde umgestaltet, und Elemente der bisherigen Büromöbel – wie etwa Altmetall oder Tischgestelle – sollen nun als aufgewertete Recyclingprodukte weiterverwendet werden. (Melanie Raidl, 23.11.2022)