Im Gastblog zeigt Johannes Huber, welche mathematischen Fragen in Zusammenhang mit dem Klimabonus gestellt werden können.

Der sogenannte Klimabonus ist eine finanzielle Maßnahme der Regierung, die aus den Einnahmen der CO2-Abgabe finanziert wird und heuer an alle Menschen ausbezahlt wurde, die in diesem Jahr für mindestens sechs Monate ihren Hauptwohnsitz in Österreich hatten. Dem Großteil der Bevölkerung wurde der Betrag von 500 Euro direkt aufs Konto überwiesen, während er dem Rest in Form von Sodexo-Gutscheinen per Post zugestellt wurde.

Der Klimabonus: ein Thema für die Mathematik?
Foto: https://www.klimabonus.gv.at/#a1

Wie viele bekommen die Hälfte?

Kinder und Jugendliche erhalten jedoch nur 250 Euro. Um herauszufinden, wie viele das sind, können wir ein Gleichungssystem mit x für Erwachsene und y für Kinder und Jugendliche aufstellen. Wir wissen, dass es 1.) zusammen insgesamt 8.683.856 Personen sind und 2.) insgesamt 3.987.017.000 Euro ausbezahlt wurden:

Es müssten also 1.419.644 Kinder und Jugendliche sowie 7.264.212 Erwachsene sein.

Wann haben alle den Klimabonus?

Der Geschäftsführer des für die Auszahlungen zuständigen Unternehmens hat behauptet, dass jeden Tag 300.000 Überweisungen durchgeführt werden und die Abwicklung aller Zahlungen deshalb 25 Tage dauern wird. Wenn wir die Anzahl der Leute durch die angegebene Anzahl an Transaktionen pro Tag teilen, kommen wir tatsächlich auf ungefähr 25 Tage:

Da viele Leute (mich selbst eingeschlossen) ihr Geld allerdings erst nach dem 25. September überwiesen bekommen haben, gehe ich davon aus, dass damit Werktage gemeint sind. Das würde insofern auch Sinn ergeben, da das Wochenende und Feiertage keine Bankarbeitstage sind. Demnach wäre der letztmögliche Tag der 5. Oktober, was auch mit der Behauptung, die Zahlungen werden in der ersten Oktoberwoche abgeschlossen sein, zusammenpassen würde.

Allerdings bekam eine zufällig ausgewählte Gruppe von 300.000 Personen für die Pilotphase bereits Ende August ihr Geld. Dadurch schrumpft die Menge der Leute, und das Datum verschiebt sich eigentlich auf den 4. Oktober nach vorne. Nichtsdestotrotz kann es sein, dass die letzten Überweisungen vor Ablauf der angekündigten Zeitspanne in die Wege geleitet wurden, auch wenn das Geld dann noch nicht auf allen Konten angekommen ist. Somit wäre die Aussage also grundsätzlich nicht als falsch zu werten.

Wie lange wird gewartet?

Um zu klären, wie lange man durchschnittlich auf den Erhalt des Klimabonus warten muss, berechnen wir den Erwartungswert. Das entsprechende Ereignis ist der Tag, an dem das Geld da ist. Wir gehen davon aus, dass jede Person die gleiche Wahrscheinlichkeit hat, ausgewählt zu werden (in Wirklichkeit hängt die Reihenfolge davon ab, wie schnell die Daten übermittelt wurden). Diese erhalten wir, indem wir die Anzahl der Transaktionen (günstige Fälle) durch die Anzahl der Grundgesamtheit (mögliche Fälle) dividieren. Doch bevor wir das tun, runden wir die Grundgesamtheit auf ungefähr 7,5 Millionen, um den Rechenweg zu vereinfachen.

Nun berechnen wir die Wahrscheinlichkeiten für die einzelnen Tage. Dabei fällt auf, dass sich die Zähler und Nenner jeweils gegenseitig aufheben, da die Grundgesamtheit ja mit jedem weiteren Tag schrumpft, bis alle ihr Geld bekommen haben:

Nun haben wir alles beisammen, um den Erwartungswert zu berechnen:

Wir müssen im Schnitt also 13 Tage oder – in anderen Worten – etwa die Hälfte der veranschlagten Bearbeitungszeit warten, bis wir unser Geld bekommen. Wenn wir uns das Ganze anders überlegen, ist es nicht weiter verwunderlich, da die eine Hälfte der Bevölkerung ihr Geld vor und die andere nach der Hälfte der Zeit bekommt. Im Schnitt ist die Wartezeit dann klarerweise die Hälfte. (Johannes Huber, 31.10.2022)