Unweit des Stadtplatzes von Wels wurde die umstrittene Venus-Statue aufgestellt. Ein Artikel darüber hat nun zivilrechtliche Folgen für Vizebürgermeisterin Christa Raggl-Mühlberger.

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Die Welser Vizebürgermeisterin Christa Raggl-Mühlberger hat eine Niederlage in einem Zivilprozess gegen die Sozialistische Jugend (SJ) eingefahren. Christa Raggl-Mühlberger behauptete in einem Artikel in den "Oberösterreichischen Nachrichten", in den 1990er-Jahren hätte die Sozialistische Jugend gefordert, ihre Familie solle aus der Stadt verschwinden. Gegen diese Behauptung klagte die SJ, forderte Unterlassung und Widerruf und bekam in einem Urteil des Welser Landesgerichts nun recht. Die FP-Politikerin nimmt das Urteil nicht hin und legt Berufung ein. "Wir gehen auf alle Fälle in die nächste Instanz. Jetzt sind wir schon so weit gegangen, jetzt gehen wir auch weiter", sagt Raggl-Mühlberger zum STANDARD.

Hintergrund der Äußerung war ein Artikel in den "Oberösterreichischen Nachrichten" am 29. April 2021 über die Nachbildung der Venus von Wels. Ein prominent besetztes Personenkomitee forderte, diese Statue zu entfernen, da in der NS-Zeit bronzene Nachbildungen dieser Statue an Nazigrößen verliehen wurden. In dem Artikel wurden Parallelen zur Umbenennung einer Turnhalle, die nach dem NSDAP-Funktionär Moritz Etzold benannt war, in den 1990er-Jahren gezogen. Raggl-Mühlbergers Vater war damals Funktionär des Welser Turnvereins. In diesem Zusammenhang äußerte die Vizebürgermeisterin die Behauptung: "Damals hat die Sozialistische Jugend ernsthaft gefordert, meine Familie sollte aus der Stadt verschwinden."

Sozialistische Jugend reichte Klage ein

Die Aussage der FPÖ-Politikerin löste vehementen Widerspruch aus. "Das ist nie passiert, eine krasse Unwahrheit", sagt Robert Eiter, der Sprecher des OÖ Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus, der damals in der SJ in Wels aktiv war. Die aktuelle Landesvorsitzende der SJ, Eva Reiter, betont: "Für uns war klar, dass wir uns eine solche Rufschädigung nicht gefallen lassen. Undemokratische und unmenschliche Methoden haben wir immer abgelehnt."

Die SJ machte der FPÖ-Politikerin zunächst das Angebot, in den "OÖ Nachrichten" die Behauptung zurückzunehmen und sich zu entschuldigen. Doch darauf ging die Vizebürgermeisterin nicht ein. "Das hätte bedeutet, ich hätte sagen müssen, dass ich gelogen habe. Ich habe aber nicht gelogen", betont Raggl-Mühlberger.

Die SJ beauftragte daraufhin mit Unterstützung der SPÖ-Landespartei den Rechtsanwalt Heinrich Oppitz. Nach einer erneuten Aufforderung zum Widerruf reichte dieser schließlich Klage ein. Im sogenannten Provisorialverfahren über die einstweilige Verfügung entschieden alle Instanzen für die SJ. Der Oberste Gerichtshof verwies die Causa dann an das Landesgericht Wels.

Widerruf und Übernahme der Verfahrenskosten

Dort gab Richterin Christina Gumpolsberger ebenfalls der SJ als Klägerin recht. Raggl-Mühlberger habe es von nun an zu unterlassen, die Behauptung oder Ähnliches aufzustellen oder zu verbreiten, heißt es im Urteil des Landesgerichts Wels, das dem STANDARD vorliegt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Ab Rechtskraft müsste die beklagte Politikerin binnen 14 Tagen einen Widerruf auf eigene Kosten in den "OÖ Nachrichten" veröffentlichen und der SJ die Verfahrenskosten in der Höhe von 9.500 Euro ersetzen.

Doch die Vizebürgermeisterin gibt an, dass sie innerhalb der Frist bis Ende Oktober Berufung eingelegt haben werde. Nun werde ein neuer Schriftsatz verfasst und es gehe in die nächste Instanz, sagt die Beklagte. Die Prozesskosten – der Streitwert liegt laut Urteil bei 22.000 Euro – übernehme die Partei. (Stefanie Ruep, 28.10.2022)