Für Leute, die jetzt nicht ganz so viel Geld haben, ist das durchaus überraschend, vielleicht sogar verblüffend: Der nackte Bentley, also das Auto ohne ein einziges Extra, kostet etwa 330.000 Euro. Also schon wirklich viel Geld, oder? Noch keine Extras. Und der Wagen ist deshalb nicht ärmlich oder karg, sondern immer noch recht opulent, Bentley halt, aber Grundausstattung.

Ein Cabrio mit zwei Türen, handgenäht, mit einem ehrlichen Achtzylinder. Die Farbe "Orange Flame" ist für einen Bentley durchaus gewagt, sie unterstreicht mehr die sportliche Seite als die Eleganz.



Foto: Andreas Riedmann

Ein Streifzug durch die Zubehörliste für den Continental GT Convertible erhöht den Preis auf 443.000 Euro, wie im Fall des Testwagens. Also fast 120.000 Euro für die Ausstattung. Andere Leute kaufen sich darum drei Golfs oder einen Sportwagen, fast schon einen Porsche. Dafür jetzt aber wirklich üppige, schon barocke Opulenz mit feinstem Leder und liebevollen Nähten, bester Naim-Soundanlage und einem extravaganten, sehr mutigen Orange, das mehr die Sportlichkeit als die Eleganz der Fahrerin oder des Fahrers unterstreicht – und möglicherweise auch des Fahrzeugs. Die größten Brocken in der Preisliste sind die schwarzen 22-Zoll-Felgen – also wenn man da den Gehsteig streift, kommen einem schon die Tränen – und die Karbon-Keramik-Bremsen, ebenfalls in Schwarz gehalten. Beides jeweils mehr als 18.000 Euro, also 4500 Euro für eine einzelne Felge, da tut ein Kratzer schon weh.

Wirklich super, nahezu unverzichtbar ist die dreifache Rotationsanzeige im Cockpit. Da dreht sich die Anzeigentafel um die eigene Achse, bringt einmal analoge Rundinstrumente, dann wieder eine digitale Ansicht oder eben gar nichts zur Ansicht. Man fühlt sich wie James Bond in seinem aufgepimpten Dienstfahrzeug, auch wenn der eine andere Marke bevorzugt. Die rotierende Anzeigentafel macht 7500 Euro mehr.

Das ikonische, beflügelte B ziert so manche Oberflächen im GTC, hier die klimakontrollierte Kopfstütze zu Beispiel.
Foto: Andreas Riedmann

Also 440.000 Euro für ein Auto. Wer kann sich das leisten? Der Verkäufer erzählt, sie hätten keinerlei Probleme, Kunden zu finden. Das kann man jetzt natürlich gendern, aber tatsächlich sind es Männer, die sich solche Autos kaufen, warum auch immer. In der Regel werden diese Bentleys bestellt und je nach Kundenwunsch angefertigt. Aber dann gibt es immer noch Exemplare, die werden einmal gebaut. Die stehen dann im Verkaufsraum. Und es dauert nicht lange, bis einer reinspaziert, sich umschaut und sagt: "Nehm ich." Allein in den ersten sieben Monaten des heurigen Jahres wurden in Österreich 24 Bentleys zugelassen. Im Rest des Jahres sollen es deutlich mehr werden, der Importeur erwartet mit der Einführung des zweiten Hybridfahrzeugs, des Flying Spur, einen "weiteren Impuls", wie es auf unsere Nachfrage heißt.

Was die Laufruhe braucht • Also ja, auch Bentley setzt auf das Thema Hybrid und kombiniert einen Sechszylinder mit einem Elektromotor. Da können Sie sich jetzt viel verächtliches Geschnaube dazudenken, und eines verrate ich Ihnen jetzt: von der Laufruhe her – kein Vergleich. Von der Laufruhe her braucht es einen Achtzylinder, noch besser einen Zwölfzylinder. Aber Laufruhe ist dieser Tage nicht das beherrschende Thema.

Der GTC ist jedenfalls mit einem Achtzylinder bestückt, der passt gut zu einem zweitürigen Cabrio, Leistung ist also ausreichend vorhanden. Der Wagen wiegt deutlich mehr als zwei Tonnen, fühlt sich im Gebrauch aber überraschend leichtfüßig an, nahezu grazil. Vielleicht braucht es ein Haucherl, bis die 550 PS den Wagen anpacken, aber prinzipiell verfügt der Continental über die Werte eines reinen Sportwagens, das ist bei Bentley Grundbedingung. Wobei das sportliche Vorankommen eher als grundsätzlicher Anspruch gemeint ist, nicht als Vorsatz. Es geht um die Möglichkeit, nicht um die Umsetzung. Wer fährt denn schon 318 km/h? Na eben. Ja, da gibt es einen gewissen Widerspruch. Wenn ich 440.000 Euro für ein Auto übrighabe, denke ich darüber nach, ganz fest, ganz sicher. (Michael Völker, 4.11.2022)

Oldschool: falls der Touchscreen doch etwas fehl am Platz wirkt, präsentiert sich auf Wunsch die analoge Mittelkonsole.
Foto: Andreas Riedmann

Zweite Meinung

Zuallererst ist der GTC ein Luxuswagen, ist ja auch ein Bentley. Im Cockpit geht man regelrecht unter in einem Meer aus hochwertigen Bedienelementen, traditionsgemäß ist hier wenig digital. Auf Knopfdruck weicht der Touchscreen einem analogen Dashboard – 007 würde sich freuen. Sportlich hat das Cabrio mit seinem V8 natürlich auch was drauf, selbst wenn sich die mehr als zwei Tonnen definitiv bemerkbar machen. (Felix Pisecker, 4.11.2022)

Preis: 326.130 € (Testwagen: 443.419 €) • V8-Zylinder, 3996 cm³, 404 kW (550 PS), 770 Nm • Beschleunigung: 4,1 sec 0–100 km/h, Höchstgeschw.: 318 km/h • Verbrauch: 12,5 l / 100 km, CO2: 284 g/km • L/B/H: 485/196/141 cm, Radstand: 285 cm, Leergewicht: 2335 kg
Foto: Andreas Riedmann