Endlich stand das Cabrio in der Garage. Kein leichtes Unterfangen bei einem Haus mit Baujahr 1974, 4,77 m Fahrzeug durch das enge Tor zu zittern, nur das Umklappen der Seitenspiegel ermöglichte das Unterfangen. Da stand dann eine Wucht von einem Sportwagen. Die Nobelmarke Lexus aus der Toyota-Welt, seit 1989 existent, in Österreich seit 1991, Sponsor der Wiener Staatsoper, nimmt es mit den großen europäischen Anbietern offener Hochleistungsfahrzeuge auf.

LC Cabriolet: Mit einem ganz eigenständigen optischen Auftritt setzt der Japaner einen wohltuenden Akzent. Beim Sauger-V8 holt Lexus 464 PS aus fünf Litern Hubraum.
Foto: Andreas Riedmann

Eigentlich sollte dem Zeitgeist entsprechend schlechtes Gewissen angesagt sein, kein Hybrid, keine Spur von Elektrifizierung, unter der breiten Motorhaube wartet der 464 PS starke V8-Saugmotor auf den Befehl zum Start. Das Flaggschiff der Marke Lexus präsentiert den letzten großen Hochleistungsmotor aus Japan, sozusagen letzte Ausfahrt Suzuka, die klassische japanische Rennstrecke, wo einst Niki Lauda 1976 einfach aus dem Rennen ausstieg.

2001 brachte Lexus bereits ein Cabrio, den SC, sehr kultiviert, beim LC erstmals in der Gegenwart aber mit Stoffdach. Im dunkelblauen Roadster, der laut technischen Daten immerhin ein Leergewicht von rund 2,1 Tonnen auf die Waage bringt, duftet es nach feinem Leder, und wohin immer das Auge blickt, erblickt es Luxus. Die vorderen, schalenförmigen Sportsitze signalisieren: "Wir sind in der Welt der Performance und des Speeds." Die zwei Rücksitze sind selbst für Passagiere im Zwergenformat ungeeignet, machen sich aber einfach schön. In exakt 23 Sekunden, mehrmals gestoppt, klappt sich das braune Dach zusammen, um im breiten Heck zu verschwinden, umgekehrt der idente Wert. Kurzer Besuch im Kofferraum: 149 Liter sind für einen Sportwagen gar nicht so schlecht, ein kleiner Koffer und eine flotte Tasche müssen für die Reise reichen, den Rest besorgt die goldene Kreditkarte.

Der große Moment naht, ich werfe den Achtzylinder an. Druck auf den Startknopf, eine Antwort in Grollen und Brummen, so hatte ich es mir auch vorgestellt. Kurz ein Blick auf die analoge Uhr, kleiner Gruß aus der Vergangenheit, los geht es in Richtung Stadtgrenze. Sanft schaltet das 10-Gang-Getriebe, fast leichtfüßig, präzise lässt sich der Lexus durch den Verkehrsdschungel dirigieren, bewundernde Blicke aus hohen SUV-Fahrerkabinen empfinde ich als durchaus angebracht. Dann endlich raus aus dem urbanen Bereich, die Zielrichtung heißt Burgenland, heißt St.-Martins-Therme im Umfeld des Neusiedler Sees.

Salz im Ring • In Japan besitzt Tradition einen hohen Stellenwert, darum sei beim LC Cabrio eine Metapher angebracht. Vor jedem Duell streuen die Sumo-Ringer Salz in den Kampfring als Spende an höhere Wesen, dann stürzen sich die Kolosse mit aller Wucht aufeinander. Die salzige Vorbereitung wäre beim Lexus die niedertourige Fahrweise mit drohendem Grollen, dann brechen mit dem Tritt auf das Gaspedal 464 Pferde mit brachialer Kraft los, der Motor übernimmt die Herrschaft über das Geschehen. Werte wie fünf Sekunden von null auf 100 oder 270 km/h Spitze bleiben glaubhaft dem Katalog vorbehalten, ein bescheidener Versuch auf einer abgelegenen Forststraße überzeugte, dass diese Werte gewiss der Realität entsprechen.

Die Dämpferabstimmung liegt auf der harten Seite, kein feinfühliges Gleiten, sondern eher ein rauer Gruß, aber bei Leistungsfahrzeugen mit diesem Potenzial erwartet man eben Sportlichkeit. Das Paket der Fahrhilfen entspricht aktuellem Standard, erfreulich: kein nervender Spurhalteassistent, und die Ungenauigkeit der Verkehrszeichenerkennung gehört zum gewohnten Bild. Exakt arbeitet das farbige Head-up-Display, eher klein geraten ist der Bildschirm für Navigation. Sayonara heißt Abschied nehmen, aber es fällt schwer, die Welt der Hochleistungsmotoren zu verlassen. Klar, fast schon ein Relikt der Vergangenheit, aber das hat Autofans über 100 Jahre lang viel Freude bereitet. (Peter Urbanek, 7.11.2022)

Von manchen Seiten unauffällig, von anderen wieder weniger, der LC500 sticht definitiv heraus im Supertest, auch wenn das Design nicht für jeden ist.
Foto: Andreas Riedmann

Zweite Meinung

In unserem Quintett besetzt der Lexus LC die Position des Durchausanderen. Scharf geschnitten, futuristisch und doch elegant – hier ist von Vorteil, dass es keine große Tradition zu verwalten gilt. Mehr als zwei Insassen wird man nicht unterbringen wollen, die jedoch erwartet hoher Genuss: Der 5-Liter-V8 mit 464 PS ist eine kultivierte Maschine, beherrscht zudem das Draufgängermetier, und das Fahrwerk ist den Aufgaben gewachsen. (Andreas Stockinger, 7.11.2022)

Preis: 126.550 € (Testwagen: 135.500 €) • V8-Zylinder, 4969 cm³, 341 kW (464 PS), 530 Nm • Beschleunigung: 5,0 sec 0–100 km/h, Höchstgeschwindigkeit: 270 km/h • Verbrauch: 11,7 l / 100 km, CO2: 275 g/km • L/B/H: 477/192/135 cm, Radstand: 287 cm, Leergew.: 2110–2130 kg
Foto: Andreas Riedmann