Gleichen Lohn für gleiche Arbeit fordern diese Aktivistinnen.

Foto: Imago / ZUMA Wire / Loredana Sangiuliano

Wien – Am 30. Oktober ist Equal-Pay-Day, der Tag, an dem Männer in Österreich bereits so viel verdient haben wie eine Frau im ganzen Jahr. Frauen verdienen in Österreich um 17 Prozent weniger als Männer. Darunter leidet nicht nur jede einzelne Frau, sondern auch Österreichs Wirtschaft. Wären Frauen am Arbeitsmarkt gleichgestellt, würde das österreichische Bruttoinlandsprodukt um knapp ein Drittel, rund 123 Milliarden Euro, wachsen, zeigt eine grafische Auswertung des Momentum-Instituts.

Der Hauptgrund für die große Einkommenslücke ist nach wie vor die ungleiche Verteilung von unbezahlter Arbeit. Frauen übernehmen in Österreich deutlich häufiger unbezahlte Tätigkeiten wie Kinderbetreuung, Pflege oder Hausarbeit. Das zwingt viele in Teilzeit, was wiederum zu einem Einkommens- und Pensionsverlust führt. Von rund 430.000 Menschen in Österreich, die wegen Betreuungspflichten Teilzeit arbeiten, sind 95 Prozent weiblich. Bezieht man Teilzeitbeschäftigte in die Rechnung ein, beträgt die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen 36 Prozent. Der Equal-Pay-Day fiele damit bereits auf den 22. August.

Im Jahr 2021 fiel der Equal-Pay-Day auf den 25. Oktober. Die Verbesserung um fünf Tage sei aber primär auf Einkommensverluste von Männern während der Pandemie zurückzuführen.

Gewerkschafterinnen fordern Maßnahmen

Durch die Reduktion von Erwerbsarbeitszeit und die Aufnahme von unbezahlter Arbeit entgingen einer Frau in den Pandemiejahren 2020 und 2021 laut Momentum-Institut im Schnitt etwa 38.000 Euro an Einkommen. Hätte man Frauen in Österreich diese unbezahlten Arbeitsstunden bezahlt, hätte ihnen das zusammen etwa 112 Milliarden Euro eingebracht.

Um die Gehaltsschere von jährlich 9.430 Euro brutto zu schmälern, brauche es politische Maßnahmen, sind sich Gewerkschafterinnen einig. Die Bundesfrauenvorsitzende der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) im ÖGB, Christa Hörmann, fordert etwa einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbildungsplatz ab dem ersten Geburtstag des Kindes, eine bessere Anrechnung von Karenz- und Ausbildungszeiten und Konsequenzen für Unternehmen bei ungleicher Bezahlung. Grundsätzlich brauche es aber höhere Löhne und Gehälter in Niedriglohnbranchen, in denen vor allem Frauen beschäftigt sind.

Große Schere in Vorarlberg, kleine in Wien

Damit Frauen frei entscheiden können, ob sie Voll- oder Teilzeit arbeiten wollen, brauche es auch das Wissen, welche Auswirkungen längere Teilzeitbeschäftigungen auf die Pension haben. Die Forderung einer verpflichtenden Wirtschafts- und Finanzbildung fächerübergreifend im schulischen Bereich sei bis jetzt nicht umgesetzt, so Karin Zeisel, Frauenvorsitzende der Fraktion Christlicher Gewerkschafter*innen in der GPA.

Der Gender-Pay-Gap ist aber nicht in jedem Bundesland gleich hoch. Vorarlbergerinnen erhalten um 24,7 Prozent weniger Jahreseinkommen als Männer, bei Wienerinnen beträgt der Unterschied "nur" zwölf Prozent. Für Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl ist das ein Ergebnis gelungener Frauenpolitik: "In Wien schafft die Politik die Bedingungen: Es gibt sowohl genug ganztägige Kinderbildungseinrichtungen als auch ausreichend professionelle Pflegeangebote. Wenn das fehlt, sind das die zwei Haupthemmnisse für völlig gleichberechtigte Teilhabe von Frauen am Erwerbsleben und somit an gerechten, gleichen Einkommen bis zu den Pensionen." (APA, 28.10.2022)