Viele Jahrhunderte lang kannte man den Auslöser der Tuberkulose nicht, erst Robert Koch entdeckte das Bakterium im Jahr 1882. Eine zuverlässige Behandlung gelang aber erst durch die Entdeckung der Antibiotika.

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Die Krankheit war die Geißel des 18. und 19. Jahrhunderts. 1815 führte man in England bis zu ein Viertel der Todesfälle auf die Tuberkulose zurück, in Frankreich war es ein Sechstel der Todesfälle. Die Volkskrankheit wurde auch die "weiße Pest" genannt, der Großteil der Betroffenen waren Arme in desaströsen Wohnverhältnissen. Aber die bakterielle Infektionskrankheit war so weit verbreitet, dass auch in bürgerlichen Kreisen viele daran starben. Jane Austen war möglicherweise ein Opfer, bei der Schriftstellerin Anne Brontë ist es historisch überliefert. Und auch in der Literatur war die Tuberkulose Thema. So litt etwa die "Kameliendame" von Alexandre Dumas daran, der "Zauberberg" von Thomas Mann ist ein Lungensanatorium für Infizierte.

Mittlerweile ist die Krankheit zumindest in unseren Breitengraden so gut wie nicht mehr vorhanden, trotzdem wird immer wieder von Ausbrüchen berichtet. Die meisten Fälle in Österreich werden in Flüchtlingsunterkünften registriert, die Infektion wird im Normalfall von den Betroffenen schon aus ihren Herkunftsländern mitgebracht.

Nun ist es aber zu einem herben Rückschlag in der Tuberkulose-Bekämpfung gekommen. Die Zahl der daran Verstorbenen ist weltweit innerhalb von zwei Jahren um 14 Prozent gestiegen. Im Jahr 2021 seien schätzungsweise 1,6 Millionen Menschen an der Krankheit gestorben, heißt es im am Donnerstag in Genf veröffentlichten Tuberkulose-Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO). 2019 waren es demnach 1,4 Millionen Todesfälle. Der Anstieg bedeute eine Trendumkehr, da die Zahl der Toten zwischen 2005 und 2019 zurückgegangen sei.

Herber Rückschlag durch Corona

Grund dafür ist die Corona-Pandemie. Und auch die Zahl der Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner stieg 2021 im Vergleich zu 2020 um 3,6 Prozent, nachdem sie in den vergangenen 20 Jahren fast jedes Jahr um etwa zwei Prozent gesunken war. Das liegt unter anderem daran, dass wegen der Lockdowns oder aus Angst vor Ansteckung weniger Menschen zum Arzt gingen. Die WHO befürchtet außerdem, dass der russische Krieg gegen die Ukraine sowie Konflikte in Afrika und im Mittleren Osten die Situation verschärfen könnten.

Tuberkulose ist eine der häufigsten Infektionskrankheiten. Sie überträgt sich durch das Einatmen von infektiösen Tröpfchen von Mensch zu Mensch. Die Bakterien gelangen meist in die Lunge, können aber auch andere Organe befallen. Sie bricht teils erst Jahre nach einer Infektion aus, etwa die Hälfte der Erkrankten stirbt ohne Behandlung. Die Infektion ist aber heilbar. Allerdings entwickeln die Erreger zunehmend eine Resistenz gegen die eigentlich erfolgreichen Antibiotika, eine besorgniserregende Tatsache.

Zunehmend Resistenzen gegen Antibiotika

Im vergangenen Jahr wurde bei rund 450.000 Menschen Tuberkulose diagnostiziert, die nicht auf das übliche Antibiotikum Rifampicin ansprachen. Das waren drei Prozent mehr als im Jahr davor. Im ersten Corona-Jahr (2020) war die Zahl der Menschen, bei denen eine Tuberkulose-Infektion festgestellt wurde, deutlich gesunken, vermutlich wegen der eingeschränkten Klinikbesuche. Das habe sich zwar gebessert, aber die Zahl liege weiter unter dem Niveau von vor der Pandemie, schreibt die WHO. Sie schließt daraus, dass mehr Menschen infiziert sind, ohne es zu wissen, und andere anstecken können. Zu den 30 Ländern mit hohen Inzidenzen gehören Brasilien, China, Indien und Südafrika.

Deshalb verlangt die WHO mehr Investitionen in Gesundheitsprogramme und neue Impfstoffe. Denn: "Nur wenn wir zusammenarbeiten, können wir die Tuberkulose beenden", betont WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus. (APA, kru, 28.10.2022)