Stephan Spazier bei der Graduation Ceremony an der Stanford Graduate School of Business.
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"Das Internationale war mir ein bisschen in die Wiege gelegt. Als ich geboren wurde, lebte meine Familie gerade in London, danach sind wir nach Deutschland übersiedelt, und als ich noch ziemlich klein war, hat mein Vater eine Firma in Tirol übernommen, und wir sind nach Kufstein gezogen.

Und auch bei mir zieht sich das Thema Ausland wie ein roter Faden durch mein Leben. Mit 17 Jahren war ich als Austauschschüler ein Jahr in Mexiko, danach während meines Studiums in Spanien und als stellvertretender Wirtschaftsdelegierter in Ägypten, dann in Thailand und New York. Sprache war für mich immer der Schlüssel zur jeweiligen Kultur. Ich habe auch viel Energie investiert, um die Sprachen zu lernen, vor allem Arabisch und Thai. Die Fremdsprachenkenntnisse in diesen Ländern sind oft nicht stark ausgeprägt. Wenn man aber mit einem Großteil der Bevölkerung überhaupt nicht kommunizieren kann, dann limitiert das die eigene Wahrnehmung sehr stark. Die Sprache war für mich der Schlüssel zu einer intensiveren Erfahrung.

Ein prägendes Erlebnis, das meine weiteren Entscheidungen gefestigt hat, war mein schwerer Snowboardunfall 2015. Mit hoher Geschwindigkeit bin ich im freien Gelände gegen einen Felsen geprallt. In dem Augenblick habe ich mir gedacht, das war’s. Vier Wirbel und zwei Rippen habe ich mir gebrochen. Es war für mich ein Weckruf. Alles kann sich von einem Augenblick auf den anderen komplett ändern. Da habe ich angefangen, gezielter auf Sachen wie den Job im Außenwirtschaftscenter in New York hinzuarbeiten. Ich habe mir auch genauer angeschaut, welche Optionen sich in der Bildungskarenz bieten könnten. Rückblickend war der Unfall ein Katalysator für meinen weiteren Werdegang.

Nach zehn Jahren als stellvertretender Wirtschaftsdelegierter wollte ich etwas komplett anderes machen. Mein Vater war damals, in den 1960ern, an der Insead Business School in der Nähe von Paris. Was mich immer fasziniert hat: Dieses eine Jahr war für ihn prägender als seine gesamte Studienzeit in Österreich. Ich wollte etwas Ähnliches erleben. Im Rahmen einer Bildungskarenz habe ich dann an der Stanford Graduate School of Business das Master-of-Science-in-Management-Programm absolviert. Das Studium war intensiv und herausfordernd, aber es bietet auch Möglichkeiten, sich in unterschiedliche Richtungen zu entfalten. Egal was man sucht, man kann es dort finden.

Ich bin damals nicht mit dem Anspruch nach Stanford gekommen, dass ich nachher beruflich etwas anderes machen muss. Ich wollte Abstand gewinnen und mich auf etwas Neues einlassen, etwas intellektuell Inspirierendes machen. Dass ich dann zu Tesla gekommen bin, war eine glückliche Fügung. Das Unternehmen hat mich immer schon fasziniert. Als ich 2016 das erste Mal ein Tesla Model X Probe gefahren bin, war für mich klar: E-Antrieb ist die Zukunft. Dieses Interesse habe ich in Stanford weiterverfolgt und diesem Thema mehrere Projektarbeiten gewidmet.

Damals suchte das globale New-Market-Team von Tesla jemanden genau mit meinem auch für eine Business-School eher untypischen Profil. Tesla wollte jemanden mit Auslanderfahrung in Wachstumsregionen, aber auch mit starkem USA-Bezug, der an der Schnittstelle von Politik und Privatwirtschaft angesiedelt ist. Bei E-Mobilität hat man zwangsläufig oft mit politischen und offiziellen Entscheidungsträgern zu tun, in vielen Märkten sind entsprechende Regularien ja noch kaum vorhanden.

Ich habe länger überlegt, hatte auch andere Jobangebote. Doch dann ist dieses Angebot von Tesla konkreter geworden, und kurz vor Weihnachten 2020 habe ich mir gedacht: Diese Chance, an der vordersten Front eines stark wachsenden Technologieunternehmens in einem Bereich, der mich persönlich sehr interessiert – erneuerbare Energie, Elektromobilität, Nachhaltigkeit –, mitgestalten zu können, kann ich mir nicht entgehen lassen. Gerade im Markteintrittsbereich liegen die interessantesten Projekte noch vor uns. Tesla hat zwar den Ruf, sehr intensiv zu sein. Aber wenn man sich stark mit der Mission identifizieren kann, dann nimmt man das gerne auf sich.

Die neueste Gigafactory und der Unternehmenssitz von Tesla sind seit letztem Jahr in Austin, Texas. Austin war in den vergangenen zwei Jahren die Stadt in den USA, die am schnellsten gewachsen ist. Auch Apple hat hier expandiert. Von der Landschaft bin ich noch nicht ganz überzeugt, aber es gibt viele junge Leute und eine sehr dynamische Tech- und Start-up-Szene. Da ist eine Aufbruchsstimmung zu spüren, das ist schon lässig.

Österreich war und ist für mich aber immer der Heimatpol, die Achse, um die sich meine Auslandsaufenthalte wie konzentrische Kreise ziehen. Das Kontakthalten ist sicher eine der größten Herausforderungen. Der starke Zusammenhalt in der – für österreichische Verhältnisse – großen Familie hat mir immer Stabilität gegeben. Meine Eltern sind um einiges mutiger und risikofreudiger als ich selber. Sie haben uns auch vorgelebt, dass es interessant ist, im Ausland zu leben und zu arbeiten. Als ich die Bildungskarenz genehmigt bekommen habe, war ich mir nicht ganz sicher, ob ich das wirklich machen soll. Es war ja auch nicht ganz billig.

Meine Mutter hat dann gesagt, ja, sicher, mach das, das wird schon hinhauen. Zweimal im Jahr versuche ich auch, nach Tirol zu kommen, dann sind meistens auch meine drei Brüder und meine Schwester zu Hause. Das ist der beste Platz zum Abschalten. Wenn man Österreich besucht – vor allem wenn man gerade in schwierigen Ländern lebt und arbeitet –, dann fühlt man sich besonders glücklich, hier aufgewachsen zu sein. Es ist eine sehr hohe, leistbare Lebensqualität. Man findet das auch in anderen Ländern, aber dann ist es ein Luxus." (Gudrun Ostermann, 31.10.2022)