Ein Bild aus "besseren" Tagen: Die Grazer Stadträtin und Ex-Freiheitliche Claudia Schönbacher und FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek im März 2022.

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Fünfundzwanzig Minuten. So schnell geht derzeit ein Parteiausschluss aus der steirischen FPÖ. Im Fall des FPÖ-Bezirksparteiobmanns des Grazer Bezirks Straßgang, Oliver Leitner, war das Wort Rücktritt vielleicht auch ein Grund. Selbigen legte er Landesparteiobmann Mario Kunasek nahe, weil dieser die Lage in seiner Partei nicht mehr im Griff habe. Zudem wollte Leitner als neuer Obmann der Stadtpartei kandidieren, um die jüngsten Parteiausschlüsse in Graz durch Kunasek und Bundesparteichef Herbert Kickl aufzuheben.

Dezimiert

Die FPÖ dezimiert sich in der Steiermark nach andauernden Grabenkämpfen damit weiter. Im Schatten eines Finanzskandals um den Missbrauch von Steuergeldern der Stadtpartei – DER STANDARD berichtete. Die Landespartei schloss in den vergangenen Tagen fast den gesamten Grazer Gemeinderatsklub aus der FPÖ aus – der Klub sitzt jetzt mit Klubchef Alexis Pascuttini, Astrid Schleicher und Michael Winter unter neuem Namen als (Korruption-)Freier Klub mit der dazugehörigen Stadträtin Claudia Schönbacher im Rathaus. Nun werden auch weitere Kritiker unter den Grazern von der Landespartei vor die Tür gesetzt – wie zuletzt Leitner. Zudem traten auch fünf Mitarbeiter des Gemeinderatsklubs und der Stadtpartei sowie mit Christian Finster ein weiterer Bezirksobmann aus.

Leitner machte kurz vor seinem Ausschluss eine Eingabe beim Landesparteigericht. Er erzählte am Donnerstag der Kleinen Zeitung von seiner Rücktrittsforderung an Kunasek. Keine halbe Stunde nachdem der betreffende Artikel online ging, bekam Leitner den schriftlichen Ausschluss von Landesparteigeschäftsführer Anton Kogler. Der ist übrigens seit Ende September auch organisatorischer Leiter der geschrumpften Stadtpartei – die nur noch ein Mandat und keinen Klub im Gemeinderat hat. Damit hat die Landespartei direkten Zugriff auf die Reste der Stadtpartei.

Parteischädigend

Er sieht nämlich nicht bei den Ausgeschlossenen das parteischädigende Verhalten, sondern bei Mario Kunasek selbst. Auf Nachfrage des STANDARD sagte der Sprecher Kunaseks, Landesparteisekretär Stefan Hermann, dass er davon ausgehe, dass die Eingabe Leitners beim Parteigericht trotz seines Ausschlusses behandelt werde.

Der einstige Stellvertreter Leitners im Bezirk Straßgang wird ihm jedenfalls nicht nachfolgen können. Denn das war Michael Winter, Sohn der ehemaligen Stadträtin Susanne Winter, der auch als neuer Parteiobmann kandidieren wollte und daraufhin ebenfalls ausgeschlossen wurde. Schon vor Leitner.

Kunasek, dem die Parteibasis übelnehmen soll, dass er sich kaum selbst öffentlich äußert, wandte sich am Freitag mit einem Brief an Parteimitglieder. Darin beruhigt er, dass die "organisatorische Handlungsfähigkeit der FPÖ Graz" noch gegeben sei, geht aber mit keinem Wort auf die Vorwürfe ein, dass er jene, die die Finanzaffäre ihrer Vorgänger aufklären wollten, ausschloss. Er wolle "Transparenz und Aufklärung" und wirft den anderen "Profilierungssucht" und den Plan einer Listengründung vor.

Ehrenamt

Tatsächlich haben die Betroffenen ihre Ausschlüsse aber angefochten. Leitner sagt dem STANDARD: "Bei mir im Bezirk sind so viele enttäuscht, da wird es viele Parteiaustritte geben." Er wisse von keiner neuen Parteigründung, betont er, "aber solange Schönbacher und Pascuttini weiter ihren ehrlichen Weg gehen, werde ich sie auch ehrenamtlich unterstützen". (Colette M. Schmidt, 28.10.2022)