Landeshauptfrau Mikl-Leitner hat ähnliche Umfragewerte wie vor fünf Jahren. Für die ÖVP, die sie zur Niederösterreich-Partei stilisieren will, sind die Prognosen allerdings düster.

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St. Pölten / Linz – Im Jänner 2018, wenige Wochen nach der Angelobung der türkis-blauen Bundesregierung Kurz I konnte die damals ebenfalls noch neue Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in Niederösterreich einen Wahlsieg für die ÖVP einfahren, der mit 49,63 Prozent nur einen Prozentpunkt hinter jenem ihres Amtsvorgängers Erwin Pröll zurückblieb. In der kommendes Jahr anstehenden Landtagswahl ist eine Wiederholung ziemlich unwahrscheinlich.

Jeder Zweite sieht Land auf falschem Weg

48 Prozent der Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher meinen, dass sich das Land in die falsche Richtung entwickle, nur 31 Prozent sehen eine Entwicklung in die richtige Richtung. Vor der Landtagswahl 2018 war das Ergebnis noch umgekehrt – da sahen 54 Prozent Niederösterreich auf dem richtigen und nur 21 Prozent auf dem falschen Weg (das restliche Viertel war unentschlossen).

Das geht aus der aktuellen Market-Umfrage für den STANDARD hervor, in der die ÖVP elf Prozentpunkte verliert und nur bei 38 Prozent landet. Market-Wahlforscher David Pfarrhofer gibt allerdings zu bedenken, dass man solche Messungen nicht als Vorhersage des tatsächlichen Wahlergebnisses lesen darf, weil noch kein Wahlkampf ist: "Da kann sich noch einiges tun – in jede Richtung. Man traut sich ja derzeit gar nicht abzuschätzen, was da noch alles auf die Bundes-ÖVP zukommt und wie das auf die niederösterreichische Landespartei abfärben wird."

Andererseits sei zu beachten, dass die persönlichen Werte der Landeshauptfrau weiterhin auf sehr hohem Niveau liegen. Elf Prozent äußern sich sehr zufrieden mit ihr, weitere 43 Prozent immerhin zufrieden. Kurz vor der Wahl 2008 lauteten die Werte 13 und 47 Prozent. 34 Prozent sagen auch, dass sie Mikl-Leitner direkt wählen würden, wenn das möglich wäre; 2018 waren es 38 Prozent. Umgekehrt äußern sich 21 Prozent weniger zufrieden und 13 Prozent gar nicht zufrieden mit der Landeshauptfrau.

Weniger polarisierend als Pröll

Gefragt wurde auch nach gewünschten Wahlfolgen. Da zeigt sich, dass Mikl-Leitner wesentlich weniger polarisiert als Amtsvorgänger Pröll: 2013 wünschten 27 Prozent, dass nach der Wahl andere Parteien stark genug würden, einen anderen Landeshauptmann zu stellen als Pröll – jetzt sind es nur 19 Prozent. Umgekehrt wollten damals 42 Prozent, dass Pröll bleibt, ausdrücklich für einen Verbleib Mikl-Leitners sind nur 21 Prozent. Starken Rückhalt hat die Amtsinhaberin bei ÖVP-Wählern, es sprechen sich aber auch viele Grüne gegen einen Wechsel aus.

Dies könnte allerdings auch mit mangelnden Alternativen zu tun haben:

  • Die SPÖ kommt in der Market-Hochrechnung derzeit auf 25 Prozent, etwa einen Prozentpunkt mehr als 2018, Spitzenkandidat Franz Schnabl würde nur von acht Prozent direkt gewählt, wenn das möglich wäre. 16 Prozent wünschen der SPÖ, dass es ihr gelingt, stärker zu werden – neben den deklarierten Sozialdemokraten äußern auch viele Grüne diesen Wunsch.
  • Die FPÖ könnte um ein Drittel auf 20 Prozent zulegen – Landesparteichef Udo Landbauer würde aber ebenfalls nur von acht Prozent direkt gewählt. Auffallend ist, dass nur zwölf Prozent wünschen, dass die FPÖ so stark zulegt, dass sie zur meistbeachteten Partei der kommenden Wahl wird.
  • Für die Grünen gäbe es mit sechs Prozent etwa gleich viel wie 2018, für Spitzenfrau Helga Krismer als Landeshauptfrau wären drei Prozent. Zwölf Prozent der Befragten wünschen sich, "dass die Grünen im Landtag ein wichtiges Wort mitreden können".
  • Die Neos könnten mit acht Prozent rechnen, Spitzenkandidatin Indra Collini mit vier Prozent. Zehn Prozent wünschen sich eine (weitere) Verankerung der Pinken in der Landespolitik.
  • Gerhard Ivan von der MFG kann sich ein Prozent als Landeshauptmann vorstellen, in der Hochrechnung kommt seine Partei derzeit allerdings nur auf zwei Prozent. Für das Hauptthema der MFG spricht, dass sich 24 Prozent wünschen, dass es wegen Corona zu keinen weiteren Einschränkungen kommt. Diesen Wunsch äußern neben den wenigen erklärten MFG-Gefolgsleuten auch jene der FPÖ in hohem Maße.

Blau-gelber Einfluss auf die Bundespolitik

Pfarrhofer verweist noch auf ein weiteres Ergebnis der Umfrage: "Wir haben die niederösterreichische Bevölkerung heuer wie auch schon vor fünf Jahren gefragt, ob sich die Landeshauptleute mehr in die Bundespolitik einmischen sollen, wie es ja seinerzeit auch Pröll gemacht hat. Vor der Wahl 2018 haben 63 Prozent der niederösterreichischen Wahlberechtigten gesagt, dass sich die Landeshauptleute auf das Land konzentrieren sollen – jetzt sagen das nur noch 52 Prozent. Der Wunsch nach Einmischung in die Bundespolitik ist von 26 auf 32 Prozent gestiegen – überdurchschnittlich stark bei ÖVP-Wählern, die wohl mit ihrer Bundespartei wenig Freude haben dürften." (Conrad Seidl, 31.10.2022)