Die hohen Energiekosten knabbern bei vielen Menschen die Ersparnisse an. Zum Ansparen bleibt oft nicht mehr viel.

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Der Weltspartag gewinnt heuer besonders an Bedeutung. Denn Sparen ist aufgrund der gestiegenen Kosten für viele Menschen schlicht nicht mehr möglich. Wer kann, bedient sich jetzt an seinem Ersparten, um die Ausgaben für die massiv teurere Energie oder Lebenskosten zu finanzieren.

Die heimischen Haushalte sind ärmer geworden. Das bestätigte zuletzt auch die Oesterreichische Nationalbank (OeNB). Das private Geldvermögen ist erstmals seit der Finanzkrise 2008 gesunken – und lag per Ende Juni mit 799 Milliarden Euro um 3,4 Prozent unter jenem am Jahresende 2021. Klar, das ist ein immer noch sehr hohes Niveau. Doch die hohen Energiepreise, die die Inflation befeuern, und das Auslaufen der Pandemie-Effekte führen aktuell eben zu einer deutlich niedrigeren Sparquote als in den vergangenen zwei Jahren.

Doch Sparen ist in der österreichischen Seele tief verankert. Laut einer Erhebung der Erste Bank ist der durchschnittliche Sparbetrag von 344 Euro auf zuletzt 301 Euro gesunken. Ein Umstand, der viele Menschen unglücklich macht, denn nur die Hälfte der von der Erste Bank Befragten ist damit zufrieden. Im Vorjahr waren noch 65 Prozent der Befragten mit ihrer Sparmöglichkeit zufrieden.

Sparwille ist groß

Für jene, die es sich noch leisten können, ist Sparen auch trotz der höchsten Teuerungsrate seit 70 Jahren nicht wegzudenken. Laut einer Umfrage vom Vergleichsportal Durchblicker will mehr als die Hälfte der Österreicher in den kommenden Monaten zumindest gleich viel Geld sparen wie bisher, und sechs Prozent wollen sogar mehr zur Seite legen als zuletzt.

Das wohl auch, weil die Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank sich langsam auch in steigenden Sparzinsen niederschlagen. Dass das Interesse am Sparen dadurch generell wieder steigt, zeigt sich auch daran, dass die Anzahl der Sparzins-Vergleiche bei Durchblicker sich im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt hat.

Noch sind die Einlagenzinsen sehr klein, doch die Bandbreite der Angebote wird größer. Aktuell locken einige Bausparkassen etwa mit Sonderkonditionen bis Jahresende von bis zu drei Prozent fix für die ersten zwölf Monate und bis zu 4,7 Prozent variable Verzinsung für die restliche Laufzeit. Das ist zwar immer noch weit entfernt von der aktuellen Inflation von 10,5 Prozent. Doch nach der langen Zinsflaute freuen sich Sparefrohs auch schon über kleine Erträge.

Die seit 2020 anhaltende Ausnahmesituation mit Pandemie, Kurzarbeit, Lockdowns und anhaltendem Nullzins habe laut Oesterreichischer Nationalbank aber auch zu einem Umdenken der österreichischen Haushalte im Bezug auf ihre finanzielle Veranlagung zur Folge gehabt. Risikoreiche Anlageformen wurden beliebter – Aktien und Fonds gekauft.

Die andere Seite

"Die Frage nach gewinnbringender Anlage stellt sich für sehr viele Menschen aber nicht", sagt Clemens Mitterlehner, Geschäftsführer der ASB Schuldnerberatungen GmbH. Bei ihnen gehe es um die Existenz, um den kaum lösbaren Spagat zwischen niedrigem Einkommen und hohen Lebenskosten.

Wenn die Auswirkungen der Teuerungen in den nächsten Monaten so richtig spürbar werden, werde sich für viele Menschen herausstellen, dass sie professionelle Unterstützung benötigen, um das Auskommen mit dem Einkommen zu sichern. Mitterlehners Appell ist es, damit nicht zu warten. Immer wieder komme es vor, dass Betroffene das Problem zu lange groß werden lassen und Hilfe erst dann aufsuchten, wenn der Hut brenne.

Schuldenprobleme haben nicht nur rechtliche, sondern oft auch psychische und soziale Auswirkungen, warnt Mitterlehner. Eine Beratung sei zudem kostenlos und vertraulich. Laut Schuldnerberatung wurden in Österreich heuer in den ersten drei Quartalen 6208 Privatkonkurse eröffnet, das entspricht einer Steigerung um 24 Prozent.

Wenn nichts mehr bleibt

Allerdings sei für viele Personen selbst ein Privatkonkurs oft nicht möglich. Denn derzeit liegt das Existenzminimum, also jener Betrag, der einer überschuldeten Person bei der Pfändung ihres Einkommens im Falle eines Privatkonkurses verbleibt und mit dem alle Lebenskosten bestritten werden müssen, bei 1030 Euro. Laut Schuldnerberatung sei dies aber angesichts steigender Lebenskosten für viele oftmals zu wenig. Welche Warnsignale es im Umgang mit Geld gibt und was zu tun ist, wenn die Schulden über den Kopf wachsen – darüber will die Schuldenberatung gemeinsam mit dem Arbeitsmarktservice besser informieren.

Seine Finanzen in regelmäßigen Abständen zu prüfen und zu schauen, in welchen Bereichen man wie viel Geld ausgibt – dazu rät auch Gerda Holzinger-Burgstaller, CEO der Erste Bank Österreich. Aktuell würden nur 23 Prozent der von der Bank zur finanziellen Lage befragten Österreicher regelmäßig einen Finanzcheck mit ihrer Bank durchführen. Der Bankberater sei für 70 Prozent die erste Informationsquelle. Holzinger-Burgstaller ruft zum Weltspartag daher dazu auf, diesen auch aktiv zu kontaktieren.

Wer einen Notgroschen von rund drei Monatsgehältern auf der Seite hat, könne auch über erste Investments nachdenken. Ansparen über Fondssparpläne oder ETFs seien eine Möglichkeit, breit gestreut in den Markt zu gehen. Gestartet werden kann meist ab 50 Euro (Bettina Pfluger, 27.10.2022)