Rose Krenns Modezeichnungen verweisen bereits deutlich in Richtung Art déco, ihre Stoffmusterentwürfe sind dem Jugendstil verpflichtet.

Foto: Hans Gasser

Fräulein Rosa Krenn hat einen für eine Frau ungewöhnlich starken Formensinn", schrieb Josef Hoffmann 1913 unter das Abschlusszeugnis seiner Studentin an der Wiener Kunstgewerbeschule. Aus der Bemerkung spricht der Geist der Zeit, der Formensinn in erster Linie für Männersache hielt, insbesondere auf dem Gebiet des Möbeldesigns. Dass die Hoffmann-Studentin Rosa – eigentlich: Rose – Krenn auch Möbel entworfen hat, war "für eine Frau" folglich ebenfalls ungewöhnlich. Und ein mit exotischem Blattdekor verzierter Zigarrenschrank, den Krenn 1912 auf der Frühjahrsausstellung des k.-k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie präsentierte, ist eines der wenigen Beispiele für weibliche Möbelkunst aus der Zeit.

In Vergessenheit geraten

Dieses Schätzchen aus dem MAK ins Kunst- und Heimatmuseum Rabalderhaus im Tiroler Schwaz zu holen ist zwar nicht gelungen, man findet dort aber zahlreiche andere Preziosen aus dem Nachlass von Rose Krenn. Der schlummerte jahrzehntelang auf einem Innsbrucker Dachboden, bis ihre Nachkommen auf den öffentlichen Aufruf aufmerksam wurden, der der MAK-Schau über "Die Frauen der Wiener Werkstätte" vorausgegangen ist.

Krenn, 1885 im heutigen Slowenien geboren, war eine dieser Frauen, zwischen 1911 und 1919 entwarf sie Stoffmuster und Keramiken für die von Hoffmann und Koloman Moser gegründete Designschmiede und geriet wie viele ihrer Kolleginnen in Vergessenheit.

Dass man ihr nun in Tirol eine von Günther Dankl kuratierte Ausstellung widmet, kommt nicht von ungefähr: Die Textilkünstlerin und Keramikerin war 1913 nach Innsbruck übersiedelt, wo sie dann auch an der Mal- und Zeichenschule von Toni Kirchmayr unterrichtet hat. Über ihre Arbeit für die Wiener Werkstätte sowie die Wiener und Gmundner Keramik habe Krenn nie viele Worte verloren, sagt ihr Enkel Hans Gasser. Aufschlussreich sind aber Briefwechsel mit ihrem Lehrer Michael Powolny, der Krenn unter anderem berichtet, Ferdinand Hodler habe in Genf einige Arbeiten von ihr gekauft.

Floraler Jugendstil

Krenns Stoffmusterentwürfe sind ganz dem floralen Jugendstil verpflichtet, eine besonders schöne Entdeckung sind ihre Modezeichnungen, sie verweisen bereits deutlich in Richtung Art déco. Man staunt auch über andere Blätter aus dem Nachlass, zum Beispiel eine Serie von ungewöhnlichen Frauenporträts, die einem aus großen, schräg gestellten Augen entgegenschauen. Ihre Ausstattungen erinnern zum Teil an Bühnenkostüme, andere wirken salontauglich: Sie hat eine der Porträtzeichnungen in einen Interieur-Entwurf integriert.

Mit Arbeiten von Hoffmann und Powolny setzt die Schau Krenns Entwürfe in den Kontext ihrer Lehrer an der Wiener Kunstgewerbeschule, man entdeckt aber auch eigenwillige Radierungen aus ihren Prager Jahren, expressive Aktzeichnungen und in Tirol entstandene Krippenfiguren, denen die Keramikkünstlerin dezent, aber doch den Geist der Moderne eingehaucht hat.

Rabalderhaus, Schwaz, bis 18. 12.

(Ivona Jelcic, 29.10.2022)