Der Martin-Luther-King-Park neben der vielbefahrenen Triester Straße wurde in der Nacht auf Samstag zum Tatort.

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Wien – Innerhalb von knapp 48 Stunden musste im Landeskriminalamt Wien gleich zweimal ein Ermittlungsakt wegen Vergewaltigung im öffentlichen Raum angelegt werden. Nun versuchen die Ermittlerinnen und Ermittler zu klären, ob die beiden Angriffen auf junge Frauen im Süden der Bundeshauptstadt zusammenhängen und es sich um denselben Täter handelt oder eine zufällige Häufung vorliegt.

Der erste Vorfall wurde am Donnerstag angezeigt. Eine 18-Jährige wurde nach Mitternacht in einem Bus auf der Fahrt nach Wien-Liesing angesprochen und belästigt, sagt Polizeisprecher Markus Dittrich. Nachdem die junge Frau das öffentliche Verkehrsmittel verlassen hatte, folgte ihr der Mann in den Fridtjof-Nansen-Park, wo er sie laut Anzeige gegen 00.30 Uhr packte, bedrohte, schlug und schließlich vergewaltigte. Die 18-Jährige flüchtete sich zunächst nach Hause, am Nachmittag alarmierte sie die Polizei.

Sofortfahndung ergebnislos

In der Nacht auf Samstag soll sich gegen Mitternacht der nächste Überfall im benachbarten Bezirk Favoriten abgespielt haben. Im kleinen Martin-Luther-King-Park direkt neben der stark befahrenen Triester Straße wurde laut Dittrich eine 22-jährige Spaziergängerin von hinten zu Boden gebracht und vergewaltigt. In diesem Fall rief das Opfer sofort die Rettung, die die Polizei verständigte. Eine Sofortfahndung verlief allerdings ergebnislos, der Angreifer war bereits verschwunden.

Polizeisprecher Dittrich will sich am Sonntag nicht festlegen, ob es sich um denselben Mann handelt. Die beiden Frauen beschreiben, sie seien von einem 20 bis 30 Jahre alten Mann mit dunklem Teint attackiert worden. Auch die Tatorte ähneln sich und liegen nahe von Haltestellen von Buslinien, die am Reumannplatz starten. Allerdings unterscheide sich der Modus Operandi, gibt Dittrich zu bedenken: Im ersten Fall sei es zu einer längeren Kommunikation gekommen, der zweite Überfall soll praktisch wortlos abgelaufen sein.

DNA-Spuren werden ausgewertet

DNA-Spuren konnten zwar gesichert werden, ob diese Abriebe aber auch verwertbar sind, muss sich erst bei der Auswertung im Labor zeigen. Ob weitere Beweismittel, etwa Videoaufnahmen aus dem Bus in Liesing oder Bilder aus der Verkehrskamera Ecke Kundratstraße/Triester Straße, sichergestellt wurden, will Dittrich nicht verraten.

Zwei Vergewaltigungen im Straßenraum in so kurzer Zeit sind zweifelsohne ungewöhnlich. In vier von fünf Fällen kennen im langjährigen Schnitt die Frauen den Angreifer, zeigte 2011 eine Studie des Österreichischen Instituts Familienforschung. Noch seltener als ein unbekannter Täter ist laut dieser Erhebung sexuelle Gewalt auf der Straße: Nur 14,4 Prozent der befragten Frauen gaben diesen Tatort an, im Vergleich zu 64.6 Prozent, die in der eigenen oder einer fremden Wohnung Opfer wurden.

Verurteilte Vergewaltiger: Männlich, jung, mehrheitlich Fremde

Laut der von der Statistik Austria geführten gerichtlichen Verurteilungsstatistik wurden im Vorjahr in Österreich insgesamt 118 Fälle von Vergewaltigung verurteilt, nur in einem Fall war eine Frau die Täterin. 57 Prozent der Verurteilten sind unter 34 Jahre alt, Nicht-Österreicher überrepräsentiert. Während im Jahr 2021 das Verhältnis von Österreichern versus Nichtösterreichern bei Verurteilungen nach allen im Strafgesetzbuch stehenden Delikten bei 60 zu 40 liegt, beträgt es beim Vergewaltigungsparagrafen 48 zu 52. (Michael Möseneder, 30.10.2022)