Kinderbetreuung und frühkindliche Bildung sind der Regierung nicht so viel Geld wert wie die Pensionen.

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Wien – Kein reines Krisenbudget hat Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) seinen Mitte Oktober vorgelegten Voranschlag für den Bundeshaushalt 2023 genannt. Er dürfte mit seiner Einschätzung nicht ganz falsch liegen. Denn abgesehen von Vorbelastungen und Reserven (für Corona, Energiekrise) in Milliardenhöhe und kräftig steigenden Ausgaben für Pensionen sowie Staatsschulden sind die echten Zukunftsinvestitionen im Budget 2023 und im Bundesfinanzrahmenplan bis 2026 überschaubar.

Diesen Schluss lässt die von Experten des Neos Lab auf Basis eines vom deutschen Wirtschaftsforschungsinstitut ZEW entwickelten Modells errechnete Zukunftsquote zu. Sie gibt an, welcher Prozentsatz des Haushalts auf langfristige und für die Gesellschaft bedeutende Politikziele angelegt ist. Auf den Zahn gefühlt wurde für diese Zukunftsquote nicht nur jedem einzelnen Budgetkapitel, sondern auch jedem einzelnen Ausgabenposten dahingehend, zu wie viel Prozent die Maßnahme für künftige Generationen einen Mehrwert bringt oder nur der Gegenwartsbewältigung dient.

Kaum Fokus auf künftige Herausforderungen

Das Ergebnis ist ernüchternd: Gerade einmal ein Fünftel (21,05 Prozent) der Ausgaben hat einen klaren Fokus auf künftige Herausforderungen wie Klimawandel, Bildung und Hochschulen oder Dekarbonisierung (der Wirtschaft). Der milliardenschwere Bahnausbau gilt beim ZEW-Modell übrigens nur zur Hälfte als zukunftsorientiert. Insgesamt investiert Österreich zwar mehr in die Zukunft als im Jahr 2013, als es 20,2 Prozent waren, aber nur unwesentlich mehr als 2019, dem letzten Jahr vor der Corona-Krise. Im ersten Corona-Jahr 2020 mit Milliardenausgaben für Gesundheit und Wirtschaft war die Zukunftsquote auf 17,6 Prozent der gesamten Staatsausgaben abgesackt.

Der Wille zur Aufholjagd ist in den vorliegenden Budgetplänen nur bedingt erkennbar. Das liegt auch an den Antiteuerungspaketen zur Bekämpfung von hoher Inflation und Energiekostensteigerungen. Aber nicht nur. Denn größter Hemmschuh ist die Ausgabendynamik, rechnet Studienautor Günther Oswald von Neos Lab vor. 2023 steigen die Ausgaben für Pensionen (ASVG und Beamte) stärker als jene für Pflichtschulen oder Universitäten. Hinzu kommen steigende Zinskosten für die Staatsschulden. Das relativiert die Fortschritte. Reformen wie die Anhebung des Pensionsantrittsalters wären dringend geboten.

Inflation dämpft

Die Inflation trägt ihrerseits zur Dämpfung der Zukunftsquote bei: Zwar werden zusätzlich hundert Millionen Euro für den Ausbau von Kindergärten oder 860 Millionen für die grüne Transformation der Wirtschaft bereitgestellt. Da aber die Ausgaben für Pensionen 2023 stärker steigen als jene für Pflichtschulen oder Universitäten, steigt auch die Zukunftsquote kaum. Hinzu kommen höhere Zinskosten, die der aktuellen Finanzierung inklusive Krisenbewältigung dienen. Die Steigerung des Budgets für Pflichtschulen um 7,8 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro relativiert sich darüber hinaus, weil die Inflation im Gesamtjahr auf 8,3 Prozent steigen dürfte. Es wird also nicht einmal die Teuerung abgegolten, was real eine Kürzung bedeutet. Ähnlich verhält es sich mit dem Universitätsbudget, das um 140,7 Millionen oder 6,7 Prozent auf 2,23 Milliarden Euro steigt.

Wiewohl die Zukunftsquote insgesamt leicht steigt, sicher ist das nicht. Denn in den neun Milliarden Euro Reserven für die Verschärfung von Inflations- und Energiekrise schlummert Bedrohungspotenzial: dann nämlich, wenn weitere Antiteuerungspakete geschnürt, Strompreisbremsen verlängert oder Gas für den nächsten Winter eingekauft werden muss.(Luise Ungerboeck, 2.11.2022)