Für ihren Film "Sonne" erhielt Kurdwin Ayub am Montag den Wiener Filmpreis.

Foto: CORN

Wien – Zum 60. Mal ging die Viennale am Dienstagabend zu Ende – die eigentliche Abschlussgala der Jubiläumsausgabe fand allerdings schon tags davor statt: Mia Hansen-Løves Un beau matin, der von Schauspieler Pascal Greggory im Gartenbaukino begleitet wurde, markierte "une bonne fin", ein gutes – und sehr französisches – Festivalende. Mit leichter Hand verbindet Hansen-Løve Themen wie Altern und Krankheit mit dem ewigen Reiz romantischer Eskapaden.

Bevor Léa Seydoux zwischen einem demenzkranken Vater und einem neuen Geliebten, zugleich ein alter Freund, nach Bestätigung suchte, wurden nach bewährter Tradition Preise vergeben. Der Wiener Filmpreis ging an Kurdwin Ayubs schon Berlinale-prämiertes Spielfilmdebüt Sonne, ein Spezialpreis an Leni Lauritschs Sci-Fi-Drama Rubikon.

Neben den Kurzfilmen Singing in Oblivion von Eve Heller und Jan Soldats Blind Date (Mehrwert-Filmpreis) wurde auch das raffinierte Schweizer Historienstück Unrueh von Cyril Schäublin (Fipresci-Preis) ausgezeichnet. Die STANDARD-Leserjury empfahl Pamfir vom Ukrainer Dmytro Sukholytkyy-Sobchuk für einen regulären Kinostart – wie "ein Paukenschlag" sei ihr das Schmuggel- und Korruptionsdrama "in die Knochen gefahren".

Zuwachs und Zuspruch

Die Viennale in Zahlen: Mit einer Auslastung von 71 Prozent bewegte man sich zwar leicht unter der der letzten beiden Jahren, allerdings kann man mit 73.700 Besucherinnen und Besuchern auch auf einen deutlichen Zuwachs (2021: 58.200) verweisen. Das gelingt in Wien auch ohne Extraportion Glamour, sieht man einmal vom Autor und Filmemacher Werner Herzog ab, der mit mehreren Veranstaltungen gewürdigt wurde. Das Prinzip Delikatesse gewinnt: Regisseure wie Mathieu Amalric, der drei persönliche Annäherungen an den Jazz-Komponisten John Zorn vorstellte, streichen gern hervor, wie begeistert sie von einem Festival sind, in dem noch die Filme selbst im Mittelpunkt stehen.

Auch in der Abbildung vernachlässigter Weltkinoregionen hat die Viennale aufgeholt. Das Tribute an den mauretanischen Regisseur Med Hondo war ein Höhepunkt dieser Ausgabe und durch dessen dezidiert postkolonialen Blick auf der Höhe der Zeit. Will man kritisch sein, fehlt der Viennale bei manchen kuratorischen Extras der Wille, über den Mindestaufwand hinauszugehen. Die Würdigung von Elaine May hätte durchaus noch zusätzliche Programmpunkte zu ihren Regiearbeiten vertragen. Da wären wohl Bündelungen geschickter, anstatt das Programm zu stark in Minipersonalen zu filetieren.

Vollends zufrieden

Sie sei mit der Festivalausgabe vollends zufrieden, unterstrich Direktorin Eva Sangiorgi zum Abschluss der fünften Edition unter ihrer Leitung. Man habe die hohen Erwartungen übertroffen: "Wir alle haben es gespürt, in der Energie der vollen Kinosäle, in den eindringlichen Gesprächen, in den Äußerungen all jener Menschen, mit denen wir durch die Filme so viele Erfahrungen geteilt haben." (Dominik Kamalzadeh/APA, 1.11. 2022)