Dänemarks Ministerpräsidentin Frederiksen strebt eine Koalition über die traditionelle Links-Rechts-Spaltung hinweg an.

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Kopenhagen – In Dänemark hat am Dienstag die Parlamentswahl begonnen. Jüngste Umfragen deuten auf ein enges Rennen und einen knappen Vorsprung für das Lager der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen vor dem rechts-konservativen Block. Die Wahllokale schließen um 20.00 Uhr. Danach werden erste Hochrechnungen erwartet. Frederiksen setzt auf ein Vertrauensvotum für ihren Umgang mit der Corona-Pandemie. Doch der Wahlkampf stand zuletzt im Zeichen der hohen Inflation und gestiegenen Energiepreise sowie der Folgen des Ukraine-Kriegs. Mit den mutmaßlichen Sabotage-Anschlägen auf die Nord-Stream-Pipelines in der Ostsee auch in dänischen Gewässern nahm die Verunsicherung unter den Bürgern weiter zu.

Wie bei der letzten Wahl 2019 dürften die Sozialdemokraten die stärkste Kraft werden. Weniger klar ist dagegen, wie die Mehrheitsverhältnisse nach der Wahl aussehen werden. Bisher teilte sich die dänische Politik im Wesentlichen in ein linksgerichtetes rotes Lager und einen blauen Mitte-Rechts-Block auf. Frederiksen ließ sich und ihre rein sozialdemokratische Minderheitsregierung bisher hauptsächlich von links unterstützen. Diesmal strebt sie aber eine breite Regierung über die traditionellen Blockgrenzen hinweg an. Das Mitte-Rechts-Bündnis um die liberal-konservative Partei Venstre ist dagegen.

Keulung von Nerzen rechtswidrig

Die Wahl hat sich somit auch zu einem Kampf um die Wählerinnen und Wähler der Mitte entwickelt. Dabei könnte der frühere Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen mit seiner neuen Partei, den Moderaten, zum Königsmacher werden. Denn laut den Umfragen dürfte weder das Lager um die Sozialdemokraten noch die rechte Opposition eine ausreichende Mehrheit erlangen. Zumal auch noch viele Wahlberechtigte bis zum Schluss unentschlossen waren, wo sie ihr Kreuz machen werden.

Als erste der 14 Parteispitzen gab Regierungschefin Frederiksen am Dienstag ihre Stimme ab. Sie hoffe auf eine breite Zusammenarbeit über die politische Mitte hinweg, bekräftigte die 44-Jährige in der Früh vor einem Wahllokal nordwestlich von Kopenhagen. Auch die frühere Ausländerministerin Inger Støjberg und Ex-Ministerpräsident Løkke setzten früh ihr Kreuz. Nach ihren Austritten bei der Venstre-Partei gehen beide mit neuen Parteien an den Start. "Ich glaube, es wird eng", sagte Løkke zu den erwarteten knappen Mehrheitsverhältnissen.

Frederiksen hatte die Wahl vorgezogen, um einem Misstrauensvotum gegen ihrer Minderheitsregierung durch eine verbündete Partei zu entgehen. Hintergrund war, dass Frederiksen Ende 2020 alle Zucht-Nerze in Dänemark aus Furcht vor einer Coronavirus-Mutation keulen ließ. Die Anordnung erwies sich als rechtswidrig, was zum Rücktritt eines Ministers und zu einer parlamentarischen Untersuchung führte. (Reuters, APA, red, 1.11.2022)