An den Linzer Krawallen beteiligten sich der oberösterreichischen Polizei zufolge viele syrische Jugendliche.

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Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) will nun mit harter Hand durchgreifen. Dieses Bild versuchte er mit einer Reihe von Ankündigungen nach den Linzer Krawallnächten am 31. Oktober und 1. November zu vermitteln: Er gab den Polizeiverantwortlichen in Land und Stadt den Auftrag, einen Sicherheitsgipfel mit dem Linzer Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) einzuberufen. Darüber hinaus will Karner Asylaberkennungsverfahren bei jenen ausländischen Jugendlichen einleiten, die sich an den Krawallen beteiligten und ihren Schutzstatus in Karners Augen verspielt haben.

Das wirft jedoch Fragen auf: Sind Asylaberkennungen wirklich so leicht möglich oder nutzt Karner die Unruhen nicht eher als Steilvorlage, um von der Zelt-Misere für Flüchtlinge abzulenken, bei der er sich offenbar nicht gegen die Bundesländer durchzusetzen vermochte?

Jugendliche mit "Migrationshintergrund"

Ausgangspunkt für Karners Maßnahme waren zunächst die Polizeiangaben, wonach der überwiegende Teil der 130 kontrollierten Jugendlichen am Dienstag "Migrationshintergrund" habe. Die größte Gruppe seien syrische Staatsbürger, hieß es von der Polizei Oberösterreich am Mittwoch. Weitere Ermittlungen seien aber noch ausstehend.

Aufnahmen aus der Halloween-Nacht in Linz: In der Linzer Innenstadt haben in der Halloween-Nacht auf Dienstag rund 200 überwiegend Jugendliche massiv randaliert. Sechs Personen wurden festgenommen, zwei Polizisten verletzt, so die Bilanz der Ausschreitung
APA/DER STANDARD

Warum dann schon jetzt Verfahren zur Asylaberkennung eingeleitet werden? "Wenn Fremde in Österreich straffällig werden, so (...) wird eine sofortige und strenge Prüfung hinsichtlich der gesetzlich vorgesehenen asyl- und fremdenrechtlichen Konsequenzen durchgeführt", heißt es dazu aus dem Büro des Innenministers.

Rechtskräftiges Urteil erforderlich

Fremdenrechtsanwalt Wilfried Embacher sieht darin eine "Pseudomaßnahme". Einerseits nehme die Prüfung zum jetzigen Zeitpunkt massiv Kapazitäten in Anspruch, "außerdem muss ohnehin der Ausgang des Strafverfahrens abgewartet werden", sagt Embacher im Gespräch mit dem STANDARD. Denn fest steht: Eine Aberkennung des Asylstatus ist erst nach einem rechtskräftigen Urteil möglich. Bei Asylwerbern hingegen, die noch im laufenden Verfahren sind, könne die Aufenthaltsberechtigung leichter entzogen werden – abschiebbar sind sie trotzdem nicht.

Und das wirft ein Schlaglicht auf einen bedeutenden Umstand, den Karner ausgespart hatte. Gerade bei syrischen oder afghanischen Staatsbürgern würde eine Asylaberkennung nicht automatisch zu einer Abschiebung führen. Der Umstand, dass ihnen in Syrien oder Afghanistan Tod, Folter oder Verfolgung drohen, wiegt in diesem Fall schwerer als das Interesse Österreichs, diese Menschen wegen eines Strafdelikts loszuwerden.

Und so würden diese bei einer Verurteilung zwar womöglich den Schutzstatus verlieren, nicht aber das Recht, in Österreich bleiben zu können. Dem Betroffenen käme der Status eines "Geduldeten" zu.

Geduldete in der Schwebe

Doch dieser geht mit einer Reihe von Konsequenzen einher, wie Lukas Gahleitner-Gertz von der Asylkoordination festhält. "Für Geduldete wird der Zugang zu elementaren sozialen Rechten wie etwa der Zugang zum Arbeitsmarkt faktisch unmöglich", sagt dieser. Was ihnen bleibe, sei der Anspruch auf Grundversorgung. Eine anhaltende Stigmatisierung sei dadurch die Folge, weswegen viele von ihnen in andere Länder weiterziehen. Einige blieben aber auch in Städten wie Wien, sagt Gahleitner-Gertz. Als "Aufenthaltsrecht" will das BMI die Duldung nicht sehen. Es bedeute nur, dass "die Abschiebung eines Fremden im Moment nicht möglich oder zulässig ist. Sobald sich dieser Sachverhalt ändert, kann das BFA den Fremden jederzeit außer Landes bringen."

Dass anstatt auf Resozialisierung nur auf Strafen wie den Schutzentzug gesetzt wird, ist für Gahleitner-Gertz nicht nachvollziehbar. Mehr noch: "Was will man bezwecken, wenn Leuten Rechte genommen werden und die Resozialisierung weiter verunmöglicht wird?" Dies schaffe eher Nährboden dafür, dass Ähnliches wie in Linz wieder passiere. (Elisa Tomaselli, 2.11.2022)