Unterstützer von Jair Bolsonaro blockieren weiterhin Straßen, hier etwa am Stadtrand von São Paolo am Dienstag.

Foto: AFP / Caio Guatelli

Zwei Tage hatte sich Jair Bolsonaro in Schweigen gehüllt. Der abgewählte rechtsextreme Präsident äußerte sich erst am Dienstag zur Wahl in Brasilien – und sparte dabei das Wort "Niederlage" aus. Entsprechend gratulierte er seinem Konkurrenten Luiz Inácio Lula da Silva, der die Wahl am Sonntag mit 50,9 Prozent der Stimmen für sich entschieden hatte, auch nicht zum Wahlsieg. Bolsonaro erklärte in seiner rund zweiminütigen Rede nur, er werde sich weiterhin an die Verfassung halten und deren Regeln "als Präsident und Bürger" befolgen.

Bolsonaro bedankte sich bei seinen Fans und Wählern und betonte, dass "unsere Träume so lebendig wie nie zuvor weitergehen" würden. Die Proteste seiner Anhänger, die derzeit Straßen im ganzen Land blockieren, weil sie von Wahlbetrug ausgehen, verurteilte er nicht. Er forderte die Menschen lediglich auf, keine "Methoden der Linken" anzuwenden, "die immer der Bevölkerung schaden".

Keine Beweise für Wahlbetrug

Die Proteste selbst seien "das Ergebnis von Empörung und einem Gefühl der Ungerechtigkeit über die Art und Weise, wie der Wahlprozess durchgeführt wurde", fügte Bolsonaro hinzu. "Friedliche Demonstrationen werden immer willkommen sein."

Beweise für Wahlbetrug gibt es keine. Das räumte auch Vizepräsident Hamilton Mourão ein: "Es hat keinen Sinn mehr, zu jammern, wir haben das Spiel verloren", sagte Mourão in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Zeitung O Globo. Er sei nicht der Ansicht, dass es bei der Wahl zu Betrug gekommen sei. Auch die Beobachtermission der Interamerikanischen Union der Wahlbehörden nannte die Wahlen frei, fair und transparent.

Bolsonaro hatte bereits vor der Wahl immer wieder Zweifel am Wahlsystem geäußert und angedeutet, das Ergebnis möglicherweise nicht anzuerkennen. Sein langes Schweigen auch nach der Verkündung des offiziellen Ergebnisses schürte Spekulationen, wonach er das Ergebnis tatsächlich anfechten könnte. Mit seiner Rede vom Dienstag scheint Bolsonaro es nun beiden Seiten recht machen zu wollen: seinen Kritikern, die er mit der Rede von Verfassungstreue erst einmal besänftigte; und seinen Anhängern, deren Proteste er mit dem fehlenden Eingeständnis einer Niederlage nicht verurteilte.

Amtsübergabe "autorisiert"

Die Überbringung der Nachrichten, die er offenbar selbst nicht kommunizieren wollte, überließ er anderen: Vor Bolsonaros Auftritt am Dienstag hatte sein Kommunikationsminister Fábio Faria verkündet, Bolsonaro werde die Wahl nicht anfechten. Sein Stabschef Ciro Nogueira sagte im Anschluss an Bolsonaros Rede, der Präsident habe die Amtsübergabe an Wahlsieger Lula "autorisiert".

Der Präsident des Obersten Wahlgerichts, Alexandre de Moraes, hatte sowohl den neugewählten Präsidenten Lula als auch Bolsonaro bereits in der Wahlnacht telefonisch über den Ausgang informiert. Das Ergebnis wurde demnach "verkündet und akzeptiert".

Moraes hatte die Blockaden als "Risiko für die nationale Sicherheit" bezeichnet und die Polizei angewiesen, diese zu beenden sowie Geldstrafen gegen die Verantwortlichen zu verhängen. Nach eigenen Angaben löste die Polizei bereits 563 Blockaden auf, teilweise ging sie dabei mit Tränengas gegen Demonstrierende vor.

Warnung vor Engpässen

Die Autobahnpolizei registrierte aber auch am Mittwoch noch 167 Straßensperren in verschiedenen Regionen Brasiliens– die nicht nur zu Verkehrsbehinderungen führten, sondern auch die Lebensmittelversorgung beeinflussten.

Der Großteil der Güter wird in Brasilien per Lkw transportiert, die Fernstraßen sind für die Versorgung deshalb essenziell. Der nationale Industrieverband warnte bereits vor Versorgungsengpässen und Treibstoffmangel, sollten die Blockaden noch länger andauern. Nach Angaben des Verbands der Supermärkte gibt es in einigen Bundesstaaten schon jetzt Lieferprobleme vor allem bei Obst, Gemüse und Fleisch. (Noura Maan, 2.11.2022)